Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. I. DISTINC. 1. SECTIO VII. ben. weiset auch/ was bey andern unsern lehrern allemahl geglaubet worden.Herr D. Dannhauer S. G. schreibet in Catechismus Milch. p. 6. p. 293. aus 2. theurer Theologorum mund: Gedencke an die worte Lutheri ad Gen. 50. Quanquam Deus promisit veniam, tamen non promisit, quod cer- to sis rediturus. Saul & Judas non redierunt: Pharisaeus non debet sal- vus fieri praesumendo, nec latro perire desperando. Ob zwar GOTT vergebung der sünden versprochen hat/ so hat er dir nicht ohnfehlbahr zugesagt/ daß du wirst wieder kommen mit wahrer busse. Saul und Judas sind nicht wiederkommen/ der werckheilige Phariseer soll nicht selig werden/ durch selbst ertichte einbildung/ und der Schächer auch nicht verderben durch verzweiffelung. Und wie D. Gerhardus (Medit.) saget: Promisit Deus veniam poenitenti, sed voluntatem poenitendi non promisit delinquenti. GOtt hat zwar er- lassung verheissen/ den bußfertigen sündern/ aber die busse nicht einen jeglichen verheissen/ so offt er sündiget/ daher eben jetzt angezogener sel. Herr Gerh. Harm. Evang. cap. 201. pag. 1999. Das exempel des Schächers nennet Singulare exem- plum divinae benignitatis ac misericordiae: Ein sonderlich (und also nicht al- len gemeines) exempel göttlicher gütigkeit und barmhertzigkeit. Vergleicht auch nachmahl die sünde/ so das leben durch begangen wird/ mit einer vergifften speise davon 1000. gestorben weren/ und etwan einer wunderthätiger weise (miraculo- se) erhalten worden; Am allernachtrücklichsten aber/ redet hievon der gelehrte und accurate Theologus D. Hüllsemann: brev. Theol. extens. cap. 14. num. 7. & 8. (mit dem Herrn D. Dannhauer Hodos. Ph. 9. pag. 640. einstimmet und diese worte zum theil wiederholet) causa decreti de Electis ad tempus ab unione cum Deo & influxu ejus gratioso prolapsis infallibiliter redu- cendis non tam nititur praevisa non rejectione gratiae divinae ad resipi- scentiam eos revocantis, quam proposito Dei seu voluntate reducendi hunc non illum. Quod in Apostatis valet: non aeque in nondum illu- minatis. Omnibus enim nondum illuminatis promisit Deus oblatio- nem luminis; Non omnibus autem apostatis promisit reiterationem luminis petulanter extincti (aus den sprüchen Rom. 11. 18. 23. Hebr. 3. 7. 4. 1. 3/ 6/ 6/ 4/ 5/ 10/ 26. Joh. 12/ 35/ Matth. 25/ 9. 10. Jerem. 3/ 1. 2. Petr. 2/ 20/) un- de consequitur: non esse eundem respectum Dei ad hominem, quo con- tinuatur gratiosus influxus, & repudiatus redintegratur, quia est diversi- tas in subjectis. Daraus erhellet/ daß ein solcher freveler verächter göttlicher gnade/ der auf vermeinte buß des letzten stündleins sicher dahin sündiget/ ihm solche nicht ohnfehlbar versprechen könne. Also können wir keinen darauf vor- her vertrösten/ daß es ihm auch inskünfftige so gut werde werden/ ob wohl da es bey seinem letzten gleichwohl geschicht/ wir vor solche gnade mit ihm der unergründ- lichen barmhertzigkeit Gottes zu dancken haben. Und das ist/ was Hr. Stenger sagt. p. 14. E
ARTIC. I. DISTINC. 1. SECTIO VII. ben. weiſet auch/ was bey andern unſern lehrern allemahl geglaubet worden.Herr D. Dannhauer S. G. ſchreibet in Catechismus Milch. p. 6. p. 293. aus 2. theurer Theologorum mund: Gedencke an die worte Lutheri ad Gen. 50. Quanquam Deus promiſit veniam, tamen non promiſit, quod cer- to ſis rediturus. Saul & Judas non redierunt: Phariſæus non debet ſal- vus fieri præſumendo, nec latro perire deſperando. Ob zwar GOTT vergebung der ſuͤnden verſprochen hat/ ſo hat er dir nicht ohnfehlbahr zugeſagt/ daß du wirſt wieder kommen mit wahrer buſſe. Saul und Judas ſind nicht wiederkommen/ der werckheilige Phariſeer ſoll nicht ſelig werden/ durch ſelbſt ertichte einbildung/ und der Schaͤcher auch nicht verderben durch verzweiffelung. Und wie D. Gerhardus (Medit.) ſaget: Promiſit Deus veniam pœnitenti, ſed voluntatem pœnitendi non promiſit delinquenti. GOtt hat zwar er- laſſung verheiſſen/ den bußfertigen ſuͤndern/ aber die buſſe nicht einen jeglichen verheiſſen/ ſo offt er ſuͤndiget/ daher eben jetzt angezogener ſel. Herr Gerh. Harm. Evang. cap. 201. pag. 1999. Das exempel des Schaͤchers nennet Singulare exem- plum divinæ benignitatis ac miſericordiæ: Ein ſonderlich (und alſo nicht al- len gemeines) exempel goͤttlicher guͤtigkeit und barmhertzigkeit. Vergleicht auch nachmahl die ſuͤnde/ ſo das leben durch begangen wird/ mit einer vergifften ſpeiſe davon 1000. geſtorben weren/ und etwan einer wunderthaͤtiger weiſe (miraculo- ſe) erhalten worden; Am allernachtruͤcklichſten aber/ redet hievon der gelehrte und accurate Theologus D. Huͤllſemann: brev. Theol. extenſ. cap. 14. num. 7. & 8. (mit dem Herrn D. Dannhauer Hodoſ. Ph. 9. pag. 640. einſtimmet und dieſe worte zum theil wiederholet) cauſa decreti de Electis ad tempus ab unione cum Deo & influxu ejus gratioſo prolapſis infallibiliter redu- cendis non tam nititur præviſa non rejectione gratiæ divinæ ad reſipi- ſcentiam eos revocantis, quam propoſito Dei ſeu voluntate reducendi hunc non illum. Quod in Apoſtatis valet: non æque in nondum illu- minatis. Omnibus enim nondum illuminatis promiſit Deus oblatio- nem luminis; Non omnibus autem apoſtatis promiſit reiterationem luminis petulanter extincti (aus den ſpruͤchen Rom. 11. 18. 23. Hebr. 3. 7. 4. 1. 3/ 6/ 6/ 4/ 5/ 10/ 26. Joh. 12/ 35/ Matth. 25/ 9. 10. Jerem. 3/ 1. 2. Petr. 2/ 20/) un- de conſequitur: non eſſe eundem reſpectum Dei ad hominem, quo con- tinuatur gratioſus influxus, & repudiatus redintegratur, quia eſt diverſi- tas in ſubjectis. Daraus erhellet/ daß ein ſolcher freveler veraͤchter goͤttlicher gnade/ der auf vermeinte buß des letzten ſtuͤndleins ſicher dahin ſuͤndiget/ ihm ſolche nicht ohnfehlbar verſprechen koͤnne. Alſo koͤnnen wir keinen darauf vor- her vertroͤſten/ daß es ihm auch inskuͤnfftige ſo gut werde werden/ ob wohl da es bey ſeinem letzten gleichwohl geſchicht/ wir vor ſolche gnade mit ihm der unergruͤnd- lichen barmhertzigkeit Gottes zu dancken haben. Und das iſt/ was Hr. Stenger ſagt. p. 14. E
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ARTIC. I. DISTINC. 1. SECTIO VII.
ben. weiſet auch/ was bey andern unſern lehrern allemahl geglaubet worden.
Herr D. Dannhauer S. G. ſchreibet in Catechismus Milch. p. 6. p. 293.
aus 2. theurer Theologorum mund: Gedencke an die worte Lutheri ad Gen.
50. Quanquam Deus promiſit veniam, tamen non promiſit, quod cer-
to ſis rediturus. Saul & Judas non redierunt: Phariſæus non debet ſal-
vus fieri præſumendo, nec latro perire deſperando. Ob zwar GOTT
vergebung der ſuͤnden verſprochen hat/ ſo hat er dir nicht ohnfehlbahr zugeſagt/
daß du wirſt wieder kommen mit wahrer buſſe. Saul und Judas ſind nicht
wiederkommen/ der werckheilige Phariſeer ſoll nicht ſelig werden/ durch ſelbſt
ertichte einbildung/ und der Schaͤcher auch nicht verderben durch verzweiffelung.
Und wie D. Gerhardus (Medit.) ſaget: Promiſit Deus veniam pœnitenti,
ſed voluntatem pœnitendi non promiſit delinquenti. GOtt hat zwar er-
laſſung verheiſſen/ den bußfertigen ſuͤndern/ aber die buſſe nicht einen jeglichen
verheiſſen/ ſo offt er ſuͤndiget/ daher eben jetzt angezogener ſel. Herr Gerh. Harm.
Evang. cap. 201. pag. 1999. Das exempel des Schaͤchers nennet Singulare exem-
plum divinæ benignitatis ac miſericordiæ: Ein ſonderlich (und alſo nicht al-
len gemeines) exempel goͤttlicher guͤtigkeit und barmhertzigkeit. Vergleicht auch
nachmahl die ſuͤnde/ ſo das leben durch begangen wird/ mit einer vergifften ſpeiſe
davon 1000. geſtorben weren/ und etwan einer wunderthaͤtiger weiſe (miraculo-
ſe) erhalten worden; Am allernachtruͤcklichſten aber/ redet hievon der gelehrte
und accurate Theologus D. Huͤllſemann: brev. Theol. extenſ. cap. 14. num.
7. & 8. (mit dem Herrn D. Dannhauer Hodoſ. Ph. 9. pag. 640. einſtimmet
und dieſe worte zum theil wiederholet) cauſa decreti de Electis ad tempus ab
unione cum Deo & influxu ejus gratioſo prolapſis infallibiliter redu-
cendis non tam nititur præviſa non rejectione gratiæ divinæ ad reſipi-
ſcentiam eos revocantis, quam propoſito Dei ſeu voluntate reducendi
hunc non illum. Quod in Apoſtatis valet: non æque in nondum illu-
minatis. Omnibus enim nondum illuminatis promiſit Deus oblatio-
nem luminis; Non omnibus autem apoſtatis promiſit reiterationem
luminis petulanter extincti (aus den ſpruͤchen Rom. 11. 18. 23. Hebr. 3. 7. 4.
1. 3/ 6/ 6/ 4/ 5/ 10/ 26. Joh. 12/ 35/ Matth. 25/ 9. 10. Jerem. 3/ 1. 2. Petr. 2/ 20/) un-
de conſequitur: non eſſe eundem reſpectum Dei ad hominem, quo con-
tinuatur gratioſus influxus, & repudiatus redintegratur, quia eſt diverſi-
tas in ſubjectis. Daraus erhellet/ daß ein ſolcher freveler veraͤchter goͤttlicher
gnade/ der auf vermeinte buß des letzten ſtuͤndleins ſicher dahin ſuͤndiget/ ihm
ſolche nicht ohnfehlbar verſprechen koͤnne. Alſo koͤnnen wir keinen darauf vor-
her vertroͤſten/ daß es ihm auch inskuͤnfftige ſo gut werde werden/ ob wohl da es
bey ſeinem letzten gleichwohl geſchicht/ wir vor ſolche gnade mit ihm der unergruͤnd-
lichen barmhertzigkeit Gottes zu dancken haben. Und das iſt/ was Hr. Stenger ſagt.
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/51>, abgerufen am 22.07.2024. |