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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
hingegen die ungelehrte nehmens uns vor der nasen weg. Nun der HErr seye
auch hoch gelobet/ wann er noch heut zu tage nach seinem alten rath Matth. 11.
Der unmündigen und einfältigen offenbahret/ was den klugen und
weisen dieser welt verborgen bleibet.
Es ist ja all sein wohlgefallen heilig
und gut. Er giesse noch weiter seinen Geist ohn ansehen der person aus über
alles fleisch/ und mache durch sein wort die albere weise: ach er gebe aber/ daß auch
diejenige/ die den studiis gewidmet seynd/ nicht weniger aus ihm als menschen
gelehrt zu werden sich befleißigen. Es ist ja gewiß/ wie mein geliebter bruder
urtheilet/ daß das unverantwortliche academische greuel-wesen/ und auch übri-
ges der welt laster leben/ uhrsprünglich aus dem mangel des glaubens herkomme/
dessen früchte ja seyn müssen alle früchte des Geistes/ daher ohn ihnen sich nicht fin-
den lassen. Wird nun der hauptgrund des heylß den lernenden nicht von ihren leh-
rern gezeigt/ so ists gewiß dieser leute schuld/ daß so viele nachmahl ohne innerl.
trieb zu dem guten bleiben/ und hingegen den lüsten des fleisches und versuchungen
der welt oder des Satans nicht zu widerstehen vermögen. Es muß freylich zu
erst der baum gepflantzt/ und nachmahl erst die frucht von ihm erwartet werden.
Meinem S. Praeceptori D. Dannh. kan ich zu schuldigem ruhm dieses zeugnüß
geben/ daß er uns diese, wie andere nicht weniger von unberichteten vor enthusia-
st
isch aus grober unwissenheit achtende lehren/ vorgetragen hat. Wie ich oben
seinen ort aus der Hodosophia angezogen habe. Was des gottseligen Andr.
Crameri
schrifften anlanget/ so ist eben das angezogene tractätlein von dem
tauff-stand dasjenige/ so ich hie samt einer praefation wieder auflegen lassen/
aber noch etliche andere von seinen schrifften von Gottes gnaden-ordnung/
anleitung zur Catechismus-lehr/ dero kurtzen auszug und zehen
kern-sprüche
solchem tauff-stand angehenget habe/ weil sie alle von solchen
materien handlen. Jch werde auch/ geliebts GOtt/ auf die meß ein exemplar
dessen schicken. D. Havemanni (von dem sonst unterschiedliches habe) angezo-
genes büchlein haben wir auch nicht. Jch mißrathe die übersetzung ins Teutsche
nicht/ und will solche gern wie ich können werde mit helffen befördern. Und liesse
sich nicht etwa thun/ daß man die apologie und erklährung des Praetorii solchem
scripto nachmahl anhienge? Unsers seligen freundes Kriegsmans Theo-
praxiam
habe auch gelesen/ aber leugne nicht/ daß in etlichen stücken/ sie etwas
geändert verlangt habe/ wie ich einmahl deswegen ein bedencken habe aufsetzen
müssen. Der haupt-zweck und die haupt-sache aber ist herrlich und von gött-
licher wahrheit. D. Volusii widriges scriptum und dessen beantwortung ist mir
gar nicht kund worden. Jm übrigen so ist er eben derjenige/ so durch druckfehler
Wilhelm Christian vor Christoph ist genennet worden in dem tractatu
posthumo
von der Athanasia so ich hier zum druck befordert habe. Hingegen
der autor des büchleins: halt was du hast/ ist sein leiblicher bruder gewesen.

Ein

Das ſechſte Capitel.
hingegen die ungelehrte nehmens uns vor der naſen weg. Nun der HErr ſeye
auch hoch gelobet/ wann er noch heut zu tage nach ſeinem alten rath Matth. 11.
Der unmuͤndigen und einfaͤltigen offenbahret/ was den klugen und
weiſen dieſer welt verborgen bleibet.
Es iſt ja all ſein wohlgefallen heilig
und gut. Er gieſſe noch weiter ſeinen Geiſt ohn anſehen der perſon aus uͤber
alles fleiſch/ und mache durch ſein wort die albere weiſe: ach er gebe aber/ daß auch
diejenige/ die den ſtudiis gewidmet ſeynd/ nicht weniger aus ihm als menſchen
gelehrt zu werden ſich befleißigen. Es iſt ja gewiß/ wie mein geliebter bruder
urtheilet/ daß das unverantwortliche academiſche greuel-weſen/ und auch uͤbri-
ges der welt laſter leben/ uhrſpruͤnglich aus dem mangel des glaubens herkomme/
deſſen fruͤchte ja ſeyn muͤſſen alle fruͤchte des Geiſtes/ daher ohn ihnen ſich nicht fin-
den laſſen. Wird nun der hauptgrund des heylß den lernenden nicht von ihren leh-
rern gezeigt/ ſo iſts gewiß dieſer leute ſchuld/ daß ſo viele nachmahl ohne innerl.
trieb zu dem guten bleiben/ und hingegen den luͤſten des fleiſches und verſuchungen
der welt oder des Satans nicht zu widerſtehen vermoͤgen. Es muß freylich zu
erſt der baum gepflantzt/ und nachmahl erſt die frucht von ihm erwartet werden.
Meinem S. Præceptori D. Dannh. kan ich zu ſchuldigem ruhm dieſes zeugnuͤß
geben/ daß er uns dieſe, wie andere nicht weniger von unberichteten vor enthuſia-
ſt
iſch aus grober unwiſſenheit achtende lehren/ vorgetragen hat. Wie ich oben
ſeinen ort aus der Hodoſophia angezogen habe. Was des gottſeligen Andr.
Crameri
ſchrifften anlanget/ ſo iſt eben das angezogene tractaͤtlein von dem
tauff-ſtand dasjenige/ ſo ich hie ſamt einer præfation wieder auflegen laſſen/
aber noch etliche andere von ſeinen ſchrifften von Gottes gnaden-ordnung/
anleitung zur Catechiſmus-lehr/ dero kurtzen auszug und zehen
kern-ſpruͤche
ſolchem tauff-ſtand angehenget habe/ weil ſie alle von ſolchen
materien handlen. Jch werde auch/ geliebts GOtt/ auf die meß ein exemplar
deſſen ſchicken. D. Havemanni (von dem ſonſt unterſchiedliches habe) angezo-
genes buͤchlein haben wir auch nicht. Jch mißrathe die uͤberſetzung ins Teutſche
nicht/ und will ſolche gern wie ich koͤnnen werde mit helffen befoͤrdern. Und lieſſe
ſich nicht etwa thun/ daß man die apologie und erklaͤhrung des Prætorii ſolchem
ſcripto nachmahl anhienge? Unſers ſeligen freundes Kriegsmans Theo-
praxiam
habe auch geleſen/ aber leugne nicht/ daß in etlichen ſtuͤcken/ ſie etwas
geaͤndert verlangt habe/ wie ich einmahl deswegen ein bedencken habe aufſetzen
muͤſſen. Der haupt-zweck und die haupt-ſache aber iſt herrlich und von goͤtt-
licher wahrheit. D. Voluſii widriges ſcriptum und deſſen beantwortung iſt mir
gar nicht kund worden. Jm uͤbrigen ſo iſt er eben derjenige/ ſo durch druckfehler
Wilhelm Chriſtian vor Chriſtoph iſt genennet worden in dem tractatu
poſthumo
von der Athanaſia ſo ich hier zum druck befordert habe. Hingegen
der autor des buͤchleins: halt was du haſt/ iſt ſein leiblicher bruder geweſen.

Ein
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[426/0444] Das ſechſte Capitel. hingegen die ungelehrte nehmens uns vor der naſen weg. Nun der HErr ſeye auch hoch gelobet/ wann er noch heut zu tage nach ſeinem alten rath Matth. 11. Der unmuͤndigen und einfaͤltigen offenbahret/ was den klugen und weiſen dieſer welt verborgen bleibet. Es iſt ja all ſein wohlgefallen heilig und gut. Er gieſſe noch weiter ſeinen Geiſt ohn anſehen der perſon aus uͤber alles fleiſch/ und mache durch ſein wort die albere weiſe: ach er gebe aber/ daß auch diejenige/ die den ſtudiis gewidmet ſeynd/ nicht weniger aus ihm als menſchen gelehrt zu werden ſich befleißigen. Es iſt ja gewiß/ wie mein geliebter bruder urtheilet/ daß das unverantwortliche academiſche greuel-weſen/ und auch uͤbri- ges der welt laſter leben/ uhrſpruͤnglich aus dem mangel des glaubens herkomme/ deſſen fruͤchte ja ſeyn muͤſſen alle fruͤchte des Geiſtes/ daher ohn ihnen ſich nicht fin- den laſſen. Wird nun der hauptgrund des heylß den lernenden nicht von ihren leh- rern gezeigt/ ſo iſts gewiß dieſer leute ſchuld/ daß ſo viele nachmahl ohne innerl. trieb zu dem guten bleiben/ und hingegen den luͤſten des fleiſches und verſuchungen der welt oder des Satans nicht zu widerſtehen vermoͤgen. Es muß freylich zu erſt der baum gepflantzt/ und nachmahl erſt die frucht von ihm erwartet werden. Meinem S. Præceptori D. Dannh. kan ich zu ſchuldigem ruhm dieſes zeugnuͤß geben/ daß er uns dieſe, wie andere nicht weniger von unberichteten vor enthuſia- ſtiſch aus grober unwiſſenheit achtende lehren/ vorgetragen hat. Wie ich oben ſeinen ort aus der Hodoſophia angezogen habe. Was des gottſeligen Andr. Crameri ſchrifften anlanget/ ſo iſt eben das angezogene tractaͤtlein von dem tauff-ſtand dasjenige/ ſo ich hie ſamt einer præfation wieder auflegen laſſen/ aber noch etliche andere von ſeinen ſchrifften von Gottes gnaden-ordnung/ anleitung zur Catechiſmus-lehr/ dero kurtzen auszug und zehen kern-ſpruͤche ſolchem tauff-ſtand angehenget habe/ weil ſie alle von ſolchen materien handlen. Jch werde auch/ geliebts GOtt/ auf die meß ein exemplar deſſen ſchicken. D. Havemanni (von dem ſonſt unterſchiedliches habe) angezo- genes buͤchlein haben wir auch nicht. Jch mißrathe die uͤberſetzung ins Teutſche nicht/ und will ſolche gern wie ich koͤnnen werde mit helffen befoͤrdern. Und lieſſe ſich nicht etwa thun/ daß man die apologie und erklaͤhrung des Prætorii ſolchem ſcripto nachmahl anhienge? Unſers ſeligen freundes Kriegsmans Theo- praxiam habe auch geleſen/ aber leugne nicht/ daß in etlichen ſtuͤcken/ ſie etwas geaͤndert verlangt habe/ wie ich einmahl deswegen ein bedencken habe aufſetzen muͤſſen. Der haupt-zweck und die haupt-ſache aber iſt herrlich und von goͤtt- licher wahrheit. D. Voluſii widriges ſcriptum und deſſen beantwortung iſt mir gar nicht kund worden. Jm uͤbrigen ſo iſt er eben derjenige/ ſo durch druckfehler Wilhelm Chriſtian vor Chriſtoph iſt genennet worden in dem tractatu poſthumo von der Athanaſia ſo ich hier zum druck befordert habe. Hingegen der autor des buͤchleins: halt was du haſt/ iſt ſein leiblicher bruder geweſen. Ein

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/444>, abgerufen am 22.11.2024.