Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO VII. nicht mordicus müsse allerdings an den alten formulen halten/ wie ja jetzo aucheinige formulen alt sind/ welche eine zeit neue/ und doch deßwegen nicht verwerf- lich gewesen; Aber das gehört darzu/ daß gleichwol so lange bey den alten for- mulen zu bleiben ist/ als uns nicht die noth davon/ und zu einführung neuer for- mulen treibet/ wo nemlich mit den alten nicht mehr eben das jenige kan ausge- richtet werden/ was mit diesen gesuchet wird. Und dieses halten wir die meynung dieses vorwurffs zu seyn/ welcher zimlich wichtig/ und Herr Stenger billig zu- weilen hätte etwas inne halten sollen. Vorausgesetzet dieses/ kommen uns nach- folgende formulen vor. (1) Finden sich unterschiedliche orthe/ welche bey ei- nigen vielleicht einen argwohn eines Weigelianischen oder Quackerischen schwarms machen mögten. Als wenn p. 17. Von den gläubigen gesagt wird; Sie hören am sabbath dem heiligen Geiste/ dem innerlichen lehrer zu/ der in ihrer seele wohnet. p. 312. Solches innerliche einsprechen des heili- gen Geistes ist ein sehr herrlich über natürlich zengnüß/ daß der fromme hat/ über seiner kindschafft bey GOTT. p. 315. GOTTES väterliche liebes-zeichen habe ich bißher gnug gespüret/ auch in meiner seelen täglich mit GOTT geredet/ und da seine tröstliche antwort gehöret in seinem hei- ligthum. p. 381. Der innwendige lehrer der heilige Geist/ der in ihnen woh- net. p. 382. Es muß endlich ein jeder Christ für sich in seinem hertzen und gewissen durch einspruch deß inwohnenden heiligen Geistes versichert wer- den der kindschafft GOTTES. Einschärf. p. 20. daß der inwendige himmlische lehrer der heilige Geist ihre hertzen bereite und zurichte/ und p. 55. Wo der wahre glaube/ der heilige Geist/ die liebe Christi in eines menschen hertz ist/ die wird ihm schon Christi willen und befehl anzeigen. Wer diese worte ansihet mögte leicht auff den argwohn kommen/ ob halte es der Autor mit den Quackern und andern dergleichen Enthusiasten/ welche solcher redens-arthen sich auch gebrauchen. Zum exempel: Das Hamburgische Mi- nisterium citirt aus den Qvackern folgende reden: Jhr habt keine lehre nö- thig/ wofern ihr die gnade annehmet/ wann ihr darinnen wartet/ so wird es euch zu GOTT führen/ allda ist euer lehrer. So werden sich auch bey Schwenck- felden und Weigeln/ so denn derselben nachfolgern/ ein und andere dergleichen reden finden. Ob nun schon es solte scheinen/ einerley reden zuseyn/ die Herr Stenger führet mit solchen von uns billig verworffenen/ sind es doch in der that nicht einerley reden: indem Herr Stenger von den unmittelbar/ und nicht durch das wort/ desselben anhörung und betrachtung/ so denn die heilige Sacramenten/ geschehenden offenbahrungen und würckungen durchaus nicht redet; sondern von den würckungen/ welche GOTT durch die mittel bey den menschen würcket: Weil ja freylich die äusserliche mittel nicht äusserlich bleiben/ sondern in das hertz [d]ringen/ und in demselben durch sie der heilige Geist kräfftig seyn solle (wie oben an- C 3
ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO VII. nicht mordicus muͤſſe allerdings an den alten formulen halten/ wie ja jetzo aucheinige formulen alt ſind/ welche eine zeit neue/ und doch deßwegen nicht verwerf- lich geweſen; Aber das gehoͤrt darzu/ daß gleichwol ſo lange bey den alten for- mulen zu bleiben iſt/ als uns nicht die noth davon/ und zu einfuͤhrung neuer for- mulen treibet/ wo nemlich mit den alten nicht mehr eben das jenige kan ausge- richtet werden/ was mit dieſen geſuchet wird. Und dieſes halten wir die meynung dieſes vorwurffs zu ſeyn/ welcher zimlich wichtig/ und Herr Stenger billig zu- weilen haͤtte etwas inne halten ſollen. Vorausgeſetzet dieſes/ kommen uns nach- folgende formulen vor. (1) Finden ſich unterſchiedliche orthe/ welche bey ei- nigen vielleicht einen argwohn eines Weigelianiſchen oder Quackeriſchen ſchwarms machen moͤgten. Als wenn p. 17. Von den glaͤubigen geſagt wird; Sie hoͤren am ſabbath dem heiligen Geiſte/ dem innerlichen lehrer zu/ der in ihrer ſeele wohnet. p. 312. Solches innerliche einſprechen des heili- gen Geiſtes iſt ein ſehr herrlich uͤber natuͤrlich zengnuͤß/ daß der fromme hat/ uͤber ſeiner kindſchafft bey GOTT. p. 315. GOTTES vaͤterliche liebes-zeichen habe ich bißher gnug geſpuͤret/ auch in meiner ſeelen taͤglich mit GOTT geredet/ und da ſeine troͤſtliche antwort gehoͤret in ſeinem hei- ligthum. p. 381. Der innwendige lehrer der heilige Geiſt/ der in ihnen woh- net. p. 382. Es muß endlich ein jeder Chriſt fuͤr ſich in ſeinem hertzen und gewiſſen durch einſpruch deß inwohnenden heiligen Geiſtes verſichert wer- den der kindſchafft GOTTES. Einſchaͤrf. p. 20. daß der inwendige himmliſche lehrer der heilige Geiſt ihre hertzen bereite und zurichte/ und p. 55. Wo der wahre glaube/ der heilige Geiſt/ die liebe Chriſti in eines menſchen hertz iſt/ die wird ihm ſchon Chriſti willen und befehl anzeigen. Wer dieſe worte anſihet moͤgte leicht auff den argwohn kommen/ ob halte es der Autor mit den Quackern und andern dergleichen Enthuſiaſten/ welche ſolcher redens-arthen ſich auch gebrauchen. Zum exempel: Das Hamburgiſche Mi- niſterium citirt aus den Qvackern folgende reden: Jhr habt keine lehre noͤ- thig/ wofern ihr die gnade annehmet/ wann ihr darinnen wartet/ ſo wird es euch zu GOTT fuͤhren/ allda iſt euer lehrer. So werden ſich auch bey Schwenck- felden und Weigeln/ ſo denn derſelben nachfolgern/ ein und andere dergleichen reden finden. Ob nun ſchon es ſolte ſcheinen/ einerley reden zuſeyn/ die Herr Stenger fuͤhret mit ſolchen von uns billig verworffenen/ ſind es doch in der that nicht einerley reden: indem Herr Stenger von den unmittelbar/ und nicht durch das wort/ deſſelben anhoͤrung und betrachtung/ ſo denn die heilige Sacramenten/ geſchehenden offenbahrungen und wuͤrckungen durchaus nicht redet; ſondern von den wuͤrckungen/ welche GOTT durch die mittel bey den menſchen wuͤrcket: Weil ja freylich die aͤuſſerliche mittel nicht aͤuſſerlich bleiben/ ſondern in das hertz [d]ringen/ und in demſelben durch ſie der heilige Geiſt kraͤfftig ſeyn ſolle (wie oben an- C 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0039" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. I. DISTINCTIO I. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> VII.</hi></fw><lb/> nicht <hi rendition="#aq">mordicus</hi> muͤſſe allerdings an den alten <hi rendition="#aq">formulen</hi> halten/ wie ja jetzo auch<lb/> einige <hi rendition="#aq">formulen</hi> alt ſind/ welche eine zeit neue/ und doch deßwegen nicht verwerf-<lb/> lich geweſen; Aber das gehoͤrt darzu/ daß gleichwol ſo lange bey den alten <hi rendition="#aq">for-<lb/> mulen</hi> zu bleiben iſt/ als uns nicht die noth davon/ und zu einfuͤhrung neuer <hi rendition="#aq">for-<lb/> mulen</hi> treibet/ wo nemlich mit den alten nicht mehr eben das jenige kan ausge-<lb/> richtet werden/ was mit dieſen geſuchet wird. Und dieſes halten wir die meynung<lb/> dieſes <hi rendition="#fr">vorwurffs</hi> zu ſeyn/ welcher zimlich wichtig/ und Herr Stenger billig zu-<lb/> weilen haͤtte etwas inne halten ſollen. Vorausgeſetzet dieſes/ kommen uns nach-<lb/> folgende <hi rendition="#aq">formul</hi>en vor. (1) <hi rendition="#fr">Finden ſich unterſchiedliche orthe/ welche bey ei-<lb/> nigen vielleicht einen argwohn eines Weigelianiſchen oder Quackeriſchen<lb/> ſchwarms machen moͤgten.</hi> Als wenn <hi rendition="#aq">p. 17.</hi> Von den glaͤubigen geſagt<lb/> wird; <hi rendition="#fr">Sie hoͤren am ſabbath dem heiligen Geiſte/ dem innerlichen lehrer<lb/> zu/ der in ihrer ſeele wohnet.</hi> <hi rendition="#aq">p. 312.</hi> <hi rendition="#fr">Solches innerliche einſprechen des heili-<lb/> gen Geiſtes iſt ein ſehr herrlich uͤber natuͤrlich zengnuͤß/ daß der fromme<lb/> hat/ uͤber ſeiner kindſchafft bey GOTT.</hi> <hi rendition="#aq">p. 315.</hi> <hi rendition="#fr">GOTTES vaͤterliche<lb/> liebes-zeichen habe ich bißher gnug geſpuͤret/ auch in meiner ſeelen taͤglich<lb/> mit GOTT geredet/ und da ſeine troͤſtliche antwort gehoͤret in ſeinem hei-<lb/> ligthum.</hi> <hi rendition="#aq">p. 381.</hi> <hi rendition="#fr">Der innwendige lehrer der heilige Geiſt/ der in ihnen woh-<lb/> net.</hi> <hi rendition="#aq">p. 382.</hi> <hi rendition="#fr">Es muß endlich ein jeder Chriſt fuͤr ſich in ſeinem hertzen und<lb/> gewiſſen durch einſpruch deß inwohnenden heiligen Geiſtes verſichert wer-<lb/> den der kindſchafft GOTTES. Einſchaͤrf.</hi> <hi rendition="#aq">p. 20.</hi> <hi rendition="#fr">daß der inwendige<lb/> himmliſche lehrer der heilige Geiſt ihre hertzen bereite und zurichte/ und</hi><lb/><hi rendition="#aq">p. 55.</hi> <hi rendition="#fr">Wo der wahre glaube/ der heilige Geiſt/ die liebe Chriſti in eines<lb/> menſchen hertz iſt/ die wird ihm ſchon Chriſti willen und befehl anzeigen.</hi><lb/> Wer dieſe worte anſihet moͤgte leicht auff den argwohn kommen/ ob halte es der<lb/><hi rendition="#aq">Autor</hi> mit den Quackern und andern dergleichen Enthuſiaſten/ welche ſolcher<lb/> redens-arthen ſich auch gebrauchen. Zum exempel: Das Hamburgiſche <hi rendition="#aq">Mi-<lb/> niſterium citirt</hi> aus den <hi rendition="#fr">Qvackern</hi> folgende reden: Jhr habt keine lehre noͤ-<lb/> thig/ wofern ihr die gnade annehmet/ wann ihr darinnen wartet/ ſo wird es euch<lb/> zu GOTT fuͤhren/ allda iſt euer lehrer. So werden ſich auch bey <hi rendition="#fr">Schwenck-<lb/> felden und Weigeln/</hi> ſo denn derſelben nachfolgern/ ein und andere dergleichen<lb/> reden finden. Ob nun ſchon es ſolte ſcheinen/ einerley reden zuſeyn/ die Herr<lb/> Stenger fuͤhret mit ſolchen von uns billig verworffenen/ ſind es doch in der that<lb/> nicht einerley reden: indem Herr Stenger von den unmittelbar/ und nicht durch<lb/> das wort/ deſſelben anhoͤrung und betrachtung/ ſo denn die heilige Sacramenten/<lb/> geſchehenden offenbahrungen und wuͤrckungen durchaus nicht redet; ſondern<lb/> von den wuͤrckungen/ welche GOTT durch die mittel bey den menſchen wuͤrcket:<lb/> Weil ja freylich die aͤuſſerliche mittel nicht aͤuſſerlich bleiben/ ſondern in das hertz<lb/><supplied>d</supplied>ringen/ und in demſelben durch ſie der heilige Geiſt kraͤfftig ſeyn ſolle (wie oben<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 3</fw><fw place="bottom" type="catch">an-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0039]
ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO VII.
nicht mordicus muͤſſe allerdings an den alten formulen halten/ wie ja jetzo auch
einige formulen alt ſind/ welche eine zeit neue/ und doch deßwegen nicht verwerf-
lich geweſen; Aber das gehoͤrt darzu/ daß gleichwol ſo lange bey den alten for-
mulen zu bleiben iſt/ als uns nicht die noth davon/ und zu einfuͤhrung neuer for-
mulen treibet/ wo nemlich mit den alten nicht mehr eben das jenige kan ausge-
richtet werden/ was mit dieſen geſuchet wird. Und dieſes halten wir die meynung
dieſes vorwurffs zu ſeyn/ welcher zimlich wichtig/ und Herr Stenger billig zu-
weilen haͤtte etwas inne halten ſollen. Vorausgeſetzet dieſes/ kommen uns nach-
folgende formulen vor. (1) Finden ſich unterſchiedliche orthe/ welche bey ei-
nigen vielleicht einen argwohn eines Weigelianiſchen oder Quackeriſchen
ſchwarms machen moͤgten. Als wenn p. 17. Von den glaͤubigen geſagt
wird; Sie hoͤren am ſabbath dem heiligen Geiſte/ dem innerlichen lehrer
zu/ der in ihrer ſeele wohnet. p. 312. Solches innerliche einſprechen des heili-
gen Geiſtes iſt ein ſehr herrlich uͤber natuͤrlich zengnuͤß/ daß der fromme
hat/ uͤber ſeiner kindſchafft bey GOTT. p. 315. GOTTES vaͤterliche
liebes-zeichen habe ich bißher gnug geſpuͤret/ auch in meiner ſeelen taͤglich
mit GOTT geredet/ und da ſeine troͤſtliche antwort gehoͤret in ſeinem hei-
ligthum. p. 381. Der innwendige lehrer der heilige Geiſt/ der in ihnen woh-
net. p. 382. Es muß endlich ein jeder Chriſt fuͤr ſich in ſeinem hertzen und
gewiſſen durch einſpruch deß inwohnenden heiligen Geiſtes verſichert wer-
den der kindſchafft GOTTES. Einſchaͤrf. p. 20. daß der inwendige
himmliſche lehrer der heilige Geiſt ihre hertzen bereite und zurichte/ und
p. 55. Wo der wahre glaube/ der heilige Geiſt/ die liebe Chriſti in eines
menſchen hertz iſt/ die wird ihm ſchon Chriſti willen und befehl anzeigen.
Wer dieſe worte anſihet moͤgte leicht auff den argwohn kommen/ ob halte es der
Autor mit den Quackern und andern dergleichen Enthuſiaſten/ welche ſolcher
redens-arthen ſich auch gebrauchen. Zum exempel: Das Hamburgiſche Mi-
niſterium citirt aus den Qvackern folgende reden: Jhr habt keine lehre noͤ-
thig/ wofern ihr die gnade annehmet/ wann ihr darinnen wartet/ ſo wird es euch
zu GOTT fuͤhren/ allda iſt euer lehrer. So werden ſich auch bey Schwenck-
felden und Weigeln/ ſo denn derſelben nachfolgern/ ein und andere dergleichen
reden finden. Ob nun ſchon es ſolte ſcheinen/ einerley reden zuſeyn/ die Herr
Stenger fuͤhret mit ſolchen von uns billig verworffenen/ ſind es doch in der that
nicht einerley reden: indem Herr Stenger von den unmittelbar/ und nicht durch
das wort/ deſſelben anhoͤrung und betrachtung/ ſo denn die heilige Sacramenten/
geſchehenden offenbahrungen und wuͤrckungen durchaus nicht redet; ſondern
von den wuͤrckungen/ welche GOTT durch die mittel bey den menſchen wuͤrcket:
Weil ja freylich die aͤuſſerliche mittel nicht aͤuſſerlich bleiben/ ſondern in das hertz
dringen/ und in demſelben durch ſie der heilige Geiſt kraͤfftig ſeyn ſolle (wie oben
an-
C 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/39 |
Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/39>, abgerufen am 22.07.2024. |