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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XXX.
niedersincken lassen/ so wird der Herr mit dem guten seyn; lasset uns aber auch
zuvordersten mit unauffhörlichem gebet und seufftzen GOTT seine eigene sache/
nahmens heiligung/ reichs erweiterung u. willens vollbringung demüthig empfeh-
len: So wird er zeigen/ er werde seine ehre nicht allerdings stecken lassen. 1676.

SECTIO XXX.

Von der lehre des Evangelii. Von der bereits
geschenckten seligkeit. Wie neben der lehre von dem gerecht-
machenden glauben auff dessen früchten und kennzeichen zu
treiben. Ob die wieder gebohrne täglich todt sünden be-
gehen. Von frucht der
piorum desi-
deriorum.

JCh habe das an mich gethane angenehme samt beygeschlossenen tractätlein
zurecht und wohl erhalten: Wie ich aber meiner zeit nicht mächtig bin/ noch
darüber nach belieben disponiren kan/ als habe die antwort einige tage auff-
schieben müssen. Das büchlein habe vorhin niemahl gesehen/ wohl aber das erste/
aus welchen dieses/ so viel mich erinnere/ als eine repetition ist mit einiger ände-
rung. Daß nun meine wenige gedancken in brüderlichen vertrauen/ wie solches
von mir begehret worden/ frey und offenhertzig entdecke/ bestehen dieselbe in folgen-
den stücken. Erstlich des Autoris intention halte vor gantz gut und löblich; wie
dann jeglicher/ was er zur erbauung des neben menschen zu contribuiren vermag/
nicht nur macht hat vorzutragen/ sondern in gewisser maß darzu verbunden ist.
So kenne auch den Autorem also/ daß ich mich versichert halte eines solchen ge-
müths/ welcher so wohl seinem GOTT selbs hertzlich begehrt zu dienen/ als der-
gleichen bey andern zu befördern. Daher auch in solchem freundlichen vertrauen/
etwa noch selbs die gelegenheit suchen werde/ mit ihme aus dieser materie etwas zu
conferiren. So halte ich auch in specie die intention, die krafft des Evangelii
zu inculciren/ und zu zeigen/ wie aus denselben/ und nicht primario aus dem ge-
setz alle besserung des lebens folgen müsse/ eben so wohl löblich und nützlich/ wie ich
gleiches in der vorrede des hie mitgehenden tractätleins (Andreae Crameri eh-
renstand der kinder GOttes
) gelehret/ und also ausgeführet zu haben hoffe/ daß
ein frommer Christ/ so mit erleuchteten augen die sache ansihet/ mir etwa
leicht beysall geben wird. Jch erkenne ferner/ daß eben diese hypotheses,
welche in diesem tractatu getrieben werden/ hin und wieder in unsrem theuren man-
ne GOttes Luthero zu sehen/ aus welchem sie mit sonderbahren fleiß ein Gottse-
liger lehrer Stephanus Praetorius vor etwa 80. jahren zusammen gesucht/ und in
vielen tractätlein/ die folgendes mit des seligen Arndii commendation heraus
gegangen/ inculciret/ wie wohl der liebe mann aus mangel gnugsamer erkänt-

nüß
R 3

ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XXX.
niederſincken laſſen/ ſo wird der Herr mit dem guten ſeyn; laſſet uns aber auch
zuvorderſten mit unauffhoͤrlichem gebet und ſeufftzen GOTT ſeine eigene ſache/
nahmens heiligung/ reichs erweiterung u. willens vollbringung demuͤthig empfeh-
len: So wird er zeigen/ er werde ſeine ehre nicht allerdings ſtecken laſſen. 1676.

SECTIO XXX.

Von der lehre des Evangelii. Von der bereits
geſchenckten ſeligkeit. Wie neben der lehre von dem gerecht-
machenden glauben auff deſſen fruͤchten und kennzeichen zu
treiben. Ob die wieder gebohrne taͤglich todt ſuͤnden be-
gehen. Von frucht der
piorum deſi-
deriorum.

JCh habe das an mich gethane angenehme ſamt beygeſchloſſenen tractaͤtlein
zurecht und wohl erhalten: Wie ich aber meiner zeit nicht maͤchtig bin/ noch
daruͤber nach belieben diſponiren kan/ als habe die antwort einige tage auff-
ſchieben muͤſſen. Das buͤchlein habe vorhin niemahl geſehen/ wohl aber das erſte/
aus welchen dieſes/ ſo viel mich erinnere/ als eine repetition iſt mit einiger aͤnde-
rung. Daß nun meine wenige gedancken in bruͤderlichen vertrauen/ wie ſolches
von mir begehret worden/ frey und offenhertzig entdecke/ beſtehen dieſelbe in folgen-
den ſtuͤcken. Erſtlich des Autoris intention halte vor gantz gut und loͤblich; wie
dann jeglicher/ was er zur erbauung des neben menſchen zu contribuiren vermag/
nicht nur macht hat vorzutragen/ ſondern in gewiſſer maß darzu verbunden iſt.
So kenne auch den Autorem alſo/ daß ich mich verſichert halte eines ſolchen ge-
muͤths/ welcher ſo wohl ſeinem GOTT ſelbs hertzlich begehrt zu dienen/ als der-
gleichen bey andern zu befoͤrdern. Daher auch in ſolchem freundlichen vertrauen/
etwa noch ſelbs die gelegenheit ſuchen werde/ mit ihme aus dieſer materie etwas zu
conferiren. So halte ich auch in ſpecie die intention, die krafft des Evangelii
zu inculciren/ und zu zeigen/ wie aus denſelben/ und nicht primario aus dem ge-
ſetz alle beſſerung des lebens folgen muͤſſe/ eben ſo wohl loͤblich und nuͤtzlich/ wie ich
gleiches in der vorrede des hie mitgehenden tractaͤtleins (Andreæ Crameri eh-
renſtand der kinder GOttes
) gelehret/ und alſo ausgefuͤhret zu haben hoffe/ daß
ein frommer Chriſt/ ſo mit erleuchteten augen die ſache anſihet/ mir etwa
leicht beyſall geben wird. Jch erkenne ferner/ daß eben dieſe hypotheſes,
welche in dieſem tractatu getrieben werden/ hin und wieder in unſrem theuꝛen man-
ne GOttes Luthero zu ſehen/ aus welchem ſie mit ſonderbahren fleiß ein Gottſe-
liger lehrer Stephanus Prætorius vor etwa 80. jahren zuſammen geſucht/ und in
vielen tractaͤtlein/ die folgendes mit des ſeligen Arndii commendation heraus
gegangen/ inculciret/ wie wohl der liebe mann aus mangel gnugſamer erkaͤnt-

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[133/0151] ARTIC. I. DISTINCTIO I. SECTIO XXX. niederſincken laſſen/ ſo wird der Herr mit dem guten ſeyn; laſſet uns aber auch zuvorderſten mit unauffhoͤrlichem gebet und ſeufftzen GOTT ſeine eigene ſache/ nahmens heiligung/ reichs erweiterung u. willens vollbringung demuͤthig empfeh- len: So wird er zeigen/ er werde ſeine ehre nicht allerdings ſtecken laſſen. 1676. SECTIO XXX. Von der lehre des Evangelii. Von der bereits geſchenckten ſeligkeit. Wie neben der lehre von dem gerecht- machenden glauben auff deſſen fruͤchten und kennzeichen zu treiben. Ob die wieder gebohrne taͤglich todt ſuͤnden be- gehen. Von frucht der piorum deſi- deriorum. JCh habe das an mich gethane angenehme ſamt beygeſchloſſenen tractaͤtlein zurecht und wohl erhalten: Wie ich aber meiner zeit nicht maͤchtig bin/ noch daruͤber nach belieben diſponiren kan/ als habe die antwort einige tage auff- ſchieben muͤſſen. Das buͤchlein habe vorhin niemahl geſehen/ wohl aber das erſte/ aus welchen dieſes/ ſo viel mich erinnere/ als eine repetition iſt mit einiger aͤnde- rung. Daß nun meine wenige gedancken in bruͤderlichen vertrauen/ wie ſolches von mir begehret worden/ frey und offenhertzig entdecke/ beſtehen dieſelbe in folgen- den ſtuͤcken. Erſtlich des Autoris intention halte vor gantz gut und loͤblich; wie dann jeglicher/ was er zur erbauung des neben menſchen zu contribuiren vermag/ nicht nur macht hat vorzutragen/ ſondern in gewiſſer maß darzu verbunden iſt. So kenne auch den Autorem alſo/ daß ich mich verſichert halte eines ſolchen ge- muͤths/ welcher ſo wohl ſeinem GOTT ſelbs hertzlich begehrt zu dienen/ als der- gleichen bey andern zu befoͤrdern. Daher auch in ſolchem freundlichen vertrauen/ etwa noch ſelbs die gelegenheit ſuchen werde/ mit ihme aus dieſer materie etwas zu conferiren. So halte ich auch in ſpecie die intention, die krafft des Evangelii zu inculciren/ und zu zeigen/ wie aus denſelben/ und nicht primario aus dem ge- ſetz alle beſſerung des lebens folgen muͤſſe/ eben ſo wohl loͤblich und nuͤtzlich/ wie ich gleiches in der vorrede des hie mitgehenden tractaͤtleins (Andreæ Crameri eh- renſtand der kinder GOttes) gelehret/ und alſo ausgefuͤhret zu haben hoffe/ daß ein frommer Chriſt/ ſo mit erleuchteten augen die ſache anſihet/ mir etwa leicht beyſall geben wird. Jch erkenne ferner/ daß eben dieſe hypotheſes, welche in dieſem tractatu getrieben werden/ hin und wieder in unſrem theuꝛen man- ne GOttes Luthero zu ſehen/ aus welchem ſie mit ſonderbahren fleiß ein Gottſe- liger lehrer Stephanus Prætorius vor etwa 80. jahren zuſammen geſucht/ und in vielen tractaͤtlein/ die folgendes mit des ſeligen Arndii commendation heraus gegangen/ inculciret/ wie wohl der liebe mann aus mangel gnugſamer erkaͤnt- nuͤß R 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/151>, abgerufen am 24.11.2024.