Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

Das sechste Capitel.
auch was darzu gehöret/ verstehen/ sind annoch zu wenig/ und erhalten noch der-
gleichen dinge nicht/ welche die Obrigkeiten zu nachtrücklicher beförderung beweg-
ten/ vielmehr scheinen die obstacula dermassen groß/ daß sie sie vor unüberwind-
lich achten/ und daher um nicht selbs in schimpff zu gerathen/ wo das werck stecken
bleibet/ die sache nicht mit gnugsamen eyffer angreiffen werden. GOtt will auch
vielleicht nicht haben/ das iemand von menschen solches lob habe: sondern dörff-
te wol das werck so unvermerckt führen/ daß man niemand die ehre beymessen mö-
ge/ sondern wo man endlich erkennet/ was aus geringen und verachteten principiis
hergekommen/ und doch allgemach gewachsen ist/ daß es GOttes werck allein ge-
weßt/ ihm dann auch die ehr allein zu geschrieben werde; Daher ich auff mensch-
lichen arm wenig hoffe/ sondern mein vertrauen drauff setze/ daß hin und wieder
gottselige prediger und politici, dahin sich bearbeiten werden/ das jeder seines
orths allgemach eine Ecclesiolam in Ecclesia/ jedoch ohne einige trennung/ sam-
le/ und dieselbe in den stand bringe/ daß man rechte kern Christen an ihnen habe:
da nicht fehlen wird/ daß nicht solche nachmahl mit ihrem exempel ein treffliches
fermentum seyn werden/ den übrigen teig auch in einen jast zubringen. Fallor,
aut haec sola ratio est, qua ecclesiae consuletur.
Lasset uns also alle das unse-
rige thun/ indessen eyffrigst beten/ daß GOtt sein werck kräfftig und endlich herr-
lich hinaus führen wolle/ Amen.

SECTIO XXIX.

Von piis desideriis und vielem beyfall. Kleine
Antichristen ohne dem Papst. Christi gab und exempel nicht
zu trennen. Offentliche
reformation itzt nicht zu hoffen.
Ecclesiolas in Ecclesiis zu pflantzen/ der beste modus und
anfang zu mehrerem.

ES hat mich dessen liebe brief in ablesung und unterschiedlicher wiederhoh-
lung hertzlich erfreuet/ und mir/ dessen mich ohne das versichert gehalten ha-
be/ neues zeugnüß gegeben/ daß wir in einem Geist den gegenwärtigen zu-
stand ansehen/ und unser amt zu führen trachten. Wie ich auch seiter deme von
mehren christlichen confratribus und Theologis, auch verschieden. GOtt lie-
benden politicis, welche auff meine praefation ihr christlich bedencken mir zuge-
schicket/ bekräfftiget worden bin/ daß meine klagen nicht vergebens seyen/ auch die
einfältige gethane vorschläge der gemeinde GOttes nicht schädlich seyn würden.
So mir nicht nur zum sonderbahren trost dienet/ in solchem scripto, worinn eini-
ge mich einer vermessenheit beschuldigen möchten/ das mich dergleichen heraus zu
geben nicht entblödet hätte/ mich nicht an unserer kirchen oder dero besten vergriffen

zu

Das ſechſte Capitel.
auch was darzu gehoͤret/ verſtehen/ ſind annoch zu wenig/ und erhalten noch der-
gleichen dinge nicht/ welche die Obrigkeiten zu nachtruͤcklicher befoͤrderung beweg-
ten/ vielmehr ſcheinen die obſtacula dermaſſen groß/ daß ſie ſie vor unuͤberwind-
lich achten/ und daher um nicht ſelbs in ſchimpff zu gerathen/ wo das werck ſtecken
bleibet/ die ſache nicht mit gnugſamen eyffer angreiffen werden. GOtt will auch
vielleicht nicht haben/ das iemand von menſchen ſolches lob habe: ſondern doͤrff-
te wol das werck ſo unvermerckt fuͤhren/ daß man niemand die ehre beymeſſen moͤ-
ge/ ſondern wo man endlich erkennet/ was aus geringen und verachteten principiis
hergekommen/ und doch allgemach gewachſen iſt/ daß es GOttes werck allein ge-
weßt/ ihm dann auch die ehr allein zu geſchrieben werde; Daher ich auff menſch-
lichen arm wenig hoffe/ ſondern mein vertrauen drauff ſetze/ daß hin und wieder
gottſelige prediger und politici, dahin ſich bearbeiten werden/ das jeder ſeines
orths allgemach eine Eccleſiolam in Eccleſia/ jedoch ohne einige trennung/ ſam-
le/ und dieſelbe in den ſtand bringe/ daß man rechte kern Chriſten an ihnen habe:
da nicht fehlen wird/ daß nicht ſolche nachmahl mit ihrem exempel ein treffliches
fermentum ſeyn werden/ den uͤbrigen teig auch in einen jaſt zubringen. Fallor,
aut hæc ſola ratio eſt, qua eccleſiæ conſuletur.
Laſſet uns alſo alle das unſe-
rige thun/ indeſſen eyffrigſt beten/ daß GOtt ſein werck kraͤfftig und endlich herr-
lich hinaus fuͤhren wolle/ Amen.

SECTIO XXIX.

Von piis deſideriis und vielem beyfall. Kleine
Antichriſten ohne dem Papſt. Chriſti gab und exempel nicht
zu trennen. Offentliche
reformation itzt nicht zu hoffen.
Eccleſiolas in Eccleſiis zu pflantzen/ der beſte modus und
anfang zu mehrerem.

ES hat mich deſſen liebe brief in ableſung und unterſchiedlicher wiederhoh-
lung hertzlich erfreuet/ und mir/ deſſen mich ohne das verſichert gehalten ha-
be/ neues zeugnuͤß gegeben/ daß wir in einem Geiſt den gegenwaͤrtigen zu-
ſtand anſehen/ und unſer amt zu fuͤhren trachten. Wie ich auch ſeiter deme von
mehren chriſtlichen confratribus und Theologis, auch verſchieden. GOtt lie-
benden politicis, welche auff meine præfation ihr chriſtlich bedencken mir zuge-
ſchicket/ bekraͤfftiget worden bin/ daß meine klagen nicht vergebens ſeyen/ auch die
einfaͤltige gethane vorſchlaͤge der gemeinde GOttes nicht ſchaͤdlich ſeyn wuͤrden.
So mir nicht nur zum ſonderbahren troſt dienet/ in ſolchem ſcripto, worinn eini-
ge mich einer vermeſſenheit beſchuldigen moͤchten/ das mich dergleichen heraus zu
geben nicht entbloͤdet haͤtte/ mich nicht an unſerer kirchen oder dero beſten vergriffen

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0148" n="130"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;ech&#x017F;te Capitel.</hi></fw><lb/>
auch was darzu geho&#x0364;ret/ ver&#x017F;tehen/ &#x017F;ind annoch zu wenig/ und erhalten noch der-<lb/>
gleichen dinge nicht/ welche die Obrigkeiten zu nachtru&#x0364;cklicher befo&#x0364;rderung beweg-<lb/>
ten/ vielmehr &#x017F;cheinen die <hi rendition="#aq">ob&#x017F;tacula</hi> derma&#x017F;&#x017F;en groß/ daß &#x017F;ie &#x017F;ie vor unu&#x0364;berwind-<lb/>
lich achten/ und daher um nicht &#x017F;elbs in &#x017F;chimpff zu gerathen/ wo das werck &#x017F;tecken<lb/>
bleibet/ die &#x017F;ache nicht mit gnug&#x017F;amen eyffer angreiffen werden. GOtt will auch<lb/>
vielleicht nicht haben/ das iemand von men&#x017F;chen &#x017F;olches lob habe: &#x017F;ondern do&#x0364;rff-<lb/>
te wol das werck &#x017F;o unvermerckt fu&#x0364;hren/ daß man niemand die ehre beyme&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;-<lb/>
ge/ &#x017F;ondern wo man endlich erkennet/ was aus geringen und verachteten <hi rendition="#aq">principiis</hi><lb/>
hergekommen/ und doch allgemach gewach&#x017F;en i&#x017F;t/ daß es GOttes werck allein ge-<lb/>
weßt/ ihm dann auch die ehr allein zu ge&#x017F;chrieben werde; Daher ich auff men&#x017F;ch-<lb/>
lichen arm wenig hoffe/ &#x017F;ondern mein vertrauen drauff &#x017F;etze/ daß hin und wieder<lb/>
gott&#x017F;elige prediger und <hi rendition="#aq">politici,</hi> dahin &#x017F;ich bearbeiten werden/ das jeder &#x017F;eines<lb/>
orths allgemach eine <hi rendition="#aq">Eccle&#x017F;iolam in Eccle&#x017F;ia</hi>/ jedoch ohne einige trennung/ &#x017F;am-<lb/>
le/ und die&#x017F;elbe in den &#x017F;tand bringe/ daß man rechte kern Chri&#x017F;ten an ihnen habe:<lb/>
da nicht fehlen wird/ daß nicht &#x017F;olche nachmahl mit ihrem exempel ein treffliches<lb/><hi rendition="#aq">fermentum</hi> &#x017F;eyn werden/ den u&#x0364;brigen teig auch in einen ja&#x017F;t zubringen. <hi rendition="#aq">Fallor,<lb/>
aut hæc &#x017F;ola ratio e&#x017F;t, qua eccle&#x017F;iæ con&#x017F;uletur.</hi> La&#x017F;&#x017F;et uns al&#x017F;o alle das un&#x017F;e-<lb/>
rige thun/ inde&#x017F;&#x017F;en eyffrig&#x017F;t beten/ daß GOtt &#x017F;ein werck kra&#x0364;fftig und endlich herr-<lb/>
lich hinaus fu&#x0364;hren wolle/ Amen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXIX.</hi> </head><lb/>
            <argument>
              <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Von</hi> <hi rendition="#aq">piis de&#x017F;ideriis</hi> <hi rendition="#fr">und vielem beyfall. <hi rendition="#in">K</hi>leine<lb/>
Antichri&#x017F;ten ohne dem Pap&#x017F;t. Chri&#x017F;ti gab und exempel nicht<lb/>
zu trennen. Offentliche</hi> <hi rendition="#aq">reformation</hi> <hi rendition="#fr">itzt nicht zu hoffen.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">Eccle&#x017F;iolas in Eccle&#x017F;iis</hi> <hi rendition="#fr">zu pflantzen/ der be&#x017F;te</hi> <hi rendition="#aq">modus</hi> <hi rendition="#fr">und<lb/>
anfang zu mehrerem.</hi> </hi> </p>
            </argument><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S hat mich de&#x017F;&#x017F;en liebe brief in able&#x017F;ung und unter&#x017F;chiedlicher wiederhoh-<lb/>
lung hertzlich erfreuet/ und mir/ de&#x017F;&#x017F;en mich ohne das ver&#x017F;ichert gehalten ha-<lb/>
be/ neues zeugnu&#x0364;ß gegeben/ daß wir in einem Gei&#x017F;t den gegenwa&#x0364;rtigen zu-<lb/>
&#x017F;tand an&#x017F;ehen/ und un&#x017F;er amt zu fu&#x0364;hren trachten. Wie ich auch &#x017F;eiter deme von<lb/>
mehren chri&#x017F;tlichen <hi rendition="#aq">confratribus</hi> und <hi rendition="#aq">Theologis,</hi> auch ver&#x017F;chieden. GOtt lie-<lb/>
benden <hi rendition="#aq">politicis,</hi> welche auff meine <hi rendition="#aq">præfation</hi> ihr chri&#x017F;tlich bedencken mir zuge-<lb/>
&#x017F;chicket/ bekra&#x0364;fftiget worden bin/ daß meine klagen nicht vergebens &#x017F;eyen/ auch die<lb/>
einfa&#x0364;ltige gethane vor&#x017F;chla&#x0364;ge der gemeinde GOttes nicht &#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;eyn wu&#x0364;rden.<lb/>
So mir nicht nur zum &#x017F;onderbahren tro&#x017F;t dienet/ in &#x017F;olchem <hi rendition="#aq">&#x017F;cripto,</hi> worinn eini-<lb/>
ge mich einer verme&#x017F;&#x017F;enheit be&#x017F;chuldigen mo&#x0364;chten/ das mich dergleichen heraus zu<lb/>
geben nicht entblo&#x0364;det ha&#x0364;tte/ mich nicht an un&#x017F;erer kirchen oder dero be&#x017F;ten vergriffen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0148] Das ſechſte Capitel. auch was darzu gehoͤret/ verſtehen/ ſind annoch zu wenig/ und erhalten noch der- gleichen dinge nicht/ welche die Obrigkeiten zu nachtruͤcklicher befoͤrderung beweg- ten/ vielmehr ſcheinen die obſtacula dermaſſen groß/ daß ſie ſie vor unuͤberwind- lich achten/ und daher um nicht ſelbs in ſchimpff zu gerathen/ wo das werck ſtecken bleibet/ die ſache nicht mit gnugſamen eyffer angreiffen werden. GOtt will auch vielleicht nicht haben/ das iemand von menſchen ſolches lob habe: ſondern doͤrff- te wol das werck ſo unvermerckt fuͤhren/ daß man niemand die ehre beymeſſen moͤ- ge/ ſondern wo man endlich erkennet/ was aus geringen und verachteten principiis hergekommen/ und doch allgemach gewachſen iſt/ daß es GOttes werck allein ge- weßt/ ihm dann auch die ehr allein zu geſchrieben werde; Daher ich auff menſch- lichen arm wenig hoffe/ ſondern mein vertrauen drauff ſetze/ daß hin und wieder gottſelige prediger und politici, dahin ſich bearbeiten werden/ das jeder ſeines orths allgemach eine Eccleſiolam in Eccleſia/ jedoch ohne einige trennung/ ſam- le/ und dieſelbe in den ſtand bringe/ daß man rechte kern Chriſten an ihnen habe: da nicht fehlen wird/ daß nicht ſolche nachmahl mit ihrem exempel ein treffliches fermentum ſeyn werden/ den uͤbrigen teig auch in einen jaſt zubringen. Fallor, aut hæc ſola ratio eſt, qua eccleſiæ conſuletur. Laſſet uns alſo alle das unſe- rige thun/ indeſſen eyffrigſt beten/ daß GOtt ſein werck kraͤfftig und endlich herr- lich hinaus fuͤhren wolle/ Amen. SECTIO XXIX. Von piis deſideriis und vielem beyfall. Kleine Antichriſten ohne dem Papſt. Chriſti gab und exempel nicht zu trennen. Offentliche reformation itzt nicht zu hoffen. Eccleſiolas in Eccleſiis zu pflantzen/ der beſte modus und anfang zu mehrerem. ES hat mich deſſen liebe brief in ableſung und unterſchiedlicher wiederhoh- lung hertzlich erfreuet/ und mir/ deſſen mich ohne das verſichert gehalten ha- be/ neues zeugnuͤß gegeben/ daß wir in einem Geiſt den gegenwaͤrtigen zu- ſtand anſehen/ und unſer amt zu fuͤhren trachten. Wie ich auch ſeiter deme von mehren chriſtlichen confratribus und Theologis, auch verſchieden. GOtt lie- benden politicis, welche auff meine præfation ihr chriſtlich bedencken mir zuge- ſchicket/ bekraͤfftiget worden bin/ daß meine klagen nicht vergebens ſeyen/ auch die einfaͤltige gethane vorſchlaͤge der gemeinde GOttes nicht ſchaͤdlich ſeyn wuͤrden. So mir nicht nur zum ſonderbahren troſt dienet/ in ſolchem ſcripto, worinn eini- ge mich einer vermeſſenheit beſchuldigen moͤchten/ das mich dergleichen heraus zu geben nicht entbloͤdet haͤtte/ mich nicht an unſerer kirchen oder dero beſten vergriffen zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/148
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/148>, abgerufen am 21.11.2024.