ich mich erinnere/ was bey Thuan. Lib. 41. p. 544. von einem berühmten Fürsten gelesen: Ipsum tam in exhausti ad venereos vsus succi fuisse, ut, cum vxore sola uteretur, & illa toties eum admittere non posset, vir aliqui castus, quique vagis libidinibus minime oblectabatur, ex ejus permissu ne- gotio cum pastoribus communicato concubinam unam superinduxerir, cu- jus consvetudine ardore aliquantum perdomito parcius ac moderatius cum uxore versaretur. Wo nun dergleichen solte seyn/ daß sie zu dem ehe- lichen werck nicht untüchtig wäre/ der mann aber ihr über ihr vermögen zu- muthete: würde gantz anders zu urtheilen seyn/ als vorausgesetzt des ge- gentheils anitzo die sache erörtert wird. Jn deme hingegen diese vermu- thung aufgehoben zu werden/ und daß bey der frauen eine gäntzliche unge- schicklichkeit zu dem ehelichen werck sich finde/ dadurch mich versichert halte/ weil dem vorgeben mariti nach die consummatio matrimonii durch eheliche beywohnung noch gar nie erfolget/ woraus zu erkennen/ daß ihr unvermö- gen nicht nur dem immoderato, sondern auch moderato & casto conjugii u- sui entgegen stehe.
II. Wo also diese des weibes inhabilität zu der ehelichen pflicht lei- stung bekant/ so folget so bald/ daß deßwegen diese ehe nicht gültig oder jemal eine wahre ehe gewesen/ deßwegen nicht an ein divortium oder eigenliche ehe- scheidung (die da statt hat/ wo die ehe vorhin wahrhafftig und gültig gewesen) gedacht werden darff/ sondern es bestehet solche scheidung allein in der decla- ration des ehe richters/ daß die ehe allezeit null und nichtig gewesen. Wie der seelge Straßburgische Theologus D. Dannhauer. wol saget Hodos. Phaen. 2. p. 136. (94) declaratio ou'denotetos in casu inhabilitatis proprie non est di- vortium, cum privatio supponat habitum, nec dicitur separari, quod nun- quam fuit conjugium. Die sache selbst belangend/ daß nemlich/ wo sich bey ei- nem ehegatten vor der verheyrathung ein solches unvermögen befunden/ deß- wegen es eheliche beywohnung zu leisten nicht tüchtig/ auch solchem mangel natürlicher weise nicht geholffen werden kan/ solche ehe vor nichtig geachtet werde/ (in deme der zweck des H. ehestandes mit sich bringet/ daß beyde ein fleisch werden 1. Mos. 2/ 24. Matth. 19/ 6. Und aber solches von sey- ten der untüchtigen person mangelt: Weswegen auch dem gesunden theil/ auf sein begehren/ weil er betrüglich von dem andern hintergangen worden/ und so er solcher inhabilität des andern wissend gewest/ nicht würde den hey- rath einzugehen begehret haben/ die macht von solchem vermeinten ehe- gatten gesondert zuwerden/ und wiederum anderwertlich um nicht gefährliche brunst zu leyden sich zu verehelichen/ gegeben werden solle) ist dieses eineleh- re/ die bey unserer kirchen durch gehends erkant/ auch darauff allemal gespro- chen wird. Und ist hierinn kein unterscheid unter der impotenz des man-
nes
Das vierdte Capitel.
ich mich erinnere/ was bey Thuan. Lib. 41. p. 544. von einem beruͤhmten Fuͤrſten geleſen: Ipſum tam in exhauſti ad venereos vſus ſucci fuiſſe, ut, cum vxore ſola uteretur, & illa toties eum admittere non poſſet, vir aliqui caſtus, quique vagis libidinibus minimè oblectabatur, ex ejus permiſſu ne- gotio cum paſtoribus communicato concubinam unam ſuperinduxerir, cu- jus conſvetudine ardore aliquantum perdomito parcius ac moderatius cum uxore verſaretur. Wo nun dergleichen ſolte ſeyn/ daß ſie zu dem ehe- lichen werck nicht untuͤchtig waͤre/ der mann aber ihr uͤber ihr vermoͤgen zu- muthete: wuͤrde gantz anders zu urtheilen ſeyn/ als vorausgeſetzt des ge- gentheils anitzo die ſache eroͤrtert wird. Jn deme hingegen dieſe vermu- thung aufgehoben zu werden/ und daß bey der frauen eine gaͤntzliche unge- ſchicklichkeit zu dem ehelichen werck ſich finde/ dadurch mich verſichert halte/ weil dem vorgeben mariti nach die conſummatio matrimonii durch eheliche beywohnung noch gar nie erfolget/ woraus zu erkennen/ daß ihr unvermoͤ- gen nicht nur dem immoderato, ſondern auch moderato & caſto conjugii u- ſui entgegen ſtehe.
II. Wo alſo dieſe des weibes inhabilitaͤt zu der ehelichen pflicht lei- ſtung bekant/ ſo folget ſo bald/ daß deßwegen dieſe ehe nicht guͤltig oder jemal eine wahre ehe geweſen/ deßwegen nicht an ein divortium oder eigenliche ehe- ſcheidung (die da ſtatt hat/ wo die ehe voꝛhin wahꝛhafftig und guͤltig geweſen) gedacht werden darff/ ſondern es beſtehet ſolche ſcheidung allein in der decla- ration des ehe richters/ daß die ehe allezeit null und nichtig geweſen. Wie der ſeelge Straßburgiſche Theologus D. Dannhauer. wol ſaget Hodoſ. Phæn. 2. p. 136. (94) declaratio ου᾽δενότητος in caſu inhabilitatis proprie non eſt di- vortium, cum privatio ſupponat habitum, nec dicitur ſeparari, quod nun- quam fuit conjugium. Die ſache ſelbſt belangend/ daß nemlich/ wo ſich bey ei- nem ehegatten vor der verheyrathung ein ſolches unvermoͤgen befunden/ deß- wegen es eheliche beywohnung zu leiſten nicht tuͤchtig/ auch ſolchem mangel natuͤrlicher weiſe nicht geholffen werden kan/ ſolche ehe vor nichtig geachtet werde/ (in deme der zweck des H. eheſtandes mit ſich bringet/ daß beyde ein fleiſch werden 1. Moſ. 2/ 24. Matth. 19/ 6. Und aber ſolches von ſey- ten der untuͤchtigen perſon mangelt: Weswegen auch dem geſunden theil/ auf ſein begehren/ weil er betruͤglich von dem andern hintergangen worden/ und ſo er ſolcher inhabilitaͤt des andern wiſſend geweſt/ nicht wuͤrde den hey- rath einzugehen begehret haben/ die macht von ſolchem vermeinten ehe- gatten geſondert zuwerden/ uñ wiederum anderwertlich um nicht gefaͤhrliche brunſt zu leyden ſich zu verehelichen/ gegeben werden ſolle) iſt dieſes eineleh- re/ die bey unſerer kirchen durch gehends erkant/ auch darauff allemal geſpro- chen wird. Und iſt hierinn kein unterſcheid unter der impotenz des man-
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Das vierdte Capitel.
ich mich erinnere/ was bey Thuan. Lib. 41. p. 544. von einem beruͤhmten
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cum vxore ſola uteretur, & illa toties eum admittere non poſſet, vir aliqui
caſtus, quique vagis libidinibus minimè oblectabatur, ex ejus permiſſu ne-
gotio cum paſtoribus communicato concubinam unam ſuperinduxerir, cu-
jus conſvetudine ardore aliquantum perdomito parcius ac moderatius
cum uxore verſaretur. Wo nun dergleichen ſolte ſeyn/ daß ſie zu dem ehe-
lichen werck nicht untuͤchtig waͤre/ der mann aber ihr uͤber ihr vermoͤgen zu-
muthete: wuͤrde gantz anders zu urtheilen ſeyn/ als vorausgeſetzt des ge-
gentheils anitzo die ſache eroͤrtert wird. Jn deme hingegen dieſe vermu-
thung aufgehoben zu werden/ und daß bey der frauen eine gaͤntzliche unge-
ſchicklichkeit zu dem ehelichen werck ſich finde/ dadurch mich verſichert halte/
weil dem vorgeben mariti nach die conſummatio matrimonii durch eheliche
beywohnung noch gar nie erfolget/ woraus zu erkennen/ daß ihr unvermoͤ-
gen nicht nur dem immoderato, ſondern auch moderato & caſto conjugii u-
ſui entgegen ſtehe.
II. Wo alſo dieſe des weibes inhabilitaͤt zu der ehelichen pflicht lei-
ſtung bekant/ ſo folget ſo bald/ daß deßwegen dieſe ehe nicht guͤltig oder jemal
eine wahre ehe geweſen/ deßwegen nicht an ein divortium oder eigenliche ehe-
ſcheidung (die da ſtatt hat/ wo die ehe voꝛhin wahꝛhafftig und guͤltig geweſen)
gedacht werden darff/ ſondern es beſtehet ſolche ſcheidung allein in der decla-
ration des ehe richters/ daß die ehe allezeit null und nichtig geweſen. Wie der
ſeelge Straßburgiſche Theologus D. Dannhauer. wol ſaget Hodoſ. Phæn. 2.
p. 136. (94) declaratio ου᾽δενότητος in caſu inhabilitatis proprie non eſt di-
vortium, cum privatio ſupponat habitum, nec dicitur ſeparari, quod nun-
quam fuit conjugium. Die ſache ſelbſt belangend/ daß nemlich/ wo ſich bey ei-
nem ehegatten vor der verheyrathung ein ſolches unvermoͤgen befunden/ deß-
wegen es eheliche beywohnung zu leiſten nicht tuͤchtig/ auch ſolchem mangel
natuͤrlicher weiſe nicht geholffen werden kan/ ſolche ehe vor nichtig geachtet
werde/ (in deme der zweck des H. eheſtandes mit ſich bringet/ daß beyde
ein fleiſch werden 1. Moſ. 2/ 24. Matth. 19/ 6. Und aber ſolches von ſey-
ten der untuͤchtigen perſon mangelt: Weswegen auch dem geſunden theil/
auf ſein begehren/ weil er betruͤglich von dem andern hintergangen worden/
und ſo er ſolcher inhabilitaͤt des andern wiſſend geweſt/ nicht wuͤrde den hey-
rath einzugehen begehret haben/ die macht von ſolchem vermeinten ehe-
gatten geſondert zuwerden/ uñ wiederum anderwertlich um nicht gefaͤhrliche
brunſt zu leyden ſich zu verehelichen/ gegeben werden ſolle) iſt dieſes eineleh-
re/ die bey unſerer kirchen durch gehends erkant/ auch darauff allemal geſpro-
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/628>, abgerufen am 21.11.2024.
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