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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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SECTIO XVI.
te gegründet werden/ einstheils zwahr auff die gefolgte discussion der
sache/ da/ wie ich aus der relation ersehe/ Livia von Sulpitio gerichtlich
loßgesprochen/ also daß auch diesem die macht wieder zu heyrathen ver-
boten wurde. Womit die sache in foro exteriori ausgemacht/ doch ge-
stehe gern/ daß ich auff diesem fundament nicht allein genug zu beruhen
weiß: indem mir nicht vollkommen wissend/ auff was weise solche loßzeh-
lung geschehen/ und aus was ursache also gesprochen worden: daher an-
dern theils diese ursach nur vornemlich die sache ausmachet/ daß Sulpiti-
us
wieder geheyrathet/ damit also das eheliche band abermal zerrissen
worden.

Q. 6. Ob Livia nach Sulpitii anderwärtigem heyrathen auch
macht gehabt/ sich zu verheyrathen?

HJerauff finde ich/ daß eben/ als oben q. 3. mit nein zu antworten seye/
ob zwahr ein richterlicher ausspruch geschehen/ wird doch solches nicht
also beschrieben/ daß ihr die macht des heyrathens dadurch zugestanden
worden; vielmehr scheinet es allein dahin gegangen zu seyn/ daß Livia von
Sulpitio zur ungebühr persvadiret worden/ die doch wegen des lebens des vo-
rigen Verris nach den principiis der Römischen kirchen nicht heyrathen kon-
te/ darüber solcher verspruch rescindiret worden/ aber ohne gebende erlaub-
nüß zu heyrathen/ vielmehr implicite, daß ihr dieses verboten worden. Und
solches ex hypothesi ihrer religion/ und so lang sie dabey war. Von dersel-
ben aber abzugehen/ und die sache wie sie in der wahrheit ist anzusehen/ ha-
ben wir erkant/ daß deren ehe mit Sulpitio gültig gewesen: Ob sie nun schon
von diesem durch die folgende ehe gebrochen worden; war gleichwol Livia
an solchem bruch durch ihre desertion selbs ursach/ und bleibt ihr also zu
rechtmäßiger straffe ihrer leichtsinnigkeit das beneficium wieder zu heyra-
then billich versaget.

Q. 7. Ob Liviae gefolgter heyrath mit Silano rechtmäßig und
gültig?

WJe diese frage/ gleichwie die vierdte/ doppelt ist/ also antworten wir
auff derselben ersten theil mit nein/ aus eben dem fundament, weil Li-
via
die macht nicht gehabt zu heyrathen/ wie wir q. 6. gesehen/ so viel mehr
weil ihre damalige Römische religion dergleichen schlechterdings verboten:
zugeschweigen/ daß solche ehe noch dazu mit leichtfertigkeit angefangen/ und
ferner an denjenigen gesucht worden/ welcher selbs nicht seiner mächtig/ son-
dern einer andern mit eydlichem verspruch zugethan gewesen: dazu noch
kommt/ daß sie mit betrüglicher verschweigung (abermal wider ihre religi-

ons
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SECTIO XVI.
te gegruͤndet werden/ einstheils zwahr auff die gefolgte discuſſion der
ſache/ da/ wie ich aus der relation erſehe/ Livia von Sulpitio gerichtlich
loßgeſprochen/ alſo daß auch dieſem die macht wieder zu heyrathen ver-
boten wurde. Womit die ſache in foro exteriori ausgemacht/ doch ge-
ſtehe gern/ daß ich auff dieſem fundament nicht allein genug zu beruhen
weiß: indem mir nicht vollkommen wiſſend/ auff was weiſe ſolche loßzeh-
lung geſchehen/ und aus was urſache alſo geſprochen worden: daher an-
dern theils dieſe urſach nur vornemlich die ſache ausmachet/ daß Sulpiti-
us
wieder geheyrathet/ damit alſo das eheliche band abermal zerriſſen
worden.

Q. 6. Ob Livia nach Sulpitii anderwaͤrtigem heyrathen auch
macht gehabt/ ſich zu verheyrathen?

HJerauff finde ich/ daß eben/ als oben q. 3. mit nein zu antworten ſeye/
ob zwahr ein richterlicher ausſpruch geſchehen/ wird doch ſolches nicht
alſo beſchrieben/ daß ihr die macht des heyrathens dadurch zugeſtanden
worden; vielmehr ſcheinet es allein dahin gegangen zu ſeyn/ daß Livia von
Sulpitio zur ungebuͤhr perſvadiret woꝛden/ die doch wegen des lebens des vo-
rigen Verris nach den principiis der Roͤmiſchen kirchen nicht heyrathen kon-
te/ daruͤber ſolcher verſpruch reſcindiret worden/ aber ohne gebende erlaub-
nuͤß zu heyrathen/ vielmehr implicite, daß ihr dieſes verboten worden. Und
ſolches ex hypotheſi ihrer religion/ und ſo lang ſie dabey war. Von derſel-
ben aber abzugehen/ und die ſache wie ſie in der wahrheit iſt anzuſehen/ ha-
ben wir erkant/ daß deren ehe mit Sulpitio guͤltig geweſen: Ob ſie nun ſchon
von dieſem durch die folgende ehe gebrochen worden; war gleichwol Livia
an ſolchem bruch durch ihre deſertion ſelbs urſach/ und bleibt ihr alſo zu
rechtmaͤßiger ſtraffe ihrer leichtſinnigkeit das beneficium wieder zu heyra-
then billich verſaget.

Q. 7. Ob Liviæ gefolgter heyrath mit Silano rechtmaͤßig und
guͤltig?

WJe dieſe frage/ gleichwie die vierdte/ doppelt iſt/ alſo antworten wir
auff derſelben erſten theil mit nein/ aus eben dem fundament, weil Li-
via
die macht nicht gehabt zu heyrathen/ wie wir q. 6. geſehen/ ſo viel mehr
weil ihre damalige Roͤmiſche religion dergleichen ſchlechterdings verboten:
zugeſchweigen/ daß ſolche ehe noch dazu mit leichtfertigkeit angefangen/ und
ferner an denjenigen geſucht worden/ welcher ſelbs nicht ſeiner maͤchtig/ ſon-
dern einer andern mit eydlichem verſpruch zugethan geweſen: dazu noch
kommt/ daß ſie mit betruͤglicher verſchweigung (abermal wider ihre religi-

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[609/0617] SECTIO XVI. te gegruͤndet werden/ einstheils zwahr auff die gefolgte discuſſion der ſache/ da/ wie ich aus der relation erſehe/ Livia von Sulpitio gerichtlich loßgeſprochen/ alſo daß auch dieſem die macht wieder zu heyrathen ver- boten wurde. Womit die ſache in foro exteriori ausgemacht/ doch ge- ſtehe gern/ daß ich auff dieſem fundament nicht allein genug zu beruhen weiß: indem mir nicht vollkommen wiſſend/ auff was weiſe ſolche loßzeh- lung geſchehen/ und aus was urſache alſo geſprochen worden: daher an- dern theils dieſe urſach nur vornemlich die ſache ausmachet/ daß Sulpiti- us wieder geheyrathet/ damit alſo das eheliche band abermal zerriſſen worden. Q. 6. Ob Livia nach Sulpitii anderwaͤrtigem heyrathen auch macht gehabt/ ſich zu verheyrathen? HJerauff finde ich/ daß eben/ als oben q. 3. mit nein zu antworten ſeye/ ob zwahr ein richterlicher ausſpruch geſchehen/ wird doch ſolches nicht alſo beſchrieben/ daß ihr die macht des heyrathens dadurch zugeſtanden worden; vielmehr ſcheinet es allein dahin gegangen zu ſeyn/ daß Livia von Sulpitio zur ungebuͤhr perſvadiret woꝛden/ die doch wegen des lebens des vo- rigen Verris nach den principiis der Roͤmiſchen kirchen nicht heyrathen kon- te/ daruͤber ſolcher verſpruch reſcindiret worden/ aber ohne gebende erlaub- nuͤß zu heyrathen/ vielmehr implicite, daß ihr dieſes verboten worden. Und ſolches ex hypotheſi ihrer religion/ und ſo lang ſie dabey war. Von derſel- ben aber abzugehen/ und die ſache wie ſie in der wahrheit iſt anzuſehen/ ha- ben wir erkant/ daß deren ehe mit Sulpitio guͤltig geweſen: Ob ſie nun ſchon von dieſem durch die folgende ehe gebrochen worden; war gleichwol Livia an ſolchem bruch durch ihre deſertion ſelbs urſach/ und bleibt ihr alſo zu rechtmaͤßiger ſtraffe ihrer leichtſinnigkeit das beneficium wieder zu heyra- then billich verſaget. Q. 7. Ob Liviæ gefolgter heyrath mit Silano rechtmaͤßig und guͤltig? WJe dieſe frage/ gleichwie die vierdte/ doppelt iſt/ alſo antworten wir auff derſelben erſten theil mit nein/ aus eben dem fundament, weil Li- via die macht nicht gehabt zu heyrathen/ wie wir q. 6. geſehen/ ſo viel mehr weil ihre damalige Roͤmiſche religion dergleichen ſchlechterdings verboten: zugeſchweigen/ daß ſolche ehe noch dazu mit leichtfertigkeit angefangen/ und ferner an denjenigen geſucht worden/ welcher ſelbs nicht ſeiner maͤchtig/ ſon- dern einer andern mit eydlichem verſpruch zugethan geweſen: dazu noch kommt/ daß ſie mit betruͤglicher verſchweigung (abermal wider ihre religi- ons H h h h

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/617>, abgerufen am 23.11.2024.