Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

SECTIO XV.
unter vieleu leuten; auch die wache der heiligen Engel verdoppele/ wo die gefahr
grösser ist; des wald-lebens bequemlichkeit/ da ob sie ihrer melancholischen
einbildung nach der leiblichen erscheinung des teuffels sich ohnnöthig besor-
ge/ und dagegen mit glaubigem gebet zu verwahren habe/ sie bekantlich/ so
vielweniger teuffel/ die bey vielen leuten geschäfftiger zu seyn pflegen (wie
an den lastern) die solcher orten im schwange gehen/ von vielen geitz-pracht-
zanck-neid-lügen-etc. teuffeln zu sehen/ so unsichtbahr unter dem grössesten
hauffen der menschen sich finden) um sich haben/ und allerhand ärgernüsses
und verführung sicher seyn werde; so dann den trost ihres beruffs/ daß/ da
sie ordentlich Titio gegeben und göttlichen finger darinn erkennen müsse/ je-
ner aber auch von Gott zu dergleichen leben gesetzet/ sie sich gewiß versichern
könne/ GOtt habe sie nicht zu ihrem schaden und gefahr beruffen/ sondern wo
sie in solchem beruff in gefahr gerathen oder zu gerathen vermeine/ vermöge
er sie eins so wol als anders orts kräfftig zu erhalten/ und zu beschirmen; und
weil sie zu schuldigem gehorsam seiner ordnung sich darzu bequeme/ werde
ers auch gewißlich thun. Dieses möchten ohngefehr die vornehmsten trost-
gründe seyn/ damit sie zu verwahren/ und dieselbe ihr aus göttlicher schrifft
mit mehrerem auszuführen; nebst fleißiger vermahnung zum gebet/ gottseli-
gem wandel und verhütung aller vorsetzlichen verletzung des gewissens/ da-
durch dem teuffel neue macht gegeben werde. Titio wäre auch zuzusprechen/
fleißig acht auf sie zu geben/ sie freundlich und sanfftmüthig zu beleben/ daß
die melancholie nicht vermehret werde/ oder wiederkomme/ ihr fleißig zuzu-
sprechen/ und insgesamt vernünfftig allerhand gefahr abzuwenden.

Der gnädige GOTT führe auch diese sache also aus/ daß seine ehre
dadurch gepriesen/ und der beyden personen heil befordert/ allerhand ärger-
nüß und gefahr aber verhütet werde. 1673.

SECTIO XVI.
Uber einen casum, da von einer weibs-person
drey ehemänner noch im leben waren.

DEn übersandten casum habe ich ablesend mit mehrerm verstanden/
auch was Silani gewisses anligen sey/ daraus ersehen/ aber füglicher
gefunden/ die vorgelegte fragen/ theils anders zu disponiren/ theils
in mehrere abzutheilen. Und ist nach reifflicher erwegung/ forderst aber
hertzlicher anruffung GOttes/ um sein liecht und gnade/ meine einfältige er-
klährung solcher fragen/ wie folget.

1. Was
G g g g

SECTIO XV.
unter vieleu leutẽ; auch die wache der heiligen Engel verdoppele/ wo die gefahr
groͤſſer iſt; des wald-lebens bequemlichkeit/ da ob ſie ihrer melancholiſchen
einbildung nach der leiblichen erſcheinung des teuffels ſich ohnnoͤthig beſor-
ge/ und dagegen mit glaubigem gebet zu verwahren habe/ ſie bekantlich/ ſo
vielweniger teuffel/ die bey vielen leuten geſchaͤfftiger zu ſeyn pflegen (wie
an den laſtern) die ſolcher orten im ſchwange gehen/ von vielen geitz-pracht-
zanck-neid-luͤgen-ꝛc. teuffeln zu ſehen/ ſo unſichtbahr unter dem groͤſſeſten
hauffen der menſchen ſich finden) um ſich haben/ und allerhand aͤrgernuͤſſes
und verfuͤhrung ſicher ſeyn werde; ſo dann den troſt ihres beruffs/ daß/ da
ſie ordentlich Titio gegeben und goͤttlichen finger darinn erkennen muͤſſe/ je-
ner aber auch von Gott zu dergleichen leben geſetzet/ ſie ſich gewiß verſichern
koͤnne/ GOtt habe ſie nicht zu ihrem ſchaden und gefahr beruffen/ ſondern wo
ſie in ſolchem beruff in gefahr gerathen oder zu gerathen vermeine/ vermoͤge
er ſie eins ſo wol als anders orts kraͤfftig zu erhalten/ und zu beſchirmen; und
weil ſie zu ſchuldigem gehorſam ſeiner ordnung ſich darzu bequeme/ werde
ers auch gewißlich thun. Dieſes moͤchten ohngefehr die vornehmſten troſt-
gruͤnde ſeyn/ damit ſie zu verwahren/ und dieſelbe ihr aus goͤttlicher ſchrifft
mit mehrerem auszufuͤhren; nebſt fleißiger vermahnung zum gebet/ gottſeli-
gem wandel und verhuͤtung aller vorſetzlichen verletzung des gewiſſens/ da-
durch dem teuffel neue macht gegeben werde. Titio waͤre auch zuzuſprechen/
fleißig acht auf ſie zu geben/ ſie freundlich und ſanfftmuͤthig zu beleben/ daß
die melancholie nicht vermehret werde/ oder wiederkomme/ ihr fleißig zuzu-
ſprechen/ und insgeſamt vernuͤnfftig allerhand gefahr abzuwenden.

Der gnaͤdige GOTT fuͤhre auch dieſe ſache alſo aus/ daß ſeine ehre
dadurch geprieſen/ und der beyden perſonen heil befordert/ allerhand aͤrger-
nuͤß und gefahr aber verhuͤtet werde. 1673.

SECTIO XVI.
Uber einen caſum, da von einer weibs-perſon
drey ehemaͤnner noch im leben waren.

DEn uͤberſandten caſum habe ich ableſend mit mehrerm verſtanden/
auch was Silani gewiſſes anligen ſey/ daraus erſehen/ aber fuͤglicher
gefunden/ die vorgelegte fragen/ theils anders zu diſponiren/ theils
in mehrere abzutheilen. Und iſt nach reifflicher erwegung/ forderſt aber
hertzlicher anruffung GOttes/ um ſein liecht und gnade/ meine einfaͤltige er-
klaͤhrung ſolcher fragen/ wie folget.

1. Was
G g g g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0609" n="601"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XV.</hi></hi></fw><lb/>
unter vieleu leute&#x0303;; auch die wache der heiligen Engel verdoppele/ wo die gefahr<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t; des wald-lebens bequemlichkeit/ da ob &#x017F;ie ihrer melancholi&#x017F;chen<lb/>
einbildung nach der leiblichen er&#x017F;cheinung des teuffels &#x017F;ich ohnno&#x0364;thig be&#x017F;or-<lb/>
ge/ und dagegen mit glaubigem gebet zu verwahren habe/ &#x017F;ie bekantlich/ &#x017F;o<lb/>
vielweniger teuffel/ die bey vielen leuten ge&#x017F;cha&#x0364;fftiger zu &#x017F;eyn pflegen (wie<lb/>
an den la&#x017F;tern) die &#x017F;olcher orten im &#x017F;chwange gehen/ von vielen geitz-pracht-<lb/>
zanck-neid-lu&#x0364;gen-&#xA75B;c. teuffeln zu &#x017F;ehen/ &#x017F;o un&#x017F;ichtbahr unter dem gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten<lb/>
hauffen der men&#x017F;chen &#x017F;ich finden) um &#x017F;ich haben/ und allerhand a&#x0364;rgernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;es<lb/>
und verfu&#x0364;hrung &#x017F;icher &#x017F;eyn werde; &#x017F;o dann den tro&#x017F;t ihres beruffs/ daß/ da<lb/>
&#x017F;ie ordentlich <hi rendition="#aq">Titio</hi> gegeben und go&#x0364;ttlichen finger darinn erkennen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ je-<lb/>
ner aber auch von Gott zu dergleichen leben ge&#x017F;etzet/ &#x017F;ie &#x017F;ich gewiß ver&#x017F;ichern<lb/>
ko&#x0364;nne/ GOtt habe &#x017F;ie nicht zu ihrem &#x017F;chaden und gefahr beruffen/ &#x017F;ondern wo<lb/>
&#x017F;ie in &#x017F;olchem beruff in gefahr gerathen oder zu gerathen vermeine/ vermo&#x0364;ge<lb/>
er &#x017F;ie eins &#x017F;o wol als anders orts kra&#x0364;fftig zu erhalten/ und zu be&#x017F;chirmen; und<lb/>
weil &#x017F;ie zu &#x017F;chuldigem gehor&#x017F;am &#x017F;einer ordnung &#x017F;ich darzu bequeme/ werde<lb/>
ers auch gewißlich thun. Die&#x017F;es mo&#x0364;chten ohngefehr die vornehm&#x017F;ten tro&#x017F;t-<lb/>
gru&#x0364;nde &#x017F;eyn/ damit &#x017F;ie zu verwahren/ und die&#x017F;elbe ihr aus go&#x0364;ttlicher &#x017F;chrifft<lb/>
mit mehrerem auszufu&#x0364;hren; neb&#x017F;t fleißiger vermahnung zum gebet/ gott&#x017F;eli-<lb/>
gem wandel und verhu&#x0364;tung aller vor&#x017F;etzlichen verletzung des gewi&#x017F;&#x017F;ens/ da-<lb/>
durch dem teuffel neue macht gegeben werde. <hi rendition="#aq">Titio</hi> wa&#x0364;re auch zuzu&#x017F;prechen/<lb/>
fleißig acht auf &#x017F;ie zu geben/ &#x017F;ie freundlich und &#x017F;anfftmu&#x0364;thig zu beleben/ daß<lb/>
die melancholie nicht vermehret werde/ oder wiederkomme/ ihr fleißig zuzu-<lb/>
&#x017F;prechen/ und insge&#x017F;amt vernu&#x0364;nfftig allerhand gefahr abzuwenden.</p><lb/>
          <p>Der gna&#x0364;dige GOTT fu&#x0364;hre auch die&#x017F;e &#x017F;ache al&#x017F;o aus/ daß &#x017F;eine ehre<lb/>
dadurch geprie&#x017F;en/ und der beyden per&#x017F;onen heil befordert/ allerhand a&#x0364;rger-<lb/>
nu&#x0364;ß und gefahr aber verhu&#x0364;tet werde. 1673.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XVI.</hi><lb/>
Uber einen <hi rendition="#aq">ca&#x017F;um,</hi> da von einer weibs-per&#x017F;on<lb/>
drey ehema&#x0364;nner noch im leben waren.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>En u&#x0364;ber&#x017F;andten <hi rendition="#aq">ca&#x017F;um</hi> habe ich able&#x017F;end mit mehrerm ver&#x017F;tanden/<lb/>
auch was <hi rendition="#aq">Silani</hi> gewi&#x017F;&#x017F;es anligen &#x017F;ey/ daraus er&#x017F;ehen/ aber fu&#x0364;glicher<lb/>
gefunden/ die vorgelegte fragen/ theils anders zu <hi rendition="#aq">di&#x017F;poni</hi>ren/ theils<lb/>
in mehrere abzutheilen. Und i&#x017F;t nach reifflicher erwegung/ forder&#x017F;t aber<lb/>
hertzlicher anruffung GOttes/ um &#x017F;ein liecht und gnade/ meine einfa&#x0364;ltige er-<lb/>
kla&#x0364;hrung &#x017F;olcher fragen/ wie folget.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">G g g g</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">1. Was</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[601/0609] SECTIO XV. unter vieleu leutẽ; auch die wache der heiligen Engel verdoppele/ wo die gefahr groͤſſer iſt; des wald-lebens bequemlichkeit/ da ob ſie ihrer melancholiſchen einbildung nach der leiblichen erſcheinung des teuffels ſich ohnnoͤthig beſor- ge/ und dagegen mit glaubigem gebet zu verwahren habe/ ſie bekantlich/ ſo vielweniger teuffel/ die bey vielen leuten geſchaͤfftiger zu ſeyn pflegen (wie an den laſtern) die ſolcher orten im ſchwange gehen/ von vielen geitz-pracht- zanck-neid-luͤgen-ꝛc. teuffeln zu ſehen/ ſo unſichtbahr unter dem groͤſſeſten hauffen der menſchen ſich finden) um ſich haben/ und allerhand aͤrgernuͤſſes und verfuͤhrung ſicher ſeyn werde; ſo dann den troſt ihres beruffs/ daß/ da ſie ordentlich Titio gegeben und goͤttlichen finger darinn erkennen muͤſſe/ je- ner aber auch von Gott zu dergleichen leben geſetzet/ ſie ſich gewiß verſichern koͤnne/ GOtt habe ſie nicht zu ihrem ſchaden und gefahr beruffen/ ſondern wo ſie in ſolchem beruff in gefahr gerathen oder zu gerathen vermeine/ vermoͤge er ſie eins ſo wol als anders orts kraͤfftig zu erhalten/ und zu beſchirmen; und weil ſie zu ſchuldigem gehorſam ſeiner ordnung ſich darzu bequeme/ werde ers auch gewißlich thun. Dieſes moͤchten ohngefehr die vornehmſten troſt- gruͤnde ſeyn/ damit ſie zu verwahren/ und dieſelbe ihr aus goͤttlicher ſchrifft mit mehrerem auszufuͤhren; nebſt fleißiger vermahnung zum gebet/ gottſeli- gem wandel und verhuͤtung aller vorſetzlichen verletzung des gewiſſens/ da- durch dem teuffel neue macht gegeben werde. Titio waͤre auch zuzuſprechen/ fleißig acht auf ſie zu geben/ ſie freundlich und ſanfftmuͤthig zu beleben/ daß die melancholie nicht vermehret werde/ oder wiederkomme/ ihr fleißig zuzu- ſprechen/ und insgeſamt vernuͤnfftig allerhand gefahr abzuwenden. Der gnaͤdige GOTT fuͤhre auch dieſe ſache alſo aus/ daß ſeine ehre dadurch geprieſen/ und der beyden perſonen heil befordert/ allerhand aͤrger- nuͤß und gefahr aber verhuͤtet werde. 1673. SECTIO XVI. Uber einen caſum, da von einer weibs-perſon drey ehemaͤnner noch im leben waren. DEn uͤberſandten caſum habe ich ableſend mit mehrerm verſtanden/ auch was Silani gewiſſes anligen ſey/ daraus erſehen/ aber fuͤglicher gefunden/ die vorgelegte fragen/ theils anders zu diſponiren/ theils in mehrere abzutheilen. Und iſt nach reifflicher erwegung/ forderſt aber hertzlicher anruffung GOttes/ um ſein liecht und gnade/ meine einfaͤltige er- klaͤhrung ſolcher fragen/ wie folget. 1. Was G g g g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/609
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/609>, abgerufen am 23.11.2024.