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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. III. SECTIO XVI.
also mag auch Sempronio zu statten kommen/ daß wo jene summa vor das
verdiente solte zu starck gewesen seyn/ ein theil desselben für eine besoldung
auff das künfftige zu nehmen gewesen/ die er also wol geniessen können/ ob die
sache wol nicht erfordert hat/ viele mühe deßwegen anzuwenden/ dazu er
gleichwol gefast hätte seyn müssen.

3. Ob nun wol nach jetzt angeführtem Sempronius das gereichte titulo
non injusto
hat/ so bleiben gleichwol noch einige wichtige bedencken dabey:
1. daß gleichwol das erste pactum vitiosum und sündlich gewesen. 2. Jn dem
vergleich zwahr nachmals der terminus donationis remuneratoriae gesetzt
worden/ aber von Sempronio solches möchte scheinen allein deßwegen/ sich von
dem in jure verbotenen pacto mit solchem andern nahmen loßzumachen/ ge-
ändert seyn zu werden. Da 3. indessen in der that das vorige pactum de quo-
ta litis reipsa
noch darinnen gestecket/ ob es wol vor der welt einen andern ti-
tul
bekommen/ welches sonderlich die summa 1333. fl. so die sextam partem
der erhaltenen summe ausmachet/ anzeigen möchte/ da vorher der fünffte
theil wird accordirt seyn worden/ endlich ists auff den siebenden kommen:
also ist allezeit noch eine reflexion gleichsam auff eine quotam gemacht/ dero
quantum zwahr immer verringert/ die natur aber des ersten pacti vitiosi in
gewisser maaß behalten worden: welches gleichwol dem gewissen einigen
scrupul machen kan. Dazu 4. kommt/ daß als Sempronius von GOtt son-
sten angegriffen/ und seines gewissens/ wie es um solche zeit zu geschehen pfle-
get/ erinnert worden/ dieses so bald auff diese eine gute zeit vorher vorgegan-
gene sache gefallen ist: daraus abzunehmen/ daß entweder dasselbe bereits
als die sache vorgegangen/ einige erinnerung gethan haben werde/ und wi-
der dessen warnung die sache geschehen wäre: oder sehe ich dergleichen rüh-
rung über dinge/ die eine zimliche weile vorhergegangen sind/ insgemein
nicht vergebens zu geschehen an/ sondern erkenne darinne lieber einen finger
GOttes/ so uns das verborgene unsers hertzens zu unserm besten vorstellet.
5. Wo auch das quantum selbs angesehen wird/ verstehe ich mich nicht dar-
auff/ wie nach gerechtigkeit und billigkeit die advocaten-gebühren zu aestimi-
ren seyen/ und also wie fern die summa der 1000. fl. dasjenige/ was sonsten
gebräuchlich/ übertreffe oder nicht. Jch erinnere mich aber allezeit billich
der allgemeinen regel unsers Christenthums/ und der darinnen gebotenen
liebe/ daß niemand seine arbeit zu hoch anschlagen oder sich bezahlt machen
solle/ indem sonsten/ ob er wol eusserlich ein solches justo titulo und ohne vor-
wurff hat/ dannoch das gewissen vor GOtt damit nicht beruhiget ist: nach-
dem die uns allen angebotene regel/ daß wir dem nechsten dasjenige schuldig
seyen/ was wir von demselben auch uns verlangen/ so bald weiset/ daß jeder
von dem nechsten verlange/ ihm seine arbeit nicht zu hoch anzuschreiben/ son-

dern
A a a 2

ARTIC. III. SECTIO XVI.
alſo mag auch Sempronio zu ſtatten kommen/ daß wo jene ſumma vor das
verdiente ſolte zu ſtarck geweſen ſeyn/ ein theil deſſelben fuͤr eine beſoldung
auff das kuͤnfftige zu nehmen geweſen/ die er alſo wol genieſſen koͤnnen/ ob die
ſache wol nicht erfordert hat/ viele muͤhe deßwegen anzuwenden/ dazu er
gleichwol gefaſt haͤtte ſeyn muͤſſen.

3. Ob nun wol nach jetzt angefuͤhrtem Sempronius das gereichte titulo
non injuſto
hat/ ſo bleiben gleichwol noch einige wichtige bedencken dabey:
1. daß gleichwol das erſte pactum vitioſum und ſuͤndlich geweſen. 2. Jn dem
vergleich zwahr nachmals der terminus donationis remuneratoriæ geſetzt
worden/ abeꝛ von Sempronio ſolches moͤchte ſcheinen allein deßwegen/ ſich von
dem in jure verbotenen pacto mit ſolchem andern nahmen loßzumachen/ ge-
aͤndert ſeyn zu werden. Da 3. indeſſen in der that das vorige pactum de quo-
ta litis reipſa
noch darinnen geſtecket/ ob es wol vor der welt einen andern ti-
tul
bekommen/ welches ſonderlich die ſumma 1333. fl. ſo die ſextam partem
der erhaltenen ſumme ausmachet/ anzeigen moͤchte/ da vorher der fuͤnffte
theil wird accordirt ſeyn worden/ endlich iſts auff den ſiebenden kommen:
alſo iſt allezeit noch eine reflexion gleichſam auff eine quotam gemacht/ dero
quantum zwahr immer verringert/ die natur aber des erſten pacti vitioſi in
gewiſſer maaß behalten worden: welches gleichwol dem gewiſſen einigen
ſcrupul machen kan. Dazu 4. kommt/ daß als Sempronius von GOtt ſon-
ſten angegriffen/ und ſeines gewiſſens/ wie es um ſolche zeit zu geſchehen pfle-
get/ erinnert worden/ dieſes ſo bald auff dieſe eine gute zeit vorher vorgegan-
gene ſache gefallen iſt: daraus abzunehmen/ daß entweder daſſelbe bereits
als die ſache vorgegangen/ einige erinnerung gethan haben werde/ und wi-
der deſſen warnung die ſache geſchehen waͤre: oder ſehe ich dergleichen ruͤh-
rung uͤber dinge/ die eine zimliche weile vorhergegangen ſind/ insgemein
nicht vergebens zu geſchehen an/ ſondern erkenne darinne lieber einen finger
GOttes/ ſo uns das verborgene unſers hertzens zu unſerm beſten vorſtellet.
5. Wo auch das quantum ſelbs angeſehen wird/ verſtehe ich mich nicht dar-
auff/ wie nach gerechtigkeit und billigkeit die advocaten-gebuͤhren zu æſtimi-
ren ſeyen/ und alſo wie fern die ſumma der 1000. fl. dasjenige/ was ſonſten
gebraͤuchlich/ uͤbertreffe oder nicht. Jch erinnere mich aber allezeit billich
der allgemeinen regel unſers Chriſtenthums/ und der darinnen gebotenen
liebe/ daß niemand ſeine arbeit zu hoch anſchlagen oder ſich bezahlt machen
ſolle/ indem ſonſten/ ob er wol euſſerlich ein ſolches juſto titulo und ohne vor-
wurff hat/ dannoch das gewiſſen vor GOtt damit nicht beruhiget iſt: nach-
dem die uns allen angebotene regel/ daß wir dem nechſten dasjenige ſchuldig
ſeyen/ was wir von demſelben auch uns verlangen/ ſo bald weiſet/ daß jeder
von dem nechſten verlange/ ihm ſeine arbeit nicht zu hoch anzuſchreiben/ ſon-

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[371/0379] ARTIC. III. SECTIO XVI. alſo mag auch Sempronio zu ſtatten kommen/ daß wo jene ſumma vor das verdiente ſolte zu ſtarck geweſen ſeyn/ ein theil deſſelben fuͤr eine beſoldung auff das kuͤnfftige zu nehmen geweſen/ die er alſo wol genieſſen koͤnnen/ ob die ſache wol nicht erfordert hat/ viele muͤhe deßwegen anzuwenden/ dazu er gleichwol gefaſt haͤtte ſeyn muͤſſen. 3. Ob nun wol nach jetzt angefuͤhrtem Sempronius das gereichte titulo non injuſto hat/ ſo bleiben gleichwol noch einige wichtige bedencken dabey: 1. daß gleichwol das erſte pactum vitioſum und ſuͤndlich geweſen. 2. Jn dem vergleich zwahr nachmals der terminus donationis remuneratoriæ geſetzt worden/ abeꝛ von Sempronio ſolches moͤchte ſcheinen allein deßwegen/ ſich von dem in jure verbotenen pacto mit ſolchem andern nahmen loßzumachen/ ge- aͤndert ſeyn zu werden. Da 3. indeſſen in der that das vorige pactum de quo- ta litis reipſa noch darinnen geſtecket/ ob es wol vor der welt einen andern ti- tul bekommen/ welches ſonderlich die ſumma 1333. fl. ſo die ſextam partem der erhaltenen ſumme ausmachet/ anzeigen moͤchte/ da vorher der fuͤnffte theil wird accordirt ſeyn worden/ endlich iſts auff den ſiebenden kommen: alſo iſt allezeit noch eine reflexion gleichſam auff eine quotam gemacht/ dero quantum zwahr immer verringert/ die natur aber des erſten pacti vitioſi in gewiſſer maaß behalten worden: welches gleichwol dem gewiſſen einigen ſcrupul machen kan. Dazu 4. kommt/ daß als Sempronius von GOtt ſon- ſten angegriffen/ und ſeines gewiſſens/ wie es um ſolche zeit zu geſchehen pfle- get/ erinnert worden/ dieſes ſo bald auff dieſe eine gute zeit vorher vorgegan- gene ſache gefallen iſt: daraus abzunehmen/ daß entweder daſſelbe bereits als die ſache vorgegangen/ einige erinnerung gethan haben werde/ und wi- der deſſen warnung die ſache geſchehen waͤre: oder ſehe ich dergleichen ruͤh- rung uͤber dinge/ die eine zimliche weile vorhergegangen ſind/ insgemein nicht vergebens zu geſchehen an/ ſondern erkenne darinne lieber einen finger GOttes/ ſo uns das verborgene unſers hertzens zu unſerm beſten vorſtellet. 5. Wo auch das quantum ſelbs angeſehen wird/ verſtehe ich mich nicht dar- auff/ wie nach gerechtigkeit und billigkeit die advocaten-gebuͤhren zu æſtimi- ren ſeyen/ und alſo wie fern die ſumma der 1000. fl. dasjenige/ was ſonſten gebraͤuchlich/ uͤbertreffe oder nicht. Jch erinnere mich aber allezeit billich der allgemeinen regel unſers Chriſtenthums/ und der darinnen gebotenen liebe/ daß niemand ſeine arbeit zu hoch anſchlagen oder ſich bezahlt machen ſolle/ indem ſonſten/ ob er wol euſſerlich ein ſolches juſto titulo und ohne vor- wurff hat/ dannoch das gewiſſen vor GOtt damit nicht beruhiget iſt: nach- dem die uns allen angebotene regel/ daß wir dem nechſten dasjenige ſchuldig ſeyen/ was wir von demſelben auch uns verlangen/ ſo bald weiſet/ daß jeder von dem nechſten verlange/ ihm ſeine arbeit nicht zu hoch anzuſchreiben/ ſon- dern A a a 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/379>, abgerufen am 23.11.2024.