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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
silbern und güldenen kleinodien/ item mit spangen an stirn und arm-
ringe an die hände
beschencken lassen. Woraus sich abnehmen läst/ daß
solcherley tragen dem HErrn an sich selbs nicht eben zu wider seyn könne. Da-
her ich die wort der Apostel vielmehr allein dahin annehme/ nicht was Chri-
sten zu tragen erlaubt seyn solle/ wo einige andere weltliche ursachen es erfor-
dern (wie ich dann die gesamte kleider-trachten vor ein stück des weltlichen
wesens und reichs achte/ deme das Christenthum nicht entgegen ist/ sondern
nur desselben arten mit einigen regeln in gewissen schrancken behält/ daß wider
seine allgemeine pflichten nichts geschehe) sondern worinnen christliche wei-
ber ihren schmuck suchen sollen. Also ist einer solchen verboten/ daß sie in sil-
ber/ gold/ perlen/ edelgesteinen ihre zierde suche/ darinnen ihre hertzens freude
habe/ sich darinnen schön düncke zu seyn/ und darinnen prange/ als welche von
viel besserem wissen muß/ worinnen der wahre schmuck bestehe/ darinnen sie
GOTT gefalle/ dem aber zu gefallen ihre einige sorge seyn solle. Daher
setzet Petrus solchem eusserlichen schmuck entgegen den verborgenen men-
schen des hertzens/
daß also die meinung ist/ sie solten nichts vor ihren wah-
ren schmuck halten/ als diese innerliche zierde. Welcher innerliche mensche mensch
gleichwol auch nicht nur den güldenen kleinodien und köstlichem gewand/ son-
dern eben so wol allen kleidern entgegen gesetzt wird/ ohne die wir dannoch
weder seyn können/ noch der Apostel solches begehret: Daraus aber zu sehen/
daß nicht so wol die worte desselben dahin die absicht haben/ was man anha-
ben dörffe/ als nur worinnen man seine zierde suchen und erkennen solle. Wo
also jemand gold/ perlen und dergleichen träget aus innerlichem hochmuth/
gefället sich selbs darinnen/ und trachtet andern zu gefallen/ und was vor
fleischliche absichten dabey seyn mögen/ da wird wider der Apostel verbote ge-
sündigt/ und solches ist dem innern menschen entgegen/ und kan neben demsel-
ben nicht stehen. Wo aber der verborgene mensch des hertzens unverrückt
mit sanfftem und stillem geist sich findet/ und die person darinnen allein ihr
vergnügen suchet/ ob dann schon aus der weltlichen ordnung der stände und
solchen ursachen/ welche jenem nicht entgegen sind/ der eusserliche mensch in
einem dergleichen schmuck (so in seinen augen ihm selbs kein schmuck/ sondern
wie alle kleider selbs und dero nothwendigkeit eine last ist) einhergehet/ so
wird nichts wider der theuren Apostel meinung gethan/ sondern ist der zweck/
den sie allein in allem suchen/ erhalten. Wäre aber jemand/ welcher derglei-
chen nicht ohne anhängigkeit des hertzens tragen könte/ sondern bey sich füh-
lete/ wie sich sein hochmüthiges fleisch damit kützelte/ und sichs doch immer
wolgefallen liesse/ oder könte sein gewissen mit dieser erklährung der Apostoli-
schen meinung nicht beruhigen/ als welchem der eusserliche hall der wort/ und
wie sie bey dem ersten ansehen ohne tieffere untersuchung in den verstand fal-

len/

Das dritte Capitel.
ſilbern und guͤldenen kleinodien/ item mit ſpangen an ſtirn und arm-
ringe an die haͤnde
beſchencken laſſen. Woraus ſich abnehmen laͤſt/ daß
ſolcherley tragen dem HErrn an ſich ſelbs nicht eben zu wider ſeyn koͤnne. Da-
her ich die wort der Apoſtel vielmehr allein dahin annehme/ nicht was Chri-
ſten zu tragen erlaubt ſeyn ſolle/ wo einige andere weltliche urſachen es erfor-
dern (wie ich dann die geſamte kleider-trachten vor ein ſtuͤck des weltlichen
weſens und reichs achte/ deme das Chriſtenthum nicht entgegen iſt/ ſondern
nur deſſelben arten mit einigen regeln in gewiſſen ſchrancken behaͤlt/ daß wider
ſeine allgemeine pflichten nichts geſchehe) ſondern worinnen chriſtliche wei-
ber ihren ſchmuck ſuchen ſollen. Alſo iſt einer ſolchen verboten/ daß ſie in ſil-
ber/ gold/ perlen/ edelgeſteinen ihre zierde ſuche/ darinnen ihre hertzens freude
habe/ ſich darinnen ſchoͤn duͤncke zu ſeyn/ und darinnen prange/ als welche von
viel beſſerem wiſſen muß/ worinnen der wahre ſchmuck beſtehe/ darinnen ſie
GOTT gefalle/ dem aber zu gefallen ihre einige ſorge ſeyn ſolle. Daher
ſetzet Petrus ſolchem euſſerlichen ſchmuck entgegen den verborgenen men-
ſchen des hertzens/
daß alſo die meinung iſt/ ſie ſolten nichts vor ihren wah-
ren ſchmuck halten/ als dieſe innerliche zierde. Welcher innerliche menſche menſch
gleichwol auch nicht nur den guͤldenen kleinodien und koͤſtlichem gewand/ ſon-
dern eben ſo wol allen kleidern entgegen geſetzt wird/ ohne die wir dannoch
weder ſeyn koͤnnen/ noch der Apoſtel ſolches begehret: Daraus aber zu ſehen/
daß nicht ſo wol die worte deſſelben dahin die abſicht haben/ was man anha-
ben doͤrffe/ als nur worinnen man ſeine zierde ſuchen und erkennen ſolle. Wo
alſo jemand gold/ perlen und dergleichen traͤget aus innerlichem hochmuth/
gefaͤllet ſich ſelbs darinnen/ und trachtet andern zu gefallen/ und was vor
fleiſchliche abſichten dabey ſeyn moͤgen/ da wird wider der Apoſtel verbote ge-
ſuͤndigt/ und ſolches iſt dem innern menſchen entgegen/ und kan neben demſel-
ben nicht ſtehen. Wo aber der verborgene menſch des hertzens unverruͤckt
mit ſanfftem und ſtillem geiſt ſich findet/ und die perſon darinnen allein ihr
vergnuͤgen ſuchet/ ob dann ſchon aus der weltlichen ordnung der ſtaͤnde und
ſolchen urſachen/ welche jenem nicht entgegen ſind/ der euſſerliche menſch in
einem dergleichen ſchmuck (ſo in ſeinen augen ihm ſelbs kein ſchmuck/ ſondern
wie alle kleider ſelbs und dero nothwendigkeit eine laſt iſt) einhergehet/ ſo
wird nichts wider der theuren Apoſtel meinung gethan/ ſondern iſt der zweck/
den ſie allein in allem ſuchen/ erhalten. Waͤre aber jemand/ welcher derglei-
chen nicht ohne anhaͤngigkeit des hertzens tragen koͤnte/ ſondern bey ſich fuͤh-
lete/ wie ſich ſein hochmuͤthiges fleiſch damit kuͤtzelte/ und ſichs doch immer
wolgefallen lieſſe/ oder koͤnte ſein gewiſſen mit dieſer erklaͤhrung der Apoſtoli-
ſchen meinung nicht beruhigen/ als welchem der euſſerliche hall der wort/ und
wie ſie bey dem erſten anſehen ohne tieffere unterſuchung in den verſtand fal-

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[360/0368] Das dritte Capitel. ſilbern und guͤldenen kleinodien/ item mit ſpangen an ſtirn und arm- ringe an die haͤnde beſchencken laſſen. Woraus ſich abnehmen laͤſt/ daß ſolcherley tragen dem HErrn an ſich ſelbs nicht eben zu wider ſeyn koͤnne. Da- her ich die wort der Apoſtel vielmehr allein dahin annehme/ nicht was Chri- ſten zu tragen erlaubt ſeyn ſolle/ wo einige andere weltliche urſachen es erfor- dern (wie ich dann die geſamte kleider-trachten vor ein ſtuͤck des weltlichen weſens und reichs achte/ deme das Chriſtenthum nicht entgegen iſt/ ſondern nur deſſelben arten mit einigen regeln in gewiſſen ſchrancken behaͤlt/ daß wider ſeine allgemeine pflichten nichts geſchehe) ſondern worinnen chriſtliche wei- ber ihren ſchmuck ſuchen ſollen. Alſo iſt einer ſolchen verboten/ daß ſie in ſil- ber/ gold/ perlen/ edelgeſteinen ihre zierde ſuche/ darinnen ihre hertzens freude habe/ ſich darinnen ſchoͤn duͤncke zu ſeyn/ und darinnen prange/ als welche von viel beſſerem wiſſen muß/ worinnen der wahre ſchmuck beſtehe/ darinnen ſie GOTT gefalle/ dem aber zu gefallen ihre einige ſorge ſeyn ſolle. Daher ſetzet Petrus ſolchem euſſerlichen ſchmuck entgegen den verborgenen men- ſchen des hertzens/ daß alſo die meinung iſt/ ſie ſolten nichts vor ihren wah- ren ſchmuck halten/ als dieſe innerliche zierde. Welcher innerliche menſche menſch gleichwol auch nicht nur den guͤldenen kleinodien und koͤſtlichem gewand/ ſon- dern eben ſo wol allen kleidern entgegen geſetzt wird/ ohne die wir dannoch weder ſeyn koͤnnen/ noch der Apoſtel ſolches begehret: Daraus aber zu ſehen/ daß nicht ſo wol die worte deſſelben dahin die abſicht haben/ was man anha- ben doͤrffe/ als nur worinnen man ſeine zierde ſuchen und erkennen ſolle. Wo alſo jemand gold/ perlen und dergleichen traͤget aus innerlichem hochmuth/ gefaͤllet ſich ſelbs darinnen/ und trachtet andern zu gefallen/ und was vor fleiſchliche abſichten dabey ſeyn moͤgen/ da wird wider der Apoſtel verbote ge- ſuͤndigt/ und ſolches iſt dem innern menſchen entgegen/ und kan neben demſel- ben nicht ſtehen. Wo aber der verborgene menſch des hertzens unverruͤckt mit ſanfftem und ſtillem geiſt ſich findet/ und die perſon darinnen allein ihr vergnuͤgen ſuchet/ ob dann ſchon aus der weltlichen ordnung der ſtaͤnde und ſolchen urſachen/ welche jenem nicht entgegen ſind/ der euſſerliche menſch in einem dergleichen ſchmuck (ſo in ſeinen augen ihm ſelbs kein ſchmuck/ ſondern wie alle kleider ſelbs und dero nothwendigkeit eine laſt iſt) einhergehet/ ſo wird nichts wider der theuren Apoſtel meinung gethan/ ſondern iſt der zweck/ den ſie allein in allem ſuchen/ erhalten. Waͤre aber jemand/ welcher derglei- chen nicht ohne anhaͤngigkeit des hertzens tragen koͤnte/ ſondern bey ſich fuͤh- lete/ wie ſich ſein hochmuͤthiges fleiſch damit kuͤtzelte/ und ſichs doch immer wolgefallen lieſſe/ oder koͤnte ſein gewiſſen mit dieſer erklaͤhrung der Apoſtoli- ſchen meinung nicht beruhigen/ als welchem der euſſerliche hall der wort/ und wie ſie bey dem erſten anſehen ohne tieffere unterſuchung in den verſtand fal- len/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/368>, abgerufen am 21.11.2024.