Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. III. SECTIO XIII. gen GOtt und die schadloßhaltung des nechsten wegen der wider ihn began-genen heimlichen sünde erfordert werde. Bey solchen umständen nun/ kan ohne sorge einen solchen von der schuldigkeit der bekäntnüß auch loßzehlen/ indem nirgend in der schrifft dergleichen erfordert/ oder wir dazu angewie- sen/ noch eine solche schuldigkeit aus derselben dargethan werden kan/ ausser dero aber uns nicht frey stehet den gewissen fernere (und also von GOtt ihnen nicht aufferlegte) lasten auffzubürden. Jch will aber die pro negativa angeführte rationes nur wiederhohlen/ 2. Von dem ort Jac. 5/ 16. ist wol bemercket/ daß derselbe allzugemein gehe/ 3. Von der angeführten gewohnheit der Juden ist wol bemercket/ daß 4. Daß Christus weder die ehebrecherin noch grosse sünderin Luc. 7. zur X x 2
ARTIC. III. SECTIO XIII. gen GOtt und die ſchadloßhaltung des nechſten wegen der wider ihn began-genen heimlichen ſuͤnde erfordert werde. Bey ſolchen umſtaͤnden nun/ kan ohne ſorge einen ſolchen von der ſchuldigkeit der bekaͤntnuͤß auch loßzehlen/ indem nirgend in der ſchrifft dergleichen erfordert/ oder wir dazu angewie- ſen/ noch eine ſolche ſchuldigkeit aus derſelben dargethan werden kan/ auſſer dero aber uns nicht frey ſtehet den gewiſſen fernere (und alſo von GOtt ihnen nicht aufferlegte) laſten auffzubuͤrden. Jch will aber die pro negativa angefuͤhrte rationes nur wiederhohlen/ 2. Von dem ort Jac. 5/ 16. iſt wol bemercket/ daß derſelbe allzugemein gehe/ 3. Von der angefuͤhrten gewohnheit der Juden iſt wol bemercket/ daß 4. Daß Chriſtus weder die ehebrecherin noch groſſe ſuͤnderin Luc. 7. zur X x 2
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ARTIC. III. SECTIO XIII.
gen GOtt und die ſchadloßhaltung des nechſten wegen der wider ihn began-
genen heimlichen ſuͤnde erfordert werde. Bey ſolchen umſtaͤnden nun/ kan
ohne ſorge einen ſolchen von der ſchuldigkeit der bekaͤntnuͤß auch loßzehlen/
indem nirgend in der ſchrifft dergleichen erfordert/ oder wir dazu angewie-
ſen/ noch eine ſolche ſchuldigkeit aus derſelben dargethan werden kan/ auſſer
dero aber uns nicht frey ſtehet den gewiſſen fernere (und alſo von GOtt ihnen
nicht aufferlegte) laſten auffzubuͤrden.
Jch will aber die pro negativa angefuͤhrte rationes nur wiederhohlen/
und etwa wie ſtarck ich jegliche halte/ beyfuͤgen. So iſt nun der ort Matth. 5/
23. 24. von unſer hypotheſi frembd/ und redet deutlich von dem fall/ da ei-
ner innen wird/ daß ſein bruder etwas wider ihn habe/ das iſt: daß er
nicht mit ihm zu frieden ſeye/ ſondern klage uͤber ihn fuͤhre/ daher er dasjeni-
ge wiſſen muß/ woruͤber die klage iſt. Wie wir ſehen Offenbahr. 2/ 4. 14. 20.
daß der Geiſt zu etlichen Engeln ſagt: Jch habe ein kleines wider dich/
wo er dasjenige wuſte/ was die ſache ſeye: iſt alſo einerley/ wie Coloſſ. 3/ 13.
ſtehet/ ſo jemand klage wider den andern hat. Welche erklaͤhrung auch
daraus mehr erhellet/ weil austruͤcklich einer verſoͤhnung meldung geſchihet/
welche aber niemals noͤthig iſt/ wo die gemuͤther freundlich gegen einander
ſtehen. So wird unter beyden partheyen eine der andern ἀντίδικος und ge-
richtlicher widerſacher genennet/ welches abermal nicht platz hat/ wo nicht
beyderſeits die gemuͤther von und wider einander zerfallen ſind. Daher ſol-
cher ort zum erweiß der gegenmeinung ſo gar nicht gebraucht werden kan/ daß
vielmehr darauß abzunehmen iſt/ in welchem fall eine verſoͤhnung noͤthig
ſeye/ nemlich allein/ wo eine wirckliche klage und mißhelligkeit unter einan-
der iſt/ und alſo nicht bey der einen parthey verborgen gebliebener ſuͤnde.
2. Von dem ort Jac. 5/ 16. iſt wol bemercket/ daß derſelbe allzugemein gehe/
und dieſer beſondere caſus noch nicht daraus koͤnne decidiret werden. Haben
wir alſo zwahr darinnen den befehl der bekaͤntnuͤß gegen den nechſten/ aber
was ihm bekant werden muͤſſe/ iſt nicht gleichermaſſen ausgetruckt/ und muß
alſo anderwertlich her gelernet werden/ welche ſuͤnden dahin gehoͤren/ nem-
lich deren bekaͤntnuͤß entweder der troſt/ welchen man fuͤr das beunruhigte
gewiſſen von dem nechſten bedarff/ oder ſeine verſoͤhnung/ damit durch ſeinen
unwillen gegen uns/ wo er weiß/ daß wir ihn beleidiget/ ſein gebet fuͤr
uns nicht gehindert werde (wie wir dann ohne zorn und zweiffel die haͤnde
auffzuheben angewieſen werden 1. Tim. 2/ 8.) erfordert.
3. Von der angefuͤhrten gewohnheit der Juden iſt wol bemercket/ daß
ſie uns keine regel geben/ oder zu unſers gewiſſens laſt werden moͤge.
4. Daß Chriſtus weder die ehebrecherin noch groſſe ſuͤnderin Luc. 7.
zur
X x 2
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