Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. ihrige gern auch tragen/ und nur auch seine hertzliche buß suchen. Wo der-gleichen mit solchem hertzen und vorgegangenem gebet geschihet/ kans nicht wol ohne frucht und segen bleiben. Auffs wenigste rettet sie damit ihre see- le. Jst aber eine solche gelegenheit nicht müglich/ oder sich derselben zu ge- brauchen aus andern ursachen nicht rathsam/ so hat sie was sie mündlich nicht ausrichten kan/ schrifftlich zu versuchen/ dabey aber grosse behutsam- keit zu gebrauchen/ damit ein solches schreiben dem mann sicher und allein al- so zukomme/ daß niemand/ sonderlich seine ehegattin/ nichts davon erfahre/ und die sache auch sonsten so lang sie GOtt verborgen lassen will/ zu beyder schaden nicht ruchtbar werde. Wäre es sache/ daß beyde personen einen beicht- vater hätten/ und dieser also bewandt wäre/ daß man ihm diese heimlichkeit offenbahren dörffte/ so würde dieses der leichteste weg seyn/ den beicht-vater darzu zu brauchen/ der nach seinem amt alsdann so viel nachtrücklicher des mannes buß befordern könte. Alles aber in der gantzen sache muß mit der grössesten behutsamkeit vorgenommen/ und die darzu nöthige weißheit von GOtt erbeten werden/ um nicht an statt des verhofften guten etwas böses zu veranlassen. 4. Jst noch übrig/ wie die person sich hin künfftig zu verhalten/ und die zu
Das dritte Capitel. ihrige gern auch tragen/ und nur auch ſeine hertzliche buß ſuchen. Wo der-gleichen mit ſolchem hertzen und vorgegangenem gebet geſchihet/ kans nicht wol ohne frucht und ſegen bleiben. Auffs wenigſte rettet ſie damit ihre ſee- le. Jſt aber eine ſolche gelegenheit nicht muͤglich/ oder ſich derſelben zu ge- brauchen aus andern urſachen nicht rathſam/ ſo hat ſie was ſie muͤndlich nicht ausrichten kan/ ſchrifftlich zu verſuchen/ dabey aber groſſe behutſam- keit zu gebrauchen/ damit ein ſolches ſchreiben dem mann ſicher und allein al- ſo zukomme/ daß niemand/ ſonderlich ſeine ehegattin/ nichts davon erfahre/ und die ſache auch ſonſten ſo lang ſie GOtt verborgen laſſen will/ zu beyder ſchaden nicht ruchtbar werde. Waͤre es ſache/ daß beyde perſonen einen beicht- vater haͤtten/ und dieſer alſo bewandt waͤre/ daß man ihm dieſe heimlichkeit offenbahren doͤrffte/ ſo wuͤrde dieſes der leichteſte weg ſeyn/ den beicht-vater darzu zu brauchen/ der nach ſeinem amt alsdann ſo viel nachtruͤcklicher des mannes buß befordern koͤnte. Alles aber in der gantzen ſache muß mit der groͤſſeſten behutſamkeit vorgenommen/ und die darzu noͤthige weißheit von GOtt erbeten werden/ um nicht an ſtatt des verhofften guten etwas boͤſes zu veranlaſſen. 4. Jſt noch uͤbrig/ wie die perſon ſich hin kuͤnfftig zu verhalten/ und die zu
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Das dritte Capitel.
ihrige gern auch tragen/ und nur auch ſeine hertzliche buß ſuchen. Wo der-
gleichen mit ſolchem hertzen und vorgegangenem gebet geſchihet/ kans nicht
wol ohne frucht und ſegen bleiben. Auffs wenigſte rettet ſie damit ihre ſee-
le. Jſt aber eine ſolche gelegenheit nicht muͤglich/ oder ſich derſelben zu ge-
brauchen aus andern urſachen nicht rathſam/ ſo hat ſie was ſie muͤndlich
nicht ausrichten kan/ ſchrifftlich zu verſuchen/ dabey aber groſſe behutſam-
keit zu gebrauchen/ damit ein ſolches ſchreiben dem mann ſicher und allein al-
ſo zukomme/ daß niemand/ ſonderlich ſeine ehegattin/ nichts davon erfahre/
und die ſache auch ſonſten ſo lang ſie GOtt verborgen laſſen will/ zu beyder
ſchaden nicht ruchtbar werde. Waͤre es ſache/ daß beyde perſonen einen beicht-
vater haͤtten/ und dieſer alſo bewandt waͤre/ daß man ihm dieſe heimlichkeit
offenbahren doͤrffte/ ſo wuͤrde dieſes der leichteſte weg ſeyn/ den beicht-vater
darzu zu brauchen/ der nach ſeinem amt alsdann ſo viel nachtruͤcklicher des
mannes buß befordern koͤnte. Alles aber in der gantzen ſache muß mit der
groͤſſeſten behutſamkeit vorgenommen/ und die darzu noͤthige weißheit von
GOtt erbeten werden/ um nicht an ſtatt des verhofften guten etwas boͤſes
zu veranlaſſen.
4. Jſt noch uͤbrig/ wie die perſon ſich hin kuͤnfftig zu verhalten/ und die
fruͤchten ihrer buß zu bringen habe. Dahin gehoͤret 1. daß ſie ihr lebtag dran
gedencke/ und ſich/ auch da die ſuͤnde vergeben/ dennoch vor GOtt daruͤber
demuͤthige/ nicht an der vergebung zu zweifeln/ ſondern deroſelben ruhm in
offter betrachtung ſeiner ſchuld zu erhoͤhen. 2. Jch wolte auch nicht mißra-
then/ zu deſto beſtaͤndiger erinnerung der ſache ſich ein gewiſſes merckmahl/
das andre gleichwol nicht wiſſen/ zu machen; ſolte es etwa ein wochentlicher
faſt-tag/ oder etwas dergleichen ſeyn. Doch wo man ſich zu dergleichen ent-
ſchlieſſet/ finde es nicht ſo rathſam/ es als ein formliches geluͤbde zu thun/ daß
man darnach nicht wieder aͤndern koͤnte/ woraus manchmal nach einiger zeit
ſchwehre gewiſſens-ſcrupel entſtehn koͤnnen: ſondern als einen ſolchen vor-
ſatz/ von dem man ohne wichtige urſach nicht abweichen wolle/ jedennoch auff
allerley faͤlle ſich eine freyheit vorbehalte. Sonderlich ſind weibs-perſonen
wegen der geluͤbde gewiſſer faſten fleißig zu warnen/ daß ſie keine andre thun/
als mit vorbehalt der aͤnderung/ wo es nicht ohne nachtheil der natur gehaltẽ
werden koͤnte: dergleichen faͤlle ſich bey ihnen manchmal/ wo ſie geheyrathet
werden/ zeit ihrer ſchwangerſchafft oder ſaͤugens/ begeben. Wo alsdann/
da die geluͤbde unbedachtſam geſchehen/ entweder ſchade der geſundheit er-
folget/ oder anſtoß des gewiſſens. 3. Jſt ihr noͤthig/ ihr lebtag ſich ſo viel
fleißiger vor dieſer ſuͤnde/ und aller dero ſchein und gelegenheit darzu/ zu mei-
den; ja auch vor allem dem/ was ſie findet/ den weg zu ſolchem fall bey ihr
gebahnet zu haben. Weiter 4. bey aller gelegenheit andern ſolche ſuͤnde
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