Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. die blosse erzehlung gehe/ daher/ wo sich das factum in einigem anders ver-hielte/ dieselbe auch nicht dahin zu ziehen seyn würde. 2. An demjenigen/ was Sempronii frau gethan zu haben/ vorgestellet 3. Was aber Sempronium selbs anlanget: 1. So gönne ihm gern/ daß for-
Das dritte Capitel. die bloſſe erzehlung gehe/ daher/ wo ſich das factum in einigem anders ver-hielte/ dieſelbe auch nicht dahin zu ziehen ſeyn wuͤrde. 2. An demjenigen/ was Sempronii frau gethan zu haben/ vorgeſtellet 3. Was aber Sempronium ſelbs anlanget: 1. So goͤnne ihm gern/ daß for-
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Das dritte Capitel.
die bloſſe erzehlung gehe/ daher/ wo ſich das factum in einigem anders ver-
hielte/ dieſelbe auch nicht dahin zu ziehen ſeyn wuͤrde.
2. An demjenigen/ was Sempronii frau gethan zu haben/ vorgeſtellet
wird/ ſehe ich nichts ſtraͤffliches/ ſondern alles flieſſet aus der ihrem ehegatten
ſchuldigen treue und liebe/ nemlich nach allem vermoͤgen zu wehren/ daß der-
ſelbige ſich ſelbs gefaͤhrlichen verſuchungen nicht immer freyer darſtelle/ und
anderer nachrede ſtets mehr gelegenheit gebe/ welches ſonſt verſaͤumt zu ha-
ben/ ſelbs ihr gewiſſen beſchwehren wuͤrde: Jch finde auch nicht/ daß etwas
wider die ſchuldige ehrerbietung des ehemannes/ da ſie ihn bey andern nicht
beſchaͤhmet/ begangen/ noch was zur demuth und vorſichtigkeit gehoͤrte/ un-
terlaſſen worden ſeye.
3. Was aber Sempronium ſelbs anlanget: 1. So goͤnne ihm gern/ daß
er nach gegebenem zeugnuͤß/ bey aller ſolcher ſache ein rein hertz behalten/ und
GOTT gefuͤrchtet habe. Jndeſſen 2. kan ich die ſo familiare converſation
mit Titii haußfrau/ und das halten derſelben hand/ auf keinerley weiſe billi-
gen/ noch da es weiter geſchehen ſolte/ entſchuldigen. (1. Das offtere anfaſ-
ſen einer andern weibes-perſon/ gegen die man ohne das eine liebe zu tragen
nicht in abrede iſt/ an der hand/ auch langes halten und einſchlieſſen wol gar
beyder haͤnde in einander/ iſt an ſich ſelbs faͤhig/ unzuͤchtige geluͤſte/ wo nicht
erſtlich/ doch nach und nach/ zu erwecken/ und ſorge ich/ es gehoͤre ein ſehr un-
gemeiner grad der erſterbung fleiſchlicher luͤſte bey mann- und weibs-per-
ſonen dazu/ wo ſich in ſolchem fall nicht bey beyden/ auffs wenigſte bey einem
theil/ ungebuͤhrliche neigungen erregen ſolten. Daherauch das argument
derjenigen/ welche aus dieſer urſach gegen das tantzenmit weibes-perſonen
eiffern/ nicht verwerffen kan. (2. Weil bereits in derſtadt einige ungleiche
nachrede entſtanden/ die ſeinem amt/ davon meldung geſchihet (ſonderlich
dafern es ein geiſtlich amt waͤre/ ſo die verantwortung ſchwehrer machte)
nachtheil bringen koͤnte. Da hingegen nicht allein jedermann nach vermoͤ-
gen ſich vor dergleichen zu huͤten hat/ was ſolche veranlaſſete/ ſondern vor al-
len/ die andern in einem amt vorgeſetzet/ eben deswegen ſchuldig ſind/ nicht
nur das boͤſe/ ſondern auch deſſen ſchein/ zu meiden/ damit alles redlich zuge-
he/ nicht allein vor dem HErrn/ ſondern auch vor den menſchen. 2. Cor. 8/ 20.
Wer hingegen auch unvorſichtig durch eine that/ die boͤſen ſchein gibet/ uͤbels
geruͤcht erwecket/ ſuͤndiget damit/ und macht andere ſuͤndigen: welche ſuͤnde
ſo viel ſchwehrer wird/ wo einer auff erinnerung dennoch dergleichen nicht un-
terlaſſen wolte. (3. Weil die ehefrau daruͤber einige jalouſie gefaßt/ und er
ihr gemuͤth damit zum unwillen oder betruͤbnuͤß zu reitzen weiß und erfahren
hat/ ſo ſtreitet das bißherige verfahren wider die ſeiner ehefrauen ſchuldige
liebe. Dann wenn die genaue liebe/ die zwiſchen ehegatten von GOtt er-
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