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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. III. SECTIO VII.
nicht eingefallen seyn mag/ seine wort generalius gesetzet/ daß sie etwa/ wie sie
bloß dahin lauten/ auf denselben möchten gezogen werden können.

Also hoffe ich/ daß auch diese frage gnug beantwortet/ und samtlich ge-
zeiget worden seye/ wie einmal wider die gantze allgemeine glaubens-regel
keinem wahrhafftig-bußfertigen um einer ursach willen/ die zu ändern in sei-
ner gewalt nicht stehet/ die vergebung der sünden zweiffelhafftig gemacht
werden dörffte: Daher auch der offendens, von dem species facti redet/ seine
sorge fahren zu lassen habe. Jndessen liget ihm ob/ gleichwol wegen auch
dieses fehlers/ welchen ihn der heilige GOTT nicht ohne ursach mit solchen
schmertzen hat fühlen lassen/ immer vor dessen angesicht so viel demüthiger zu
wandlen/ seine barmhertzigkeit/ welche ihm denselben vergeben/ danckbarlich
zu preisen/ in dem gantzen leben desto mehr sich der liebe insgemein und der
versöhnlichkeit absonderlich zu befleißigen/ auf sein gewissen in allen stücken
so viel sorgfältiger acht zu geben/ darmit es nie in eine sicherheit über einige
sünde einschlaffe/ und den H. Geist mit unabläßigen seuffzen zu erbitten/ der
so wol diesesmal der gnaden versicherung wieder in das hertz gebe (oder wie
unser liebe Lutherus über Ps. 51. T. I. Alt. f. 91. a. redet/ sein heimlich ein-
rünen/ dir sind vergeben deine sünde/ welches ein tröstlich frölich ge-
wissen macht/ hören lasse.)
als auch künfftig denselben in den wegen des
HErrn leite.

Der HErr/ der tödtet und lebendig machet/ in die hölle und wieder her-
aus führet/ setze solche person zum herrlichen zeugnüß seiner barmhertzigkeit/
und lasse seine absicht dieser verhängten anfechtung in dessen beständiger hei-
ligung/ sonderlich desto festerem glauben in dem gantzen leben/ biß zu dessen se-
ligen schluß/ völlig und offenbarlich erhalten werden/ zu seinem ewigen preiß
um Christi willen. Amen. 1693.

Weitere sortsetzung voriger materie von der versöhn-
lichkeit.

NAchdem der in dem vorigen responso der göttlichen gnade versicherte of-
fendens
sich einiger massen befriediget findet (davor dem himmlischen
Vater/ aus dessen Geistes wirckung alles in unsren seelen kommen muß/ dan-
cke/) aber noch einige scrupel deswegen bey sich fühlet: so habe auch in der
forcht GOttes auf dieselbe zu antworten.

Es bestehet aber der I. darinnen/ daß aus der Jurisprudenz citationis
effectus sit comparitio, & quod a citatione incipiat judicium,
und daß ci-
tans in citatum
ein jus acquisitum per citationem bekomme/ dem in diesem
fall derselbe als verstorben nicht mehr renunciren könte. Hierauf will nicht

so wol

ARTIC. III. SECTIO VII.
nicht eingefallen ſeyn mag/ ſeine wort generalius geſetzet/ daß ſie etwa/ wie ſie
bloß dahin lauten/ auf denſelben moͤchten gezogen werden koͤnnen.

Alſo hoffe ich/ daß auch dieſe frage gnug beantwortet/ und ſamtlich ge-
zeiget worden ſeye/ wie einmal wider die gantze allgemeine glaubens-regel
keinem wahrhafftig-bußfertigen um einer urſach willen/ die zu aͤndern in ſei-
ner gewalt nicht ſtehet/ die vergebung der ſuͤnden zweiffelhafftig gemacht
werden doͤrffte: Daher auch der offendens, von dem ſpecies facti redet/ ſeine
ſorge fahren zu laſſen habe. Jndeſſen liget ihm ob/ gleichwol wegen auch
dieſes fehlers/ welchen ihn der heilige GOTT nicht ohne urſach mit ſolchen
ſchmertzen hat fuͤhlen laſſen/ immer vor deſſen angeſicht ſo viel demuͤthiger zu
wandlen/ ſeine barmhertzigkeit/ welche ihm denſelben vergeben/ danckbarlich
zu preiſen/ in dem gantzen leben deſto mehr ſich der liebe insgemein und der
verſoͤhnlichkeit abſonderlich zu befleißigen/ auf ſein gewiſſen in allen ſtuͤcken
ſo viel ſorgfaͤltiger acht zu geben/ darmit es nie in eine ſicherheit uͤber einige
ſuͤnde einſchlaffe/ und den H. Geiſt mit unablaͤßigen ſeuffzen zu erbitten/ der
ſo wol dieſesmal der gnaden verſicherung wieder in das hertz gebe (oder wie
unſer liebe Lutherus uͤber Pſ. 51. T. I. Alt. f. 91. a. redet/ ſein heimlich ein-
ruͤnen/ dir ſind vergeben deine ſuͤnde/ welches ein troͤſtlich froͤlich ge-
wiſſen macht/ hoͤren laſſe.)
als auch kuͤnfftig denſelben in den wegen des
HErrn leite.

Der HErr/ der toͤdtet und lebendig machet/ in die hoͤlle und wieder her-
aus fuͤhret/ ſetze ſolche perſon zum herrlichen zeugnuͤß ſeiner barmhertzigkeit/
und laſſe ſeine abſicht dieſer verhaͤngten anfechtung in deſſen beſtaͤndiger hei-
ligung/ ſonderlich deſto feſterem glauben in dem gantzen leben/ biß zu deſſen ſe-
ligen ſchluß/ voͤllig und offenbarlich erhalten werden/ zu ſeinem ewigen preiß
um Chriſti willen. Amen. 1693.

Weitere ſortſetzung voriger materie von der verſoͤhn-
lichkeit.

NAchdem der in dem vorigen reſponſo der goͤttlichen gnade verſicherte of-
fendens
ſich einiger maſſen befriediget findet (davor dem himmliſchen
Vater/ aus deſſen Geiſtes wirckung alles in unſren ſeelen kommen muß/ dan-
cke/) aber noch einige ſcrupel deswegen bey ſich fuͤhlet: ſo habe auch in der
forcht GOttes auf dieſelbe zu antworten.

Es beſtehet aber der I. darinnen/ daß aus der Jurisprudenz citationis
effectus ſit comparitio, & quod a citatione incipiat judicium,
und daß ci-
tans in citatum
ein jus acquiſitum per citationem bekomme/ dem in dieſem
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ſo wol
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[303/0311] ARTIC. III. SECTIO VII. nicht eingefallen ſeyn mag/ ſeine wort generalius geſetzet/ daß ſie etwa/ wie ſie bloß dahin lauten/ auf denſelben moͤchten gezogen werden koͤnnen. Alſo hoffe ich/ daß auch dieſe frage gnug beantwortet/ und ſamtlich ge- zeiget worden ſeye/ wie einmal wider die gantze allgemeine glaubens-regel keinem wahrhafftig-bußfertigen um einer urſach willen/ die zu aͤndern in ſei- ner gewalt nicht ſtehet/ die vergebung der ſuͤnden zweiffelhafftig gemacht werden doͤrffte: Daher auch der offendens, von dem ſpecies facti redet/ ſeine ſorge fahren zu laſſen habe. Jndeſſen liget ihm ob/ gleichwol wegen auch dieſes fehlers/ welchen ihn der heilige GOTT nicht ohne urſach mit ſolchen ſchmertzen hat fuͤhlen laſſen/ immer vor deſſen angeſicht ſo viel demuͤthiger zu wandlen/ ſeine barmhertzigkeit/ welche ihm denſelben vergeben/ danckbarlich zu preiſen/ in dem gantzen leben deſto mehr ſich der liebe insgemein und der verſoͤhnlichkeit abſonderlich zu befleißigen/ auf ſein gewiſſen in allen ſtuͤcken ſo viel ſorgfaͤltiger acht zu geben/ darmit es nie in eine ſicherheit uͤber einige ſuͤnde einſchlaffe/ und den H. Geiſt mit unablaͤßigen ſeuffzen zu erbitten/ der ſo wol dieſesmal der gnaden verſicherung wieder in das hertz gebe (oder wie unſer liebe Lutherus uͤber Pſ. 51. T. I. Alt. f. 91. a. redet/ ſein heimlich ein- ruͤnen/ dir ſind vergeben deine ſuͤnde/ welches ein troͤſtlich froͤlich ge- wiſſen macht/ hoͤren laſſe.) als auch kuͤnfftig denſelben in den wegen des HErrn leite. Der HErr/ der toͤdtet und lebendig machet/ in die hoͤlle und wieder her- aus fuͤhret/ ſetze ſolche perſon zum herrlichen zeugnuͤß ſeiner barmhertzigkeit/ und laſſe ſeine abſicht dieſer verhaͤngten anfechtung in deſſen beſtaͤndiger hei- ligung/ ſonderlich deſto feſterem glauben in dem gantzen leben/ biß zu deſſen ſe- ligen ſchluß/ voͤllig und offenbarlich erhalten werden/ zu ſeinem ewigen preiß um Chriſti willen. Amen. 1693. Weitere ſortſetzung voriger materie von der verſoͤhn- lichkeit. NAchdem der in dem vorigen reſponſo der goͤttlichen gnade verſicherte of- fendens ſich einiger maſſen befriediget findet (davor dem himmliſchen Vater/ aus deſſen Geiſtes wirckung alles in unſren ſeelen kommen muß/ dan- cke/) aber noch einige ſcrupel deswegen bey ſich fuͤhlet: ſo habe auch in der forcht GOttes auf dieſelbe zu antworten. Es beſtehet aber der I. darinnen/ daß aus der Jurisprudenz citationis effectus ſit comparitio, & quod a citatione incipiat judicium, und daß ci- tans in citatum ein jus acquiſitum per citationem bekomme/ dem in dieſem fall derſelbe als verſtorben nicht mehr renunciren koͤnte. Hierauf will nicht ſo wol

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/311>, abgerufen am 21.11.2024.