Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

Das dritte Capitel.
hoffenlich auch besserung des beicht-wesens selbs/ gnade verleyhen. So wird
er auch die liebe/ und was aus derselben ohne verletzung der wahrheit bey-
derseits geschiehet/ ihm lassen angenehm seyn/ und so viel reichern segen zu
allen seinen gnaden-mitteln beschehren/ zu seinem preiß und unsrer aller
seligkeit.

ALlmächtiger ewiger GOTT/ getreuer Vater/ du foderst von
deinen kindern/ daß/ die deine wahrheit im glauben erkennen/
auch nach der liebe untereinander leben. Wir müssen auch
daraus erkennen/ daß wir dir für deine reiche/ auch diesem ort erzeig-
te gnade/ nicht/ wie es sich geziemet/ müssen danckbar seyn worden/
wann du verhänget hast/ daß in unsrer gemeinde nicht geringe miß-
helligkeit und zerrüttung der gemüther/ mit erfolg manches ärger-
nüsses/ eine weil her im schwang gegangen/ und sich noch nicht legen
will. Vergib uns unsre zum theil bekannte/ aber auch unbekannte
sünden/ damit wir auch dieses dein gericht verschuldet haben/ und
was beyderseits darinnen gefehlet worden. Erhalte uns zum forder-
sten dein wort/ und aus demselbigen die reinelehr/ und lasse dem sa-
tan nicht zu/ bey trüben wasser zu fischen/ und aus gelegenheit jetzi-
ger mißverständnüssen gar irrthümer auszustreuen: vielmehr be-
festige deine kinder in der erkäntnüß der wahrheit/ sich von niemand
unter einigem schein verführen zu lassen. Geuß den Geist der liebt
beyderseits in die hertzen der glieder unsrer gemeinden/ und bewahre
sie für aller trennung: vielmehr lehre diejenige/ welche in dem/ was
der kirche das erbaulichste sey/ unterschiedliche meinung haben/ daß
sie einander tragen/ weder eine der andern gewissen zu starck angreif-
fen/ und es zu nöthigen sich unterstehen; noch andre mit mißbrauch
ihrer freyheit die liebe verletzen/ sondern nach dem rechten Aposto-
lischen bericht und unterricht sich gegen einander bezeugen. Regie-
re auch die hertzen aller in Obern-ständen/ die darzu zu reden haben/
daß sie was auch in dieser sache deinem rath und ehre am gemässesten
sey/ weißlich erkennen/ nach reiffer berathschlagung beschliessen/
und damit durch deinen segen allem unwesen abhelffen; hingegen
auch dadurch zu so viel reicherer künfftigen erbauung neuen grund
legen. Jnsgesammt steure in deiner gantzen kirchen allem miß-
brauch deiner heiligen mittel/ (sonderlich der
absolution) daß sich

nie-

Das dritte Capitel.
hoffenlich auch beſſerung des beicht-weſens ſelbs/ gnade verleyhen. So wird
er auch die liebe/ und was aus derſelben ohne verletzung der wahrheit bey-
derſeits geſchiehet/ ihm laſſen angenehm ſeyn/ und ſo viel reichern ſegen zu
allen ſeinen gnaden-mitteln beſchehren/ zu ſeinem preiß und unſrer aller
ſeligkeit.

ALlmaͤchtiger ewiger GOTT/ getreuer Vater/ du foderſt von
deinen kindern/ daß/ die deine wahrheit im glauben erkennen/
auch nach der liebe untereinander leben. Wir muͤſſen auch
daraus erkennen/ daß wir dir fuͤr deine reiche/ auch dieſem ort erzeig-
te gnade/ nicht/ wie es ſich geziemet/ muͤſſen danckbar ſeyn worden/
wann du verhaͤnget haſt/ daß in unſrer gemeinde nicht geringe miß-
helligkeit und zerruͤttung der gemuͤther/ mit erfolg manches aͤrger-
nuͤſſes/ eine weil her im ſchwang gegangen/ und ſich noch nicht legen
will. Vergib uns unſre zum theil bekannte/ aber auch unbekannte
ſuͤnden/ damit wir auch dieſes dein gericht verſchuldet haben/ und
was beyderſeits darinnen gefehlet worden. Erhalte uns zum forder-
ſten dein wort/ und aus demſelbigen die reinelehr/ und laſſe dem ſa-
tan nicht zu/ bey truͤben waſſer zu fiſchen/ und aus gelegenheit jetzi-
ger mißverſtaͤndnuͤſſen gar irrthuͤmer auszuſtreuen: vielmehr be-
feſtige deine kinder in der erkaͤntnuͤß der wahrheit/ ſich von niemand
unter einigem ſchein verfuͤhren zu laſſen. Geuß den Geiſt der liebt
beyderſeits in die hertzen der glieder unſrer gemeinden/ und bewahre
ſie fuͤr aller trennung: vielmehr lehre diejenige/ welche in dem/ was
der kirche das erbaulichſte ſey/ unterſchiedliche meinung haben/ daß
ſie einander tragen/ weder eine der andern gewiſſen zu ſtarck angreif-
fen/ und es zu noͤthigen ſich unterſtehen; noch andre mit mißbrauch
ihrer freyheit die liebe verletzen/ ſondern nach dem rechten Apoſto-
liſchen bericht und unterricht ſich gegen einander bezeugen. Regie-
re auch die hertzen aller in Obern-ſtaͤnden/ die darzu zu reden haben/
daß ſie was auch in dieſer ſache deinem rath und ehre am gemaͤſſeſten
ſey/ weißlich erkennen/ nach reiffer berathſchlagung beſchlieſſen/
und damit durch deinen ſegen allem unweſen abhelffen; hingegen
auch dadurch zu ſo viel reicherer kuͤnfftigen erbauung neuen grund
legen. Jnsgeſammt ſteure in deiner gantzen kirchen allem miß-
brauch deiner heiligen mittel/ (ſonderlich der
abſolution) daß ſich

nie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0182" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das dritte Capitel.</hi></fw><lb/>
hoffenlich auch be&#x017F;&#x017F;erung des beicht-we&#x017F;ens &#x017F;elbs/ gnade verleyhen. So wird<lb/>
er auch die liebe/ und was aus der&#x017F;elben ohne verletzung der wahrheit bey-<lb/>
der&#x017F;eits ge&#x017F;chiehet/ ihm la&#x017F;&#x017F;en angenehm &#x017F;eyn/ und &#x017F;o viel reichern &#x017F;egen zu<lb/>
allen &#x017F;einen gnaden-mitteln be&#x017F;chehren/ zu &#x017F;einem preiß und un&#x017F;rer aller<lb/>
&#x017F;eligkeit.</p><lb/>
              <p> <hi rendition="#in">A</hi> <hi rendition="#fr">Llma&#x0364;chtiger ewiger GOTT/ getreuer Vater/ du foder&#x017F;t von<lb/>
deinen kindern/ daß/ die deine wahrheit im glauben erkennen/<lb/>
auch nach der liebe untereinander leben. Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en auch<lb/>
daraus erkennen/ daß wir dir fu&#x0364;r deine reiche/ auch die&#x017F;em ort erzeig-<lb/>
te gnade/ nicht/ wie es &#x017F;ich geziemet/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en danckbar &#x017F;eyn worden/<lb/>
wann du verha&#x0364;nget ha&#x017F;t/ daß in un&#x017F;rer gemeinde nicht geringe miß-<lb/>
helligkeit und zerru&#x0364;ttung der gemu&#x0364;ther/ mit erfolg manches a&#x0364;rger-<lb/>
nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;es/ eine weil her im &#x017F;chwang gegangen/ und &#x017F;ich noch nicht legen<lb/>
will. Vergib uns un&#x017F;re zum theil bekannte/ aber auch unbekannte<lb/>
&#x017F;u&#x0364;nden/ damit wir auch die&#x017F;es dein gericht ver&#x017F;chuldet haben/ und<lb/>
was beyder&#x017F;eits darinnen gefehlet worden. Erhalte uns zum forder-<lb/>
&#x017F;ten dein wort/ und aus dem&#x017F;elbigen die reinelehr/ und la&#x017F;&#x017F;e dem &#x017F;a-<lb/>
tan nicht zu/ bey tru&#x0364;ben wa&#x017F;&#x017F;er zu fi&#x017F;chen/ und aus gelegenheit jetzi-<lb/>
ger mißver&#x017F;ta&#x0364;ndnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gar irrthu&#x0364;mer auszu&#x017F;treuen: vielmehr be-<lb/>
fe&#x017F;tige deine kinder in der erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß der wahrheit/ &#x017F;ich von niemand<lb/>
unter einigem &#x017F;chein verfu&#x0364;hren zu la&#x017F;&#x017F;en. Geuß den Gei&#x017F;t der liebt<lb/>
beyder&#x017F;eits in die hertzen der glieder un&#x017F;rer gemeinden/ und bewahre<lb/>
&#x017F;ie fu&#x0364;r aller trennung: vielmehr lehre diejenige/ welche in dem/ was<lb/>
der kirche das erbaulich&#x017F;te &#x017F;ey/ unter&#x017F;chiedliche meinung haben/ daß<lb/>
&#x017F;ie einander tragen/ weder eine der andern gewi&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;tarck angreif-<lb/>
fen/ und es zu no&#x0364;thigen &#x017F;ich unter&#x017F;tehen; noch andre mit mißbrauch<lb/>
ihrer freyheit die liebe verletzen/ &#x017F;ondern nach dem rechten Apo&#x017F;to-<lb/>
li&#x017F;chen bericht und unterricht &#x017F;ich gegen einander bezeugen. Regie-<lb/>
re auch die hertzen aller in Obern-&#x017F;ta&#x0364;nden/ die darzu zu reden haben/<lb/>
daß &#x017F;ie was auch in die&#x017F;er &#x017F;ache deinem rath und ehre am gema&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ey/ weißlich erkennen/ nach reiffer berath&#x017F;chlagung be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
und damit durch deinen &#x017F;egen allem unwe&#x017F;en abhelffen; hingegen<lb/>
auch dadurch zu &#x017F;o viel reicherer ku&#x0364;nfftigen erbauung neuen grund<lb/>
legen. Jnsge&#x017F;ammt &#x017F;teure in deiner gantzen kirchen allem miß-<lb/>
brauch deiner heiligen mittel/ (&#x017F;onderlich der</hi> <hi rendition="#aq">ab&#x017F;oluti</hi> <hi rendition="#fr">on) daß &#x017F;ich</hi><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">nie-</hi> </fw><lb/>
              </p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0182] Das dritte Capitel. hoffenlich auch beſſerung des beicht-weſens ſelbs/ gnade verleyhen. So wird er auch die liebe/ und was aus derſelben ohne verletzung der wahrheit bey- derſeits geſchiehet/ ihm laſſen angenehm ſeyn/ und ſo viel reichern ſegen zu allen ſeinen gnaden-mitteln beſchehren/ zu ſeinem preiß und unſrer aller ſeligkeit. ALlmaͤchtiger ewiger GOTT/ getreuer Vater/ du foderſt von deinen kindern/ daß/ die deine wahrheit im glauben erkennen/ auch nach der liebe untereinander leben. Wir muͤſſen auch daraus erkennen/ daß wir dir fuͤr deine reiche/ auch dieſem ort erzeig- te gnade/ nicht/ wie es ſich geziemet/ muͤſſen danckbar ſeyn worden/ wann du verhaͤnget haſt/ daß in unſrer gemeinde nicht geringe miß- helligkeit und zerruͤttung der gemuͤther/ mit erfolg manches aͤrger- nuͤſſes/ eine weil her im ſchwang gegangen/ und ſich noch nicht legen will. Vergib uns unſre zum theil bekannte/ aber auch unbekannte ſuͤnden/ damit wir auch dieſes dein gericht verſchuldet haben/ und was beyderſeits darinnen gefehlet worden. Erhalte uns zum forder- ſten dein wort/ und aus demſelbigen die reinelehr/ und laſſe dem ſa- tan nicht zu/ bey truͤben waſſer zu fiſchen/ und aus gelegenheit jetzi- ger mißverſtaͤndnuͤſſen gar irrthuͤmer auszuſtreuen: vielmehr be- feſtige deine kinder in der erkaͤntnuͤß der wahrheit/ ſich von niemand unter einigem ſchein verfuͤhren zu laſſen. Geuß den Geiſt der liebt beyderſeits in die hertzen der glieder unſrer gemeinden/ und bewahre ſie fuͤr aller trennung: vielmehr lehre diejenige/ welche in dem/ was der kirche das erbaulichſte ſey/ unterſchiedliche meinung haben/ daß ſie einander tragen/ weder eine der andern gewiſſen zu ſtarck angreif- fen/ und es zu noͤthigen ſich unterſtehen; noch andre mit mißbrauch ihrer freyheit die liebe verletzen/ ſondern nach dem rechten Apoſto- liſchen bericht und unterricht ſich gegen einander bezeugen. Regie- re auch die hertzen aller in Obern-ſtaͤnden/ die darzu zu reden haben/ daß ſie was auch in dieſer ſache deinem rath und ehre am gemaͤſſeſten ſey/ weißlich erkennen/ nach reiffer berathſchlagung beſchlieſſen/ und damit durch deinen ſegen allem unweſen abhelffen; hingegen auch dadurch zu ſo viel reicherer kuͤnfftigen erbauung neuen grund legen. Jnsgeſammt ſteure in deiner gantzen kirchen allem miß- brauch deiner heiligen mittel/ (ſonderlich der abſolution) daß ſich nie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/182
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/182>, abgerufen am 23.11.2024.