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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
wenigsten die offtere communion rathe/ da sie mit so schlechter vorbereitung
und frucht geschicht/ so würde hingegen hertzlich verlangen/ daß fromme see-
len sich offters damit stärcketen. 5. Ob wir wol in der geistlichen niessung e-
ben so wol dasjenige alles haben/ was uns zu unserer seligkeit nöthig ist/ so
ist doch nicht zu leugnen/ daß dem H. Abendmahl noch eine sonderbahrere
krafft seye/ als ausser demselben. Dann wir werden je nicht sagen/ daß es
ohne noth oder nutzen eingesetzt seye. Es ist die geistliche niessung so zu re-
den/ die tägliche speise der seelen; die sacramentliche aber als eine artzney. Nun
wie es in dem leiblichen dahin kommen kan/ daß zuweilen wir mit der speise
nicht genug haben/ sondern auch einiger artzney bedörfftig seynd; so kans
auch in diesem geistlichen hergehen. Wie ich mich erinnere/ unterschiedliche
mal solches gleichnüß von meinem S. Praeceptore, Herr D. Dannhauern/ gehört
zu haben. Daher ob ich wol mit der geistlichen niessung zu frieden seyn kan
und solle/ wo mir die sacramentliche nicht werden kan/ so müssen es gleich wol
wichtige ursachen seyn/ die mich davon abzuhalten hätten/ daß ich nicht mei-
ner seelen trost am allerkräfftigsten suchte. Dieses sind meine gedancken über
die vorgelegte frag/ so ich zu desselben eigenen christlichen nachsinnen überge-
be/ nach dero prüfung zu wehlen/ was sein gewissen ihm für das dienlichste
achten wird. Der HErr HErr lasse ihn und uns alle immer mehr wachsen
am innern menschen/ und zeige uns durch seines Geistes gnade/ welche mit-
tel er dazu am kräfftigsten segnen wolle. 1680.

SECTIO XXVI.
Von offtmaliger geniessung des H. Abendmahls.

ES ist 1. eine ausgemachte sache/ daß uns unser liebste Heyland keine
gewisse zeit noch zahl gesetzet hat/ wann und wie offt wir seines H. A-
bendmahls uns theilhafftig machen solten; daher weder insgemein
ein gewisses gesetz für alle gegeben werden darff/ noch auch ich rathsam halte/
daß einer ihm selbs eine solche ordnung machte/ bey dero er allzu praecise bliebe/
und sich davon auszusetzen ein gewissen machte/ indem einiges gutes dadurch
gehindert werden möchte. 2. Jndessen hat nicht allein unser liebste Heyland
damit/ wann es heißt/ so offt ihrs trincket/ gewiesen/ daß es eine sache seye/
die mehrmal geschehen solle; sondern die vortreflichkeit der güter/ die uns dar-
innen gereichet werden/ der trefliche nutze/ welchen dieselbe bey uns wircken
sollen/ und die schuldige pflicht seinen todt offt zu verkündigen/ sollen uns von
sich selbs zu offtmaliger begehung dieses gedächtnüß- liebes- und lebens-
mahls treiben. 3. Daher haben die ersten Christen gemeiniglich täglich/ o-
der so offt sie ihre versammlungen hielten/ sich auch mit diesen himmels-schä-

tzen

Das dritte Capitel.
wenigſten die offtere communion rathe/ da ſie mit ſo ſchlechter vorbereitung
und frucht geſchicht/ ſo wuͤrde hingegen hertzlich verlangen/ daß fromme ſee-
len ſich offters damit ſtaͤrcketen. 5. Ob wir wol in der geiſtlichen nieſſung e-
ben ſo wol dasjenige alles haben/ was uns zu unſerer ſeligkeit noͤthig iſt/ ſo
iſt doch nicht zu leugnen/ daß dem H. Abendmahl noch eine ſonderbahrere
krafft ſeye/ als auſſer demſelben. Dann wir werden je nicht ſagen/ daß es
ohne noth oder nutzen eingeſetzt ſeye. Es iſt die geiſtliche nieſſung ſo zu re-
den/ die taͤgliche ſpeiſe der ſeelen; die ſacramentliche aber als eine artzney. Nun
wie es in dem leiblichen dahin kommen kan/ daß zuweilen wir mit der ſpeiſe
nicht genug haben/ ſondern auch einiger artzney bedoͤrfftig ſeynd; ſo kans
auch in dieſem geiſtlichen hergehen. Wie ich mich erinnere/ unterſchiedliche
mal ſolches gleichnuͤß von meinem S. Præceptore, Herr D. Dañhauern/ gehoͤrt
zu haben. Daher ob ich wol mit der geiſtlichen nieſſung zu frieden ſeyn kan
und ſolle/ wo mir die ſacramentliche nicht werden kan/ ſo muͤſſen es gleich wol
wichtige urſachen ſeyn/ die mich davon abzuhalten haͤtten/ daß ich nicht mei-
ner ſeelen troſt am allerkraͤfftigſten ſuchte. Dieſes ſind meine gedancken uͤber
die vorgelegte frag/ ſo ich zu deſſelben eigenen chriſtlichen nachſinnen uͤberge-
be/ nach dero pruͤfung zu wehlen/ was ſein gewiſſen ihm fuͤr das dienlichſte
achten wird. Der HErr HErr laſſe ihn und uns alle immer mehr wachſen
am innern menſchen/ und zeige uns durch ſeines Geiſtes gnade/ welche mit-
tel er dazu am kraͤfftigſten ſegnen wolle. 1680.

SECTIO XXVI.
Von offtmaliger genieſſung des H. Abendmahls.

ES iſt 1. eine ausgemachte ſache/ daß uns unſer liebſte Heyland keine
gewiſſe zeit noch zahl geſetzet hat/ wann und wie offt wir ſeines H. A-
bendmahls uns theilhafftig machen ſolten; daher weder insgemein
ein gewiſſes geſetz fuͤr alle gegeben werden darff/ noch auch ich rathſam halte/
daß eineꝛ ihm ſelbs eine ſolche ordnung machte/ bey deꝛo eꝛ allzu præciſe bliebe/
und ſich davon auszuſetzen ein gewiſſen machte/ indem einiges gutes dadurch
gehindert werden moͤchte. 2. Jndeſſen hat nicht allein unſer liebſte Heyland
damit/ wann es heißt/ ſo offt ihrs trincket/ gewieſen/ daß es eine ſache ſeye/
die mehrmal geſchehen ſolle; ſondern die vortreflichkeit der guͤter/ die uns dar-
innen gereichet werden/ der trefliche nutze/ welchen dieſelbe bey uns wircken
ſollen/ und die ſchuldige pflicht ſeinen todt offt zu verkuͤndigen/ ſollen uns von
ſich ſelbs zu offtmaliger begehung dieſes gedaͤchtnuͤß- liebes- und lebens-
mahls treiben. 3. Daher haben die erſten Chriſten gemeiniglich taͤglich/ o-
der ſo offt ſie ihre verſammlungen hielten/ ſich auch mit dieſen himmels-ſchaͤ-

tzen
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[138/0146] Das dritte Capitel. wenigſten die offtere communion rathe/ da ſie mit ſo ſchlechter vorbereitung und frucht geſchicht/ ſo wuͤrde hingegen hertzlich verlangen/ daß fromme ſee- len ſich offters damit ſtaͤrcketen. 5. Ob wir wol in der geiſtlichen nieſſung e- ben ſo wol dasjenige alles haben/ was uns zu unſerer ſeligkeit noͤthig iſt/ ſo iſt doch nicht zu leugnen/ daß dem H. Abendmahl noch eine ſonderbahrere krafft ſeye/ als auſſer demſelben. Dann wir werden je nicht ſagen/ daß es ohne noth oder nutzen eingeſetzt ſeye. Es iſt die geiſtliche nieſſung ſo zu re- den/ die taͤgliche ſpeiſe der ſeelen; die ſacramentliche aber als eine artzney. Nun wie es in dem leiblichen dahin kommen kan/ daß zuweilen wir mit der ſpeiſe nicht genug haben/ ſondern auch einiger artzney bedoͤrfftig ſeynd; ſo kans auch in dieſem geiſtlichen hergehen. Wie ich mich erinnere/ unterſchiedliche mal ſolches gleichnuͤß von meinem S. Præceptore, Herr D. Dañhauern/ gehoͤrt zu haben. Daher ob ich wol mit der geiſtlichen nieſſung zu frieden ſeyn kan und ſolle/ wo mir die ſacramentliche nicht werden kan/ ſo muͤſſen es gleich wol wichtige urſachen ſeyn/ die mich davon abzuhalten haͤtten/ daß ich nicht mei- ner ſeelen troſt am allerkraͤfftigſten ſuchte. Dieſes ſind meine gedancken uͤber die vorgelegte frag/ ſo ich zu deſſelben eigenen chriſtlichen nachſinnen uͤberge- be/ nach dero pruͤfung zu wehlen/ was ſein gewiſſen ihm fuͤr das dienlichſte achten wird. Der HErr HErr laſſe ihn und uns alle immer mehr wachſen am innern menſchen/ und zeige uns durch ſeines Geiſtes gnade/ welche mit- tel er dazu am kraͤfftigſten ſegnen wolle. 1680. SECTIO XXVI. Von offtmaliger genieſſung des H. Abendmahls. ES iſt 1. eine ausgemachte ſache/ daß uns unſer liebſte Heyland keine gewiſſe zeit noch zahl geſetzet hat/ wann und wie offt wir ſeines H. A- bendmahls uns theilhafftig machen ſolten; daher weder insgemein ein gewiſſes geſetz fuͤr alle gegeben werden darff/ noch auch ich rathſam halte/ daß eineꝛ ihm ſelbs eine ſolche ordnung machte/ bey deꝛo eꝛ allzu præciſe bliebe/ und ſich davon auszuſetzen ein gewiſſen machte/ indem einiges gutes dadurch gehindert werden moͤchte. 2. Jndeſſen hat nicht allein unſer liebſte Heyland damit/ wann es heißt/ ſo offt ihrs trincket/ gewieſen/ daß es eine ſache ſeye/ die mehrmal geſchehen ſolle; ſondern die vortreflichkeit der guͤter/ die uns dar- innen gereichet werden/ der trefliche nutze/ welchen dieſelbe bey uns wircken ſollen/ und die ſchuldige pflicht ſeinen todt offt zu verkuͤndigen/ ſollen uns von ſich ſelbs zu offtmaliger begehung dieſes gedaͤchtnuͤß- liebes- und lebens- mahls treiben. 3. Daher haben die erſten Chriſten gemeiniglich taͤglich/ o- der ſo offt ſie ihre verſammlungen hielten/ ſich auch mit dieſen himmels-ſchaͤ- tzen

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/146>, abgerufen am 22.11.2024.