Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. I. SECTIO XXIII.
nahm des falles des ärgernüsses zu verstehen/ und auch dieselbe hie zu wie-
derhohlen.

IV.
Unter der communion/ wenn die wort der einsetzung von dem
Diacono abgesungen/ ob der lay nicht mitsinge/ sondern in der
stille solche wort nachspräche/ und nach verrichtetem gebet wol
möge hinweggehen; oder ober schuldig seye/ biß die communi-
on gantz aus seye/ zu bleiben?

1. BEy dieser frage/ da des mitsingens meldung gethan wird/ ist mir dero
kirchen gewohnheit nicht bekant/ ob sonsten die gemeinde/ oder einige
derselben/ solche mitzusingen pflegen; indem mir nicht wissend ist/ anders wo
von einer dergleichen gewohnheit gehöret zu haben: auch nicht leugne/ daß
mir dieselbe etwas unformlich vorkäme/ sonderlich/ weil solche wort die Con-
secration
in sich fassen/ die nicht eigentlich von der gemeinde/ sondern von dem
Prediger geschihet. Daher nicht davor halte/ daß andre mitzusingen/ oder
auch sonsten die wort eigentlich/ wie sonsten etwas/ was uns der Prediger
vorspricht/ nachzusprechen haben: sondern man hat allein mit hertzlicher an-
dacht denselben nachzudencken/ und sich/ was der HErr damals gethan und
geredet/ zu erinnern.

2. Das bleiben bey der communion aber betreffende/ bekenne ich/ daß
zwahr keinen austrücklichen befehl des HEren habe/ daß ich alle glieder der
gemeinde zu dero gegenwart dabey/ obligiren könte; jedoch achte ich/ daß die
gemeinschafft der heiligen/ und die wir mit unsern mitgliedern/ so gerade da-
mals communiciren/ haben/ uns billig dazu antreiben solle/ daß wir mit den-
selben für ihre würdige communion beten/ und nach derselben mit ihnen dan-
cken/ auch um die versiegelung der empfangenen gnade für sie bitten/ daher
ihr geistliches gute damit befördern. Wie wir etwa in dem fall unsrer eignen
communion ohne zweiffel wünschen werden/ daß unsrer mitbrüder mehrere
seyn mögen/ welche ihre andacht mit der unsrigen vereinigen/ und uns die nö-
thige gnade erbitten helffen; weßwegen wir uns nicht weniger zu gleicher lie-
be gegen sie verbunden achten sollen.

3. Jch gläube auch/ daß das dabeyverbleiben bey der communion/ un-
srer eignen andacht sehr nützlich seye/ indem man allezeit dabey nicht nur die
gelegenheit hat/ an die theure wohlthat des heil. abendmahls/ dero wir auch
offt geniessen/ mit andacht zu gedencken; sondern vornemlich sich allemal das
leiden und sterben unsers Heylands/ zu dessen gedächtnüß dieses Sacrament
eingesetzet ist/ desto kräfftiger vorzustellen/ und also samt den communican-
ten den todt des HErrn dabey zu verkündigen. Nun ist kein articul unsrer

christ-
O

ARTIC. I. SECTIO XXIII.
nahm des falles des aͤrgernuͤſſes zu verſtehen/ und auch dieſelbe hie zu wie-
derhohlen.

IV.
Unter der communion/ wenn die wort der einſetzung von dem
Diacono abgeſungen/ ob der lay nicht mitſinge/ ſondern in der
ſtille ſolche wort nachſpraͤche/ und nach verrichtetem gebet wol
moͤge hinweggehen; oder ober ſchuldig ſeye/ biß die communi-
on gantz aus ſeye/ zu bleiben?

1. BEy dieſer frage/ da des mitſingens meldung gethan wird/ iſt mir dero
kirchen gewohnheit nicht bekant/ ob ſonſten die gemeinde/ oder einige
derſelben/ ſolche mitzuſingen pflegen; indem mir nicht wiſſend iſt/ anders wo
von einer dergleichen gewohnheit gehoͤret zu haben: auch nicht leugne/ daß
mir dieſelbe etwas unformlich vorkaͤme/ ſonderlich/ weil ſolche wort die Con-
ſecration
in ſich faſſen/ die nicht eigentlich von der gemeinde/ ſondern von dem
Prediger geſchihet. Daher nicht davor halte/ daß andre mitzuſingen/ oder
auch ſonſten die wort eigentlich/ wie ſonſten etwas/ was uns der Prediger
vorſpricht/ nachzuſprechen haben: ſondern man hat allein mit hertzlicher an-
dacht denſelben nachzudencken/ und ſich/ was der HErr damals gethan und
geredet/ zu erinnern.

2. Das bleiben bey der communion aber betreffende/ bekenne ich/ daß
zwahr keinen austruͤcklichen befehl des HEren habe/ daß ich alle glieder der
gemeinde zu dero gegenwart dabey/ obligiren koͤnte; jedoch achte ich/ daß die
gemeinſchafft der heiligen/ und die wir mit unſern mitgliedern/ ſo gerade da-
mals communiciren/ haben/ uns billig dazu antreiben ſolle/ daß wir mit den-
ſelben fuͤr ihre wuͤrdige communion beten/ und nach derſelben mit ihnen dan-
cken/ auch um die verſiegelung der empfangenen gnade fuͤr ſie bitten/ daher
ihr geiſtliches gute damit befoͤrdern. Wie wir etwa in dem fall unſrer eignen
communion ohne zweiffel wuͤnſchen werden/ daß unſrer mitbruͤder mehrere
ſeyn moͤgen/ welche ihre andacht mit der unſrigen vereinigen/ und uns die noͤ-
thige gnade erbitten helffen; weßwegen wir uns nicht weniger zu gleicher lie-
be gegen ſie verbunden achten ſollen.

3. Jch glaͤube auch/ daß das dabeyverbleiben bey der communion/ un-
ſrer eignen andacht ſehr nuͤtzlich ſeye/ indem man allezeit dabey nicht nur die
gelegenheit hat/ an die theure wohlthat des heil. abendmahls/ dero wir auch
offt genieſſen/ mit andacht zu gedencken; ſondern vornemlich ſich allemal das
leiden und ſterben unſers Heylands/ zu deſſen gedaͤchtnuͤß dieſes Sacrament
eingeſetzet iſt/ deſto kraͤfftiger vorzuſtellen/ und alſo ſamt den communican-
ten den todt des HErrn dabey zu verkuͤndigen. Nun iſt kein articul unſrer

chriſt-
O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0113" n="105"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. I. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXIII.</hi></hi></fw><lb/>
nahm des falles des a&#x0364;rgernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;es zu ver&#x017F;tehen/ und auch die&#x017F;elbe hie zu wie-<lb/>
derhohlen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">IV.</hi> </hi> </head><lb/>
              <list>
                <item> <hi rendition="#fr">Unter der communion/ wenn die wort der ein&#x017F;etzung von dem</hi><lb/> <hi rendition="#aq">Diacono</hi> <hi rendition="#fr">abge&#x017F;ungen/ ob der lay nicht mit&#x017F;inge/ &#x017F;ondern in der<lb/>
&#x017F;tille &#x017F;olche wort nach&#x017F;pra&#x0364;che/ und nach verrichtetem gebet wol<lb/>
mo&#x0364;ge hinweggehen; oder ober &#x017F;chuldig &#x017F;eye/ biß die communi-<lb/>
on gantz aus &#x017F;eye/ zu bleiben?</hi> </item>
              </list><lb/>
              <p>1. <hi rendition="#in">B</hi>Ey die&#x017F;er frage/ da des mit&#x017F;ingens meldung gethan wird/ i&#x017F;t mir dero<lb/>
kirchen gewohnheit nicht bekant/ ob &#x017F;on&#x017F;ten die gemeinde/ oder einige<lb/>
der&#x017F;elben/ &#x017F;olche mitzu&#x017F;ingen pflegen; indem mir nicht wi&#x017F;&#x017F;end i&#x017F;t/ anders wo<lb/>
von einer dergleichen gewohnheit geho&#x0364;ret zu haben: auch nicht leugne/ daß<lb/>
mir die&#x017F;elbe etwas unformlich vorka&#x0364;me/ &#x017F;onderlich/ weil &#x017F;olche wort die <hi rendition="#aq">Con-<lb/>
&#x017F;ecration</hi> in &#x017F;ich fa&#x017F;&#x017F;en/ die nicht eigentlich von der gemeinde/ &#x017F;ondern von dem<lb/>
Prediger ge&#x017F;chihet. Daher nicht davor halte/ daß andre mitzu&#x017F;ingen/ oder<lb/>
auch &#x017F;on&#x017F;ten die wort eigentlich/ wie &#x017F;on&#x017F;ten etwas/ was uns der Prediger<lb/>
vor&#x017F;pricht/ nachzu&#x017F;prechen haben: &#x017F;ondern man hat allein mit hertzlicher an-<lb/>
dacht den&#x017F;elben nachzudencken/ und &#x017F;ich/ was der HErr damals gethan und<lb/>
geredet/ zu erinnern.</p><lb/>
              <p>2. Das bleiben bey der communion aber betreffende/ bekenne ich/ daß<lb/>
zwahr keinen austru&#x0364;cklichen befehl des HEren habe/ daß ich alle glieder der<lb/>
gemeinde zu dero gegenwart dabey/ <hi rendition="#aq">obligi</hi>ren ko&#x0364;nte; jedoch achte ich/ daß die<lb/>
gemein&#x017F;chafft der heiligen/ und die wir mit un&#x017F;ern mitgliedern/ &#x017F;o gerade da-<lb/>
mals communiciren/ haben/ uns billig dazu antreiben &#x017F;olle/ daß wir mit den-<lb/>
&#x017F;elben fu&#x0364;r ihre wu&#x0364;rdige communion beten/ und nach der&#x017F;elben mit ihnen dan-<lb/>
cken/ auch um die ver&#x017F;iegelung der empfangenen gnade fu&#x0364;r &#x017F;ie bitten/ daher<lb/>
ihr gei&#x017F;tliches gute damit befo&#x0364;rdern. Wie wir etwa in dem fall un&#x017F;rer eignen<lb/>
communion ohne zweiffel wu&#x0364;n&#x017F;chen werden/ daß un&#x017F;rer mitbru&#x0364;der mehrere<lb/>
&#x017F;eyn mo&#x0364;gen/ welche ihre andacht mit der un&#x017F;rigen vereinigen/ und uns die no&#x0364;-<lb/>
thige gnade erbitten helffen; weßwegen wir uns nicht weniger zu gleicher lie-<lb/>
be gegen &#x017F;ie verbunden achten &#x017F;ollen.</p><lb/>
              <p>3. Jch gla&#x0364;ube auch/ daß das dabeyverbleiben bey der communion/ un-<lb/>
&#x017F;rer eignen andacht &#x017F;ehr nu&#x0364;tzlich &#x017F;eye/ indem man allezeit dabey nicht nur die<lb/>
gelegenheit hat/ an die theure wohlthat des heil. abendmahls/ dero wir auch<lb/>
offt genie&#x017F;&#x017F;en/ mit andacht zu gedencken; &#x017F;ondern vornemlich &#x017F;ich allemal das<lb/>
leiden und &#x017F;terben un&#x017F;ers Heylands/ zu de&#x017F;&#x017F;en geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß die&#x017F;es Sacrament<lb/>
einge&#x017F;etzet i&#x017F;t/ de&#x017F;to kra&#x0364;fftiger vorzu&#x017F;tellen/ und al&#x017F;o &#x017F;amt den communican-<lb/>
ten den todt des HErrn dabey zu verku&#x0364;ndigen. Nun i&#x017F;t kein articul un&#x017F;rer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O</fw><fw place="bottom" type="catch">chri&#x017F;t-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0113] ARTIC. I. SECTIO XXIII. nahm des falles des aͤrgernuͤſſes zu verſtehen/ und auch dieſelbe hie zu wie- derhohlen. IV. Unter der communion/ wenn die wort der einſetzung von dem Diacono abgeſungen/ ob der lay nicht mitſinge/ ſondern in der ſtille ſolche wort nachſpraͤche/ und nach verrichtetem gebet wol moͤge hinweggehen; oder ober ſchuldig ſeye/ biß die communi- on gantz aus ſeye/ zu bleiben? 1. BEy dieſer frage/ da des mitſingens meldung gethan wird/ iſt mir dero kirchen gewohnheit nicht bekant/ ob ſonſten die gemeinde/ oder einige derſelben/ ſolche mitzuſingen pflegen; indem mir nicht wiſſend iſt/ anders wo von einer dergleichen gewohnheit gehoͤret zu haben: auch nicht leugne/ daß mir dieſelbe etwas unformlich vorkaͤme/ ſonderlich/ weil ſolche wort die Con- ſecration in ſich faſſen/ die nicht eigentlich von der gemeinde/ ſondern von dem Prediger geſchihet. Daher nicht davor halte/ daß andre mitzuſingen/ oder auch ſonſten die wort eigentlich/ wie ſonſten etwas/ was uns der Prediger vorſpricht/ nachzuſprechen haben: ſondern man hat allein mit hertzlicher an- dacht denſelben nachzudencken/ und ſich/ was der HErr damals gethan und geredet/ zu erinnern. 2. Das bleiben bey der communion aber betreffende/ bekenne ich/ daß zwahr keinen austruͤcklichen befehl des HEren habe/ daß ich alle glieder der gemeinde zu dero gegenwart dabey/ obligiren koͤnte; jedoch achte ich/ daß die gemeinſchafft der heiligen/ und die wir mit unſern mitgliedern/ ſo gerade da- mals communiciren/ haben/ uns billig dazu antreiben ſolle/ daß wir mit den- ſelben fuͤr ihre wuͤrdige communion beten/ und nach derſelben mit ihnen dan- cken/ auch um die verſiegelung der empfangenen gnade fuͤr ſie bitten/ daher ihr geiſtliches gute damit befoͤrdern. Wie wir etwa in dem fall unſrer eignen communion ohne zweiffel wuͤnſchen werden/ daß unſrer mitbruͤder mehrere ſeyn moͤgen/ welche ihre andacht mit der unſrigen vereinigen/ und uns die noͤ- thige gnade erbitten helffen; weßwegen wir uns nicht weniger zu gleicher lie- be gegen ſie verbunden achten ſollen. 3. Jch glaͤube auch/ daß das dabeyverbleiben bey der communion/ un- ſrer eignen andacht ſehr nuͤtzlich ſeye/ indem man allezeit dabey nicht nur die gelegenheit hat/ an die theure wohlthat des heil. abendmahls/ dero wir auch offt genieſſen/ mit andacht zu gedencken; ſondern vornemlich ſich allemal das leiden und ſterben unſers Heylands/ zu deſſen gedaͤchtnuͤß dieſes Sacrament eingeſetzet iſt/ deſto kraͤfftiger vorzuſtellen/ und alſo ſamt den communican- ten den todt des HErrn dabey zu verkuͤndigen. Nun iſt kein articul unſrer chriſt- O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/113
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/113>, abgerufen am 23.11.2024.