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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. V. SECTIO XIV.
gelassen werden sollen. Jst also diesesmal gar nicht die frage von einem von der
gantzen Evangelischen oder doch gesamten Brandenburgischen mit gutem be-
dacht angenommenen ritu, sondern einer unvermerckt eingeschlichener gewohn-
heit/ darinnen alsdenn diejenige kirchen/ so einen solchen incommodum, und
besorglich aus einigen reliqviis der transsubstantiation herentstandenen ritum be-
halten hatten/ sich billich den andern/ da er nicht gewest/ oder bereits lange ver-
lassen ist/ zu conformiren haben. Das größte incommodum aber ist dieses/
daß bey solchem röhrichen der Prediger niemals versichert ist/ ob der communi-
cant
wahrhafftig getruncken/ oder wo nicht aus boßheit und mit fleiß/ iedoch aus
dummheit und unvorsichtigkeit/ nichts an sich gezogen habe: welches letztere offt-
mals geschehen zu seyn erzehlt wird/ und sonderlich bey dem groben und unver-
ständigen volck auch mit öffterem erinnern solches nicht gnug praecaviret werden
kan. Es ist gar ein exempel bekant worden/ daß eine weibsperson aus dieser ursa-
che/ weil sie offt in der communion keinen wein zu sich bekommen/ sich zu den Re-
formirten begeben hat: daher wo die Reformirte in dieser sache ihr eigen inter-
esse
beobachten wolten/ sie nur lieber diesen ritum, dessen wir uns nicht rühmen/
und sich auch einige der unsrigen leicht dran stossen können/ lassen/ als durch des-
sen abstellung vielmehr den wohlstand bey uns befördern würden. Daher nicht
sehe/ wie jemand an dieser verordnung mißfallen zu schöpffen habe/ sondern es
hat billig jeder gern derselben sich zu beqvemen: worinnen wir auch den adver-
sariis,
als die daran zu ihrem vortheil nichts gewinnen/ oder etwas ihres inter-
esse
darinnen suchen mögen/ zu weichen/ den nahmen nicht bekommen können.
Nur hielte vor dienlich/ um der unberichteten willen/ daß wo solche ceremonie
bißher im gebrauch gewesen/ der gemeinde die ursach solcher änderung/ darzu be-
reits/ daß so leicht dardurch einige nur die eine gestalt zu geniessen bekommen/
gnug seyn mag/ angedeutet und gewiesen werde/ wie solche änderung weder
unsre lehr/ noch mit fleiß von der kirchen veliebte ceremonien berühre/ und daher
sich niemand daran zu stossen ursach habe: wie ich auch glaube/ daß von der ge-
meinde nicht leicht iemand/ er höre dann etwas dergleichen von uns selbs/ sich
darüber scrupel machen werde. Der HErr aber gebe uns selbs in allen dingen
seinen willen/ und was das beste seye/ zu erkennen/ hingegen wende er alle
ärgernüssen in gnaden ab. 1696.

ARTIC.

ARTIC. V. SECTIO XIV.
gelaſſen werden ſollen. Jſt alſo dieſesmal gar nicht die frage von einem von der
gantzen Evangeliſchen oder doch geſamten Brandenburgiſchen mit gutem be-
dacht angenommenen ritu, ſondern einer unvermerckt eingeſchlichener gewohn-
heit/ darinnen alsdenn diejenige kirchen/ ſo einen ſolchen incommodum, und
beſorglich aus einigen reliqviis der transſubſtantiation herentſtandenen ritum be-
halten hatten/ ſich billich den andern/ da er nicht geweſt/ oder bereits lange ver-
laſſen iſt/ zu conformiren haben. Das groͤßte incommodum aber iſt dieſes/
daß bey ſolchem roͤhrichen der Prediger niemals verſichert iſt/ ob der communi-
cant
wahrhafftig getruncken/ oder wo nicht aus boßheit und mit fleiß/ iedoch aus
dummheit und unvorſichtigkeit/ nichts an ſich gezogen habe: welches letztere offt-
mals geſchehen zu ſeyn erzehlt wird/ und ſonderlich bey dem groben und unver-
ſtaͤndigen volck auch mit oͤffterem erinnern ſolches nicht gnug præcaviret werden
kan. Es iſt gar ein exempel bekant worden/ daß eine weibsperſon aus dieſer urſa-
che/ weil ſie offt in der communion keinen wein zu ſich bekommen/ ſich zu den Re-
formirten begeben hat: daher wo die Reformirte in dieſer ſache ihr eigen inter-
eſſe
beobachten wolten/ ſie nur lieber dieſen ritum, deſſen wir uns nicht ruͤhmen/
und ſich auch einige der unſrigen leicht dran ſtoſſen koͤnnen/ laſſen/ als durch deſ-
ſen abſtellung vielmehr den wohlſtand bey uns befoͤrdern wuͤrden. Daher nicht
ſehe/ wie jemand an dieſer verordnung mißfallen zu ſchoͤpffen habe/ ſondern es
hat billig jeder gern derſelben ſich zu beqvemen: worinnen wir auch den adver-
ſariis,
als die daran zu ihrem vortheil nichts gewinnen/ oder etwas ihres inter-
eſſe
darinnen ſuchen moͤgen/ zu weichen/ den nahmen nicht bekommen koͤnnen.
Nur hielte vor dienlich/ um der unberichteten willen/ daß wo ſolche ceremonie
bißher im gebrauch geweſen/ der gemeinde die urſach ſolcher aͤnderung/ darzu be-
reits/ daß ſo leicht dardurch einige nur die eine geſtalt zu genieſſen bekommen/
gnug ſeyn mag/ angedeutet und gewieſen werde/ wie ſolche aͤnderung weder
unſre lehr/ noch mit fleiß von der kirchen veliebte ceremonien beruͤhre/ und daher
ſich niemand daran zu ſtoſſen urſach habe: wie ich auch glaube/ daß von der ge-
meinde nicht leicht iemand/ er hoͤre dann etwas dergleichen von uns ſelbs/ ſich
daruͤber ſcrupel machen werde. Der HErr aber gebe uns ſelbs in allen dingen
ſeinen willen/ und was das beſte ſeye/ zu erkennen/ hingegen wende er alle
aͤrgernuͤſſen in gnaden ab. 1696.

ARTIC.
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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/991>, abgerufen am 21.11.2024.