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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
ob wohl die hausväter desselben nicht würdig wären/ nicht zu unterlassen.
Dann da sie noch (ob wohl aus fleischlichen ursachen/ um auch vor gute Chri-
sten gehalten zu werden) die besuchung leiden mögen/ müssen wir gedencken/
daß was von unsrer arbeit an ihnen nicht fruchte/ an den andern aufs wenig-
ste fruchten/ und unsre mühe ersetzen könne. Wolte man aber gedencken/
daß man sie durch solche besuchung und freundlichen zuspruch in der sicherheit
ste fruchten/ und unsre mühe ersetzen könne. Wolte man aber gedencken/
daß man sie durch solche besuchung und freundlichen zuspruch in der sicherheit
stärcke und also ihr böses bekräfftige/ hielte ich dannoch/ daß solches nicht so
erheblich seye/ die sache deswegen zu unterlassen/ nach dem auch unser Hei-
land zu Phariseern und schrifftgelehrten/ deren heucheley er kante/ gekommen
ist; Es kan auch der discurs also eingerichtet werden/ daß alsdenn nicht nur
was von kindern und gesinde bereits gutes in sich hat/ gestärcket werde/ son-
dern die hauß-väter selbs/ zur besserung ihres lebens durch offenbahrung ihrer
heucheley/ welche sie zuweilen selbs nicht kennen/ gebracht/ aufs wenigste daß
man ihr leben nicht billige/ überzeuget/ und desto unentschuldbahrer ge-
macht werden. Auf die absonderl. fragen zu kommen/ ist die erste wegen des
taback-bauens/ von dem ich nicht in abrede bin/ daß mit geliebtem
bruder nicht einerley meinung seye/ noch solchen bau vor sündlich ha-
ten könte/ auch die daran arbeiten/ davon nicht abhalten wolte. Es ist
nicht allein das gewächs an sich so wol ein geschöpffe GOTTES als an-
dere/ sondern auch dem menschl. geschlechte nutz. Und ob wohl nicht ohn ist/
daß der allermeiste taback unnützlich und mit sünden gebrauchet wird/ höre
ich (der aus eigner erfahrung nichts weiß/ noch ie dergleichen getruncken hal-
be) doch so von medicis als andern leuten/ daß dessen mäßiger gebrauch so
wohl der gesundheit gewisser leute vorträglich/ als einigen/ so zum exempel
auff denen schiffen dienen/ fast nothwendig seye/ nicht weniger in dem krieg
offtmahls denen/ so ihre speisen nicht nach der gesundheit haben können/ vie-
len vortheil thue: wie also derselbe seinen nutzen hat/ so kan auch einem ort
und land daran zu seiner mehrern nahrung viel gelegen seyn/ daß des jenigen
eine ziemliche quantität gebauet und bereitet werde/ so an andere ort verfüh-
ret einiges geld in das land bringet: wie mir orte bekant sind/ deren meiste ein-
kunfften austaback bestehen/ so nach den Niederlanden verführet wird. Da
also der taback ein an sich nützliches gewächs ist/ so mag der mißbrauch dessel-
ben/ wie sehr er auch eingerissen ist/ den bau und bereitung nicht sündlich
machen/ als lange die bauende und bereitende zu dem mißbrauch nicht selbs
mit helffen: So wenig als wein zu bauen/ bier zu brauen/ brantenwein
zu brennen/ vor unrecht geachtet werden mag/ ob wohl von allen denselben
wo nicht das meiste/ dochgewiß nicht viel weniger als dasselbe/ mehr zum miß-
als rechten gebrauch angewendet wird. Daher ich (nicht zu reden von denen/
welche den taback bauen) auch deren unterschiedl. fromme männer gekant habe/

und

Das andere Capitel.
ob wohl die hausvaͤter deſſelben nicht wuͤrdig waͤren/ nicht zu unterlaſſen.
Dann da ſie noch (ob wohl aus fleiſchlichen urſachen/ um auch vor gute Chri-
ſten gehalten zu werden) die beſuchung leiden moͤgen/ muͤſſen wir gedencken/
daß was von unſrer arbeit an ihnen nicht fruchte/ an den andern aufs wenig-
ſte fruchten/ und unſre muͤhe erſetzen koͤnne. Wolte man aber gedencken/
daß man ſie durch ſolche beſuchung und freundlichen zuſpruch in der ſicherheit
ſte fruchten/ und unſre muͤhe erſetzen koͤnne. Wolte man aber gedencken/
daß man ſie durch ſolche beſuchung und freundlichen zuſpruch in der ſicherheit
ſtaͤrcke und alſo ihr boͤſes bekraͤfftige/ hielte ich dannoch/ daß ſolches nicht ſo
erheblich ſeye/ die ſache deswegen zu unterlaſſen/ nach dem auch unſer Hei-
land zu Phariſeern und ſchrifftgelehrten/ deren heucheley er kante/ gekommen
iſt; Es kan auch der diſcurs alſo eingerichtet werden/ daß alsdenn nicht nur
was von kindern und geſinde bereits gutes in ſich hat/ geſtaͤrcket werde/ ſon-
dern die hauß-vaͤter ſelbs/ zur beſſerung ihres lebens durch offenbahrung ihrer
heucheley/ welche ſie zuweilen ſelbs nicht kennen/ gebracht/ aufs wenigſte daß
man ihr leben nicht billige/ uͤberzeuget/ und deſto unentſchuldbahrer ge-
macht werden. Auf die abſonderl. fragen zu kommen/ iſt die erſte wegen des
taback-bauens/ von dem ich nicht in abrede bin/ daß mit geliebtem
bruder nicht einerley meinung ſeye/ noch ſolchen bau vor ſuͤndlich ha-
ten koͤnte/ auch die daran arbeiten/ davon nicht abhalten wolte. Es iſt
nicht allein das gewaͤchs an ſich ſo wol ein geſchoͤpffe GOTTES als an-
dere/ ſondern auch dem menſchl. geſchlechte nutz. Und ob wohl nicht ohn iſt/
daß der allermeiſte taback unnuͤtzlich und mit ſuͤnden gebrauchet wird/ hoͤre
ich (der aus eigner erfahrung nichts weiß/ noch ie dergleichen getruncken hal-
be) doch ſo von medicis als andern leuten/ daß deſſen maͤßiger gebrauch ſo
wohl der geſundheit gewiſſer leute vortraͤglich/ als einigen/ ſo zum exempel
auff denen ſchiffen dienen/ faſt nothwendig ſeye/ nicht weniger in dem krieg
offtmahls denen/ ſo ihre ſpeiſen nicht nach der geſundheit haben koͤnnen/ vie-
len vortheil thue: wie alſo derſelbe ſeinen nutzen hat/ ſo kan auch einem ort
und land daran zu ſeiner mehrern nahrung viel gelegen ſeyn/ daß des jenigen
eine ziemliche quantitaͤt gebauet und bereitet werde/ ſo an andere ort verfuͤh-
ret einiges geld in das land bringet: wie mir orte bekant ſind/ deren meiſte ein-
kunfften austaback beſtehen/ ſo nach den Niederlanden verfuͤhret wird. Da
alſo der taback ein an ſich nuͤtzliches gewaͤchs iſt/ ſo mag der mißbrauch deſſel-
ben/ wie ſehr er auch eingeriſſen iſt/ den bau und bereitung nicht ſuͤndlich
machen/ als lange die bauende und bereitende zu dem mißbrauch nicht ſelbs
mit helffen: So wenig als wein zu bauen/ bier zu brauen/ brantenwein
zu brennen/ vor unrecht geachtet werden mag/ ob wohl von allen denſelben
wo nicht das meiſte/ dochgewiß nicht viel weniger als daſſelbe/ mehr zum miß-
als rechten gebrauch angewendet wird. Daher ich (nicht zu reden von denen/
welche den taback bauen) auch deren unterſchiedl. from̃e maͤnner gekant habe/

und
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[680/0696] Das andere Capitel. ob wohl die hausvaͤter deſſelben nicht wuͤrdig waͤren/ nicht zu unterlaſſen. Dann da ſie noch (ob wohl aus fleiſchlichen urſachen/ um auch vor gute Chri- ſten gehalten zu werden) die beſuchung leiden moͤgen/ muͤſſen wir gedencken/ daß was von unſrer arbeit an ihnen nicht fruchte/ an den andern aufs wenig- ſte fruchten/ und unſre muͤhe erſetzen koͤnne. Wolte man aber gedencken/ daß man ſie durch ſolche beſuchung und freundlichen zuſpruch in der ſicherheit ſte fruchten/ und unſre muͤhe erſetzen koͤnne. Wolte man aber gedencken/ daß man ſie durch ſolche beſuchung und freundlichen zuſpruch in der ſicherheit ſtaͤrcke und alſo ihr boͤſes bekraͤfftige/ hielte ich dannoch/ daß ſolches nicht ſo erheblich ſeye/ die ſache deswegen zu unterlaſſen/ nach dem auch unſer Hei- land zu Phariſeern und ſchrifftgelehrten/ deren heucheley er kante/ gekommen iſt; Es kan auch der diſcurs alſo eingerichtet werden/ daß alsdenn nicht nur was von kindern und geſinde bereits gutes in ſich hat/ geſtaͤrcket werde/ ſon- dern die hauß-vaͤter ſelbs/ zur beſſerung ihres lebens durch offenbahrung ihrer heucheley/ welche ſie zuweilen ſelbs nicht kennen/ gebracht/ aufs wenigſte daß man ihr leben nicht billige/ uͤberzeuget/ und deſto unentſchuldbahrer ge- macht werden. Auf die abſonderl. fragen zu kommen/ iſt die erſte wegen des taback-bauens/ von dem ich nicht in abrede bin/ daß mit geliebtem bruder nicht einerley meinung ſeye/ noch ſolchen bau vor ſuͤndlich ha- ten koͤnte/ auch die daran arbeiten/ davon nicht abhalten wolte. Es iſt nicht allein das gewaͤchs an ſich ſo wol ein geſchoͤpffe GOTTES als an- dere/ ſondern auch dem menſchl. geſchlechte nutz. Und ob wohl nicht ohn iſt/ daß der allermeiſte taback unnuͤtzlich und mit ſuͤnden gebrauchet wird/ hoͤre ich (der aus eigner erfahrung nichts weiß/ noch ie dergleichen getruncken hal- be) doch ſo von medicis als andern leuten/ daß deſſen maͤßiger gebrauch ſo wohl der geſundheit gewiſſer leute vortraͤglich/ als einigen/ ſo zum exempel auff denen ſchiffen dienen/ faſt nothwendig ſeye/ nicht weniger in dem krieg offtmahls denen/ ſo ihre ſpeiſen nicht nach der geſundheit haben koͤnnen/ vie- len vortheil thue: wie alſo derſelbe ſeinen nutzen hat/ ſo kan auch einem ort und land daran zu ſeiner mehrern nahrung viel gelegen ſeyn/ daß des jenigen eine ziemliche quantitaͤt gebauet und bereitet werde/ ſo an andere ort verfuͤh- ret einiges geld in das land bringet: wie mir orte bekant ſind/ deren meiſte ein- kunfften austaback beſtehen/ ſo nach den Niederlanden verfuͤhret wird. Da alſo der taback ein an ſich nuͤtzliches gewaͤchs iſt/ ſo mag der mißbrauch deſſel- ben/ wie ſehr er auch eingeriſſen iſt/ den bau und bereitung nicht ſuͤndlich machen/ als lange die bauende und bereitende zu dem mißbrauch nicht ſelbs mit helffen: So wenig als wein zu bauen/ bier zu brauen/ brantenwein zu brennen/ vor unrecht geachtet werden mag/ ob wohl von allen denſelben wo nicht das meiſte/ dochgewiß nicht viel weniger als daſſelbe/ mehr zum miß- als rechten gebrauch angewendet wird. Daher ich (nicht zu reden von denen/ welche den taback bauen) auch deren unterſchiedl. from̃e maͤnner gekant habe/ und

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/696>, abgerufen am 22.11.2024.