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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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geschrieben/ letzlich einige puncten fallen lassen/ aber auch die resolution auf
der ferner damahls gethane erklährung ratification conditioniret/ daß also
die gesamte vocatio noch in den terminis geblieben/ daß sie vielmehr gesche-
hen solle/ als bereits geschehen seye.

3. Auff die capitulations-puncten zu kommen/ als welche die hindernüß
gewesen sind/ daß das werck nicht richtig worden/ so leugne nicht/ daß Herr
Caius etwa möchte besser gethan haben/ mit solcher difficultät die sache nicht
schwehrer zu machen/ wie es auch nicht gerathen haben wolte: Dann erstl. die
schul betreffend/ ists eine zwahr nützliche und wo mans haben kan nöthige sa-
che/ aber wie vieler orten müssen wir prediger unser amt an den gemeinden
thun/ wo uns das recht einer schul nicht gestattet wird/ uns aber nachmahls
obliget/ auff andere art an der jugend das jenige zu ersetzen/ was sonsten in
den schulen geschehen müste. Auch mag die geringe zahl der jugend die sache
leichter machen/ daß wie er sich auch letzt erboten/ durch den prediger selbs der
mangel in der information des Christenthums ersetzet werden kan. 2. Die
menge der predigten würde etwa auch so gar hoch nicht anzuziehen gewesen
seyn. Da ja an so vielen orten die prediger alle ohne einige relaxation das
gantze jahr die zwo predigten/ ja wohl vieler orten drey/ zu verrichten haben/
und deswegen die Päpstische feyertage nicht so groß zu scheuen waren/ als an
der stelle die wochen-predigten abgehen solten/ und es etwa aus den rariori-
bus contingentibus
seyn möchte/ daß zwey in eine woche fallen. Jch versi-
chere mich auch/ da Herr Caius eine zeitlang sich angegriffen/ und in dem ver-
trauen auff göttlichen beystand sich zu der sache resolvirt haben würde/ er
würde in weniger zeit keine solche schwehrigkeit mehr befunden/ sondern die
krafft des HErren gerühmet haben. Auch lässet sich wo man bereits in ei-
nem amt stehet/ und einer gemeinde seine bereitwilligkeit nach allen gegebe-
nen kräfften thätlich erzeiget/ damit aber ihre liebe und vertrauen gewonnen
hat/ wo ja sich nachmahls wegen seiner schwachheit etwas zeiget/ so man vor-
hin nicht sehen können/ mit dero belieben eine änderung der anstalten besser
vornehmen/ als daß gleich anfangs dieselbe ausgedinget/ und damit das
vertrauen stracks etlicher massen geschwächet wird. Der dritte punct ist mir
selbs ungewöhnlich vorgekommen/ und erkennet Hr. Caius in demselben nun-
mehr eine fleischliche curiosität und mißtrauen gegen göttliche providenz.
Wie ich also solche accords-puncten nicht gern/ sondern lieber unterlassen ge-
sehen hätte: So sehe ich sie doch auch anderer seits also an/ daß sie nicht eben
disrecommendiren oder der vocation an sich selbs verlustiget machen sollen;
dann ohne was den dritten anlangt/ wo noch diese entschuldigung sich dabey
hören läßt/ daß die sache selbs der schuldigen liebe und danckbarkeit der zuhö-
rer gegen ihre prediger nicht ungemäß seye/ und also er davor gehalten/ um

ver-

Das andere Capitel.
geſchrieben/ letzlich einige puncten fallen laſſen/ aber auch die reſolution auf
der ferner damahls gethane erklaͤhrung ratification conditioniret/ daß alſo
die geſamte vocatio noch in den terminis geblieben/ daß ſie vielmehr geſche-
hen ſolle/ als bereits geſchehen ſeye.

3. Auff die capitulations-puncten zu kommen/ als welche die hindernuͤß
geweſen ſind/ daß das werck nicht richtig worden/ ſo leugne nicht/ daß Herr
Caius etwa moͤchte beſſer gethan haben/ mit ſolcher difficultaͤt die ſache nicht
ſchwehrer zu machen/ wie es auch nicht gerathen haben wolte: Dann erſtl. die
ſchul betreffend/ iſts eine zwahr nuͤtzliche und wo mans haben kan noͤthige ſa-
che/ aber wie vieler orten muͤſſen wir prediger unſer amt an den gemeinden
thun/ wo uns das recht einer ſchul nicht geſtattet wird/ uns aber nachmahls
obliget/ auff andere art an der jugend das jenige zu erſetzen/ was ſonſten in
den ſchulen geſchehen muͤſte. Auch mag die geringe zahl der jugend die ſache
leichter machen/ daß wie er ſich auch letzt erboten/ durch den prediger ſelbs der
mangel in der information des Chriſtenthums erſetzet werden kan. 2. Die
menge der predigten wuͤrde etwa auch ſo gar hoch nicht anzuziehen geweſen
ſeyn. Da ja an ſo vielen orten die prediger alle ohne einige relaxation das
gantze jahr die zwo predigten/ ja wohl vieler orten drey/ zu verrichten haben/
und deswegen die Paͤpſtiſche feyertage nicht ſo groß zu ſcheuen waren/ als an
der ſtelle die wochen-predigten abgehen ſolten/ und es etwa aus den rariori-
bus contingentibus
ſeyn moͤchte/ daß zwey in eine woche fallen. Jch verſi-
chere mich auch/ da Herr Caius eine zeitlang ſich angegriffen/ und in dem ver-
trauen auff goͤttlichen beyſtand ſich zu der ſache reſolvirt haben wuͤrde/ er
wuͤrde in weniger zeit keine ſolche ſchwehrigkeit mehr befunden/ ſondern die
krafft des HErren geruͤhmet haben. Auch laͤſſet ſich wo man bereits in ei-
nem amt ſtehet/ und einer gemeinde ſeine bereitwilligkeit nach allen gegebe-
nen kraͤfften thaͤtlich erzeiget/ damit aber ihre liebe und vertrauen gewonnen
hat/ wo ja ſich nachmahls wegen ſeiner ſchwachheit etwas zeiget/ ſo man vor-
hin nicht ſehen koͤnnen/ mit dero belieben eine aͤnderung der anſtalten beſſer
vornehmen/ als daß gleich anfangs dieſelbe ausgedinget/ und damit das
vertrauen ſtracks etlicher maſſen geſchwaͤchet wird. Der dritte punct iſt mir
ſelbs ungewoͤhnlich vorgekommen/ und erkennet Hr. Caius in demſelben nun-
mehr eine fleiſchliche curioſitaͤt und mißtrauen gegen goͤttliche providenz.
Wie ich alſo ſolche accords-puncten nicht gern/ ſondern lieber unterlaſſen ge-
ſehen haͤtte: So ſehe ich ſie doch auch anderer ſeits alſo an/ daß ſie nicht eben
disrecommendiren oder der vocation an ſich ſelbs verluſtiget machen ſollen;
dann ohne was den dritten anlangt/ wo noch dieſe entſchuldigung ſich dabey
hoͤren laͤßt/ daß die ſache ſelbs der ſchuldigen liebe und danckbarkeit der zuhoͤ-
rer gegen ihre prediger nicht ungemaͤß ſeye/ und alſo er davor gehalten/ um

ver-
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[544/0560] Das andere Capitel. geſchrieben/ letzlich einige puncten fallen laſſen/ aber auch die reſolution auf der ferner damahls gethane erklaͤhrung ratification conditioniret/ daß alſo die geſamte vocatio noch in den terminis geblieben/ daß ſie vielmehr geſche- hen ſolle/ als bereits geſchehen ſeye. 3. Auff die capitulations-puncten zu kommen/ als welche die hindernuͤß geweſen ſind/ daß das werck nicht richtig worden/ ſo leugne nicht/ daß Herr Caius etwa moͤchte beſſer gethan haben/ mit ſolcher difficultaͤt die ſache nicht ſchwehrer zu machen/ wie es auch nicht gerathen haben wolte: Dann erſtl. die ſchul betreffend/ iſts eine zwahr nuͤtzliche und wo mans haben kan noͤthige ſa- che/ aber wie vieler orten muͤſſen wir prediger unſer amt an den gemeinden thun/ wo uns das recht einer ſchul nicht geſtattet wird/ uns aber nachmahls obliget/ auff andere art an der jugend das jenige zu erſetzen/ was ſonſten in den ſchulen geſchehen muͤſte. Auch mag die geringe zahl der jugend die ſache leichter machen/ daß wie er ſich auch letzt erboten/ durch den prediger ſelbs der mangel in der information des Chriſtenthums erſetzet werden kan. 2. Die menge der predigten wuͤrde etwa auch ſo gar hoch nicht anzuziehen geweſen ſeyn. Da ja an ſo vielen orten die prediger alle ohne einige relaxation das gantze jahr die zwo predigten/ ja wohl vieler orten drey/ zu verrichten haben/ und deswegen die Paͤpſtiſche feyertage nicht ſo groß zu ſcheuen waren/ als an der ſtelle die wochen-predigten abgehen ſolten/ und es etwa aus den rariori- bus contingentibus ſeyn moͤchte/ daß zwey in eine woche fallen. Jch verſi- chere mich auch/ da Herr Caius eine zeitlang ſich angegriffen/ und in dem ver- trauen auff goͤttlichen beyſtand ſich zu der ſache reſolvirt haben wuͤrde/ er wuͤrde in weniger zeit keine ſolche ſchwehrigkeit mehr befunden/ ſondern die krafft des HErren geruͤhmet haben. Auch laͤſſet ſich wo man bereits in ei- nem amt ſtehet/ und einer gemeinde ſeine bereitwilligkeit nach allen gegebe- nen kraͤfften thaͤtlich erzeiget/ damit aber ihre liebe und vertrauen gewonnen hat/ wo ja ſich nachmahls wegen ſeiner ſchwachheit etwas zeiget/ ſo man vor- hin nicht ſehen koͤnnen/ mit dero belieben eine aͤnderung der anſtalten beſſer vornehmen/ als daß gleich anfangs dieſelbe ausgedinget/ und damit das vertrauen ſtracks etlicher maſſen geſchwaͤchet wird. Der dritte punct iſt mir ſelbs ungewoͤhnlich vorgekommen/ und erkennet Hr. Caius in demſelben nun- mehr eine fleiſchliche curioſitaͤt und mißtrauen gegen goͤttliche providenz. Wie ich alſo ſolche accords-puncten nicht gern/ ſondern lieber unterlaſſen ge- ſehen haͤtte: So ſehe ich ſie doch auch anderer ſeits alſo an/ daß ſie nicht eben disrecommendiren oder der vocation an ſich ſelbs verluſtiget machen ſollen; dann ohne was den dritten anlangt/ wo noch dieſe entſchuldigung ſich dabey hoͤren laͤßt/ daß die ſache ſelbs der ſchuldigen liebe und danckbarkeit der zuhoͤ- rer gegen ihre prediger nicht ungemaͤß ſeye/ und alſo er davor gehalten/ um ver-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/560>, abgerufen am 22.11.2024.