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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO IX.
geleget/ dero einiges zeugnüß auch in dem eusserlichen nicht unrecht seyn kan/
wie unser Heyland Salomonis herrlichkeit ohne bestraffung Matth. 6/
20. anführet. Was nun bey einigen kan neben ihrem Christenthum stehen/
muß an sich nicht unrecht seyn.
2. Daher nehme ich die worte Petri also: daß der Apostel den Christ-
lichen weibern/ sonderlich deren männer noch unglaubig waren/ vorschreibet/
worinnen sie sonderlich trachten solten/ ihren keuschen und gottseligen wan-
del zu zeigen/ und damit ihren männern zu gefallen: nemlich nicht wie des
weiblichen geschlechts natürliche schwachheit insgemein dahin gehet/ und
dergleichen bey den Heidnischen weibern gemein war/ in eusserlichem zierath/
sondern in den innerlichen tugenden/ die sich in dem übrigen leben hervor thä-
ten/ und ein zeugnüß der krafft des Christlichen glaubens zeigen könten/ wie
dieselbe die natürliche zuneigung zum pracht dermassen dämpffete/ daß eine
solche ehefran von allem ihrem schmuck kein wercks mache/ sondern entweder
da sie keine tringende ursach dergleichen zu tragen hätte/ sich dessen enthielte/
oder wo sie aus gehorsam oder andern redlichen ursachen/ sich darzu verste-
hen müßte/ in allem zeigte/ wie wenig ihr darum zu thun seye. Also heißt
es in der that bey einer jeden wahrhafftig Christlichen weibs-person/ ihr
schmuck ist nicht auswendig mit haar-flechten und gold anhängen o-
der kleider anlegen/ sondern der verborgene mensch des hertzens un-
verruckt mit sanfftem und stillem geist:
sie trage nun eusserlich derglei-
chen oder nicht. Hat sie die mittel oder gelegenheit dazu nicht/ thut es ihr nicht
leid/ noch verlanget nach dergleichen/ als die darinnen keinen schmuck zu be-
stehen glaubet: hat sie aber die mittel/ und nöthigt sie nichts darzu/ so ent-
hält sie sich abermal dessen/ und ist ihr lieb von solcher dienstbarkeit frey zu
seyn: soll sie aber aus gehorsam oder aus andern ursachen/ die das Christli-
che gewissen an die hand gibet/ dergleichen tragen und anlegen/ so achtet sie
solches doch vor keinen schmuck/ vielmehr vor eine dienstbarkeit/ dero sie sich
nicht entziehet/ ob sie wol lieber deroselben überhaben wäre.
Wo dieses gemüth ist/ da geschihet allerdings den worten des Apostels
ein gnügen/ auch von derjenigen/ die bey diesen umständen in gold und eini-
gem haarschmuck einher gehet: wiewol eben solches gemüth von sich selbs
mit sich bringet/ daß sie allezeit lieber unter demjenigen/ was der welt reglen
nach/ ihr noch zukommen möchte/ bleibet/ als daß sie nur einmal in einigem
darüber gienge.
3. Also auch die worte Pauli 1. Tim. 2/ 9. anlangend/ so redet er son-
derlich von dem zustand der weiber bey dem gebet und Gottesdienst: und
scheinet/ ob darauff gesehen werde/ wie bey den Heiden/ welche in die tempel
zu
D 3
SECTIO IX.
geleget/ dero einiges zeugnuͤß auch in dem euſſerlichen nicht unrecht ſeyn kan/
wie unſer Heyland Salomonis herrlichkeit ohne beſtraffung Matth. 6/
20. anfuͤhret. Was nun bey einigen kan neben ihrem Chriſtenthum ſtehen/
muß an ſich nicht unrecht ſeyn.
2. Daher nehme ich die worte Petri alſo: daß der Apoſtel den Chriſt-
lichen weibern/ ſonderlich deren maͤnner noch unglaubig waren/ vorſchreibet/
worinnen ſie ſonderlich trachten ſolten/ ihren keuſchen und gottſeligen wan-
del zu zeigen/ und damit ihren maͤnnern zu gefallen: nemlich nicht wie des
weiblichen geſchlechts natuͤrliche ſchwachheit insgemein dahin gehet/ und
dergleichen bey den Heidniſchen weibern gemein war/ in euſſerlichem zierath/
ſondern in den innerlichen tugenden/ die ſich in dem uͤbrigen leben hervor thaͤ-
ten/ und ein zeugnuͤß der krafft des Chriſtlichen glaubens zeigen koͤnten/ wie
dieſelbe die natuͤrliche zuneigung zum pracht dermaſſen daͤmpffete/ daß eine
ſolche ehefran von allem ihrem ſchmuck kein wercks mache/ ſondern entweder
da ſie keine tringende urſach dergleichen zu tragen haͤtte/ ſich deſſen enthielte/
oder wo ſie aus gehorſam oder andern redlichen urſachen/ ſich darzu verſte-
hen muͤßte/ in allem zeigte/ wie wenig ihr darum zu thun ſeye. Alſo heißt
es in der that bey einer jeden wahrhafftig Chriſtlichen weibs-perſon/ ihr
ſchmuck iſt nicht auswendig mit haar-flechten und gold anhaͤngen o-
der kleider anlegen/ ſondern der verborgene menſch des hertzens un-
verruckt mit ſanfftem und ſtillem geiſt:
ſie trage nun euſſerlich derglei-
chen oder nicht. Hat ſie die mittel oder gelegenheit dazu nicht/ thut es ihꝛ nicht
leid/ noch verlanget nach dergleichen/ als die darinnen keinen ſchmuck zu be-
ſtehen glaubet: hat ſie aber die mittel/ und noͤthigt ſie nichts darzu/ ſo ent-
haͤlt ſie ſich abermal deſſen/ und iſt ihr lieb von ſolcher dienſtbarkeit frey zu
ſeyn: ſoll ſie aber aus gehorſam oder aus andern urſachen/ die das Chriſtli-
che gewiſſen an die hand gibet/ dergleichen tragen und anlegen/ ſo achtet ſie
ſolches doch vor keinen ſchmuck/ vielmehr vor eine dienſtbarkeit/ dero ſie ſich
nicht entziehet/ ob ſie wol lieber deroſelben uͤberhaben waͤre.
Wo dieſes gemuͤth iſt/ da geſchihet allerdings den worten des Apoſtels
ein gnuͤgen/ auch von derjenigen/ die bey dieſen umſtaͤnden in gold und eini-
gem haarſchmuck einher gehet: wiewol eben ſolches gemuͤth von ſich ſelbs
mit ſich bringet/ daß ſie allezeit lieber unter demjenigen/ was der welt reglen
nach/ ihr noch zukommen moͤchte/ bleibet/ als daß ſie nur einmal in einigem
daruͤber gienge.
3. Alſo auch die worte Pauli 1. Tim. 2/ 9. anlangend/ ſo redet er ſon-
derlich von dem zuſtand der weiber bey dem gebet und Gottesdienſt: und
ſcheinet/ ob darauff geſehen werde/ wie bey den Heiden/ welche in die tempel
zu
D 3
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[29/0045] SECTIO IX. geleget/ dero einiges zeugnuͤß auch in dem euſſerlichen nicht unrecht ſeyn kan/ wie unſer Heyland Salomonis herrlichkeit ohne beſtraffung Matth. 6/ 20. anfuͤhret. Was nun bey einigen kan neben ihrem Chriſtenthum ſtehen/ muß an ſich nicht unrecht ſeyn. 2. Daher nehme ich die worte Petri alſo: daß der Apoſtel den Chriſt- lichen weibern/ ſonderlich deren maͤnner noch unglaubig waren/ vorſchreibet/ worinnen ſie ſonderlich trachten ſolten/ ihren keuſchen und gottſeligen wan- del zu zeigen/ und damit ihren maͤnnern zu gefallen: nemlich nicht wie des weiblichen geſchlechts natuͤrliche ſchwachheit insgemein dahin gehet/ und dergleichen bey den Heidniſchen weibern gemein war/ in euſſerlichem zierath/ ſondern in den innerlichen tugenden/ die ſich in dem uͤbrigen leben hervor thaͤ- ten/ und ein zeugnuͤß der krafft des Chriſtlichen glaubens zeigen koͤnten/ wie dieſelbe die natuͤrliche zuneigung zum pracht dermaſſen daͤmpffete/ daß eine ſolche ehefran von allem ihrem ſchmuck kein wercks mache/ ſondern entweder da ſie keine tringende urſach dergleichen zu tragen haͤtte/ ſich deſſen enthielte/ oder wo ſie aus gehorſam oder andern redlichen urſachen/ ſich darzu verſte- hen muͤßte/ in allem zeigte/ wie wenig ihr darum zu thun ſeye. Alſo heißt es in der that bey einer jeden wahrhafftig Chriſtlichen weibs-perſon/ ihr ſchmuck iſt nicht auswendig mit haar-flechten und gold anhaͤngen o- der kleider anlegen/ ſondern der verborgene menſch des hertzens un- verruckt mit ſanfftem und ſtillem geiſt: ſie trage nun euſſerlich derglei- chen oder nicht. Hat ſie die mittel oder gelegenheit dazu nicht/ thut es ihꝛ nicht leid/ noch verlanget nach dergleichen/ als die darinnen keinen ſchmuck zu be- ſtehen glaubet: hat ſie aber die mittel/ und noͤthigt ſie nichts darzu/ ſo ent- haͤlt ſie ſich abermal deſſen/ und iſt ihr lieb von ſolcher dienſtbarkeit frey zu ſeyn: ſoll ſie aber aus gehorſam oder aus andern urſachen/ die das Chriſtli- che gewiſſen an die hand gibet/ dergleichen tragen und anlegen/ ſo achtet ſie ſolches doch vor keinen ſchmuck/ vielmehr vor eine dienſtbarkeit/ dero ſie ſich nicht entziehet/ ob ſie wol lieber deroſelben uͤberhaben waͤre. Wo dieſes gemuͤth iſt/ da geſchihet allerdings den worten des Apoſtels ein gnuͤgen/ auch von derjenigen/ die bey dieſen umſtaͤnden in gold und eini- gem haarſchmuck einher gehet: wiewol eben ſolches gemuͤth von ſich ſelbs mit ſich bringet/ daß ſie allezeit lieber unter demjenigen/ was der welt reglen nach/ ihr noch zukommen moͤchte/ bleibet/ als daß ſie nur einmal in einigem daruͤber gienge. 3. Alſo auch die worte Pauli 1. Tim. 2/ 9. anlangend/ ſo redet er ſon- derlich von dem zuſtand der weiber bey dem gebet und Gottesdienſt: und ſcheinet/ ob darauff geſehen werde/ wie bey den Heiden/ welche in die tempel zu D 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/45>, abgerufen am 24.11.2024.