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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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volck GOTTes aus demselben ausgehen sollen/ und dann ist offenbahrlich
falsch/ daß dasselbige ein solches gericht ausstehen müssen/ daß es ein bilde
des letzten oder geistlichen Babels seyn könte.

§. VIII. Hiezu kommet/ daß der heilige Geist c. 18. ausdrücklich die
jenige wort wiederholet/ welche Esa. 21/ 9. 47/ 9. Jerem. 51/ 8. befindlich
sind/ und ohne streit dem Babel zukommen in dem stand und um die zeit/ da
die mächtige Monarchie nunmehr daselbst war/ und nach der verstöhrung
Ninive, hingegen das Aßyrien alle seine herrlichkeit verlohren hatte. Da
bitte ich nun/ wer in der forcht des HERRN die sach überleget/ wol
zu bedencken/ ob es sicher seye/ den verstand des geistlichen Babels
aus einer analogia zu machen/ worauff uns der heilige Geist nirgend
deutlich weiset/ oder ob nicht der jenige seinem und anderen gewis-
sen am besten rathe/ welcher den verstand aus betrachtung des jeni-
gen zustandes von Babel hernimmet/ auff welchen der finger GOT-
TES so viel deutlicher weiset/ daß wir nachmahl diesen zustand
erwegende/ und daraus die characteres des geistlichen Babels herneh-
mende/ mit getrostem hertzen sagen mögen/ nicht unsern einbildungen
sondern der schrifft handleitung gefolget zu haben: Da hingegen/ wer
unpartheyisch das werck ansihet/ die aus dem ersten zustand von Babel her-
genommene vergleichungs-puncten erkennen muß/ daß sie allein menschliche/
schwache und in der schrifft bezeichnete vermuthungen sind: auff wel-
cherley dannoch eine so wichtige sach zu gründen/ gewißlich sehr gefähr-
lich ist.

§. IX. Wolte man auff die etymologiam verfallen/ daß dasjenige alles
Babel seyn müste/ wo sich confusion und verwirrung finde/ so würde das ar-
gument
eben so schwach geführet/ als die wir wissen/ wie auch unter den to-
picis argumentis
diejenige/ die a notatione nominis geführet werden/ vor
den übrigen schwach erkant werden. So deutet abermal der Heil. Geist auf
solchen nahmen in der Offenb. mit keiner sylbe/ da er hingegen/ wir wir gese-
hen/ so starck und deutlich auff das letztere reich Babel weiset. Auch kommt
der nahme her von der verwirrung der sprachen/ die nicht so zu reden die for-
ma
des Babylonischen reichs/ sondern dessen straff und schwächung gewesen:
Hingegen die verwirrung in dem geistlichen wird zu des geistlichen Babels
forma gemacht/ daran es zu erkennen seye. Welches alles nach reiffem über-
legen/ sich nicht zu schicken wird befunden werden.

§. X. Dahero ich nicht anders kan/ als daß bey denjenigen characteri-
bus
Babels bleiben muß/ die ich in dem tractätlein von der klagen gebrauch
und mißbrauch
cap. 2. §. 15. pag. 80. angeführet habe/ und ich abermahls
hoffe/ welcher nichts als aus der Heil. Schrifft und nach deroselben eigenen

an-

Anhang
volck GOTTes aus demſelben ausgehen ſollen/ und dann iſt offenbahrlich
falſch/ daß daſſelbige ein ſolches gericht ausſtehen muͤſſen/ daß es ein bilde
des letzten oder geiſtlichen Babels ſeyn koͤnte.

§. VIII. Hiezu kommet/ daß der heilige Geiſt c. 18. ausdruͤcklich die
jenige wort wiederholet/ welche Eſa. 21/ 9. 47/ 9. Jerem. 51/ 8. befindlich
ſind/ und ohne ſtreit dem Babel zukommen in dem ſtand und um die zeit/ da
die maͤchtige Monarchie nunmehr daſelbſt war/ und nach der verſtoͤhrung
Ninive, hingegen das Aßyrien alle ſeine herrlichkeit verlohren hatte. Da
bitte ich nun/ wer in der forcht des HERRN die ſach uͤberleget/ wol
zu bedencken/ ob es ſicher ſeye/ den verſtand des geiſtlichen Babels
aus einer analogia zu machen/ worauff uns der heilige Geiſt nirgend
deutlich weiſet/ oder ob nicht der jenige ſeinem und anderen gewiſ-
ſen am beſten rathe/ welcher den verſtand aus betrachtung des jeni-
gen zuſtandes von Babel hernimmet/ auff welchen der finger GOT-
TES ſo viel deutlicher weiſet/ daß wir nachmahl dieſen zuſtand
erwegende/ und daraus die characteres des geiſtlichen Babels herneh-
mende/ mit getroſtem hertzen ſagen moͤgen/ nicht unſern einbildungen
ſondern der ſchrifft handleitung gefolget zu haben: Da hingegen/ wer
unpartheyiſch das werck anſihet/ die aus dem erſten zuſtand von Babel her-
genommene vergleichungs-puncten erkennen muß/ daß ſie allein menſchliche/
ſchwache und in der ſchrifft bezeichnete vermuthungen ſind: auff wel-
cherley dannoch eine ſo wichtige ſach zu gruͤnden/ gewißlich ſehr gefaͤhr-
lich iſt.

§. IX. Wolte man auff die etymologiam verfallen/ daß dasjenige alles
Babel ſeyn muͤſte/ wo ſich confuſion und verwirrung finde/ ſo wuͤrde das ar-
gument
eben ſo ſchwach gefuͤhret/ als die wir wiſſen/ wie auch unter den to-
picis argumentis
diejenige/ die à notatione nominis gefuͤhret werden/ vor
den uͤbrigen ſchwach erkant werden. So deutet abermal der Heil. Geiſt auf
ſolchen nahmen in der Offenb. mit keiner ſylbe/ da er hingegen/ wir wir geſe-
hen/ ſo ſtarck und deutlich auff das letztere reich Babel weiſet. Auch kommt
der nahme her von der verwirrung der ſprachen/ die nicht ſo zu reden die for-
ma
des Babyloniſchen reichs/ ſondern deſſen ſtraff und ſchwaͤchung geweſen:
Hingegen die verwirrung in dem geiſtlichen wird zu des geiſtlichen Babels
forma gemacht/ daran es zu erkennen ſeye. Welches alles nach reiffem uͤber-
legen/ ſich nicht zu ſchicken wird befunden werden.

§. X. Dahero ich nicht anders kan/ als daß bey denjenigen characteri-
bus
Babels bleiben muß/ die ich in dem tractaͤtlein von der klagẽ gebrauch
und mißbrauch
cap. 2. §. 15. pag. 80. angefuͤhret habe/ und ich abermahls
hoffe/ welcher nichts als aus der Heil. Schrifft und nach deroſelben eigenen

an-
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[356/0372] Anhang volck GOTTes aus demſelben ausgehen ſollen/ und dann iſt offenbahrlich falſch/ daß daſſelbige ein ſolches gericht ausſtehen muͤſſen/ daß es ein bilde des letzten oder geiſtlichen Babels ſeyn koͤnte. §. VIII. Hiezu kommet/ daß der heilige Geiſt c. 18. ausdruͤcklich die jenige wort wiederholet/ welche Eſa. 21/ 9. 47/ 9. Jerem. 51/ 8. befindlich ſind/ und ohne ſtreit dem Babel zukommen in dem ſtand und um die zeit/ da die maͤchtige Monarchie nunmehr daſelbſt war/ und nach der verſtoͤhrung Ninive, hingegen das Aßyrien alle ſeine herrlichkeit verlohren hatte. Da bitte ich nun/ wer in der forcht des HERRN die ſach uͤberleget/ wol zu bedencken/ ob es ſicher ſeye/ den verſtand des geiſtlichen Babels aus einer analogia zu machen/ worauff uns der heilige Geiſt nirgend deutlich weiſet/ oder ob nicht der jenige ſeinem und anderen gewiſ- ſen am beſten rathe/ welcher den verſtand aus betrachtung des jeni- gen zuſtandes von Babel hernimmet/ auff welchen der finger GOT- TES ſo viel deutlicher weiſet/ daß wir nachmahl dieſen zuſtand erwegende/ und daraus die characteres des geiſtlichen Babels herneh- mende/ mit getroſtem hertzen ſagen moͤgen/ nicht unſern einbildungen ſondern der ſchrifft handleitung gefolget zu haben: Da hingegen/ wer unpartheyiſch das werck anſihet/ die aus dem erſten zuſtand von Babel her- genommene vergleichungs-puncten erkennen muß/ daß ſie allein menſchliche/ ſchwache und in der ſchrifft bezeichnete vermuthungen ſind: auff wel- cherley dannoch eine ſo wichtige ſach zu gruͤnden/ gewißlich ſehr gefaͤhr- lich iſt. §. IX. Wolte man auff die etymologiam verfallen/ daß dasjenige alles Babel ſeyn muͤſte/ wo ſich confuſion und verwirrung finde/ ſo wuͤrde das ar- gument eben ſo ſchwach gefuͤhret/ als die wir wiſſen/ wie auch unter den to- picis argumentis diejenige/ die à notatione nominis gefuͤhret werden/ vor den uͤbrigen ſchwach erkant werden. So deutet abermal der Heil. Geiſt auf ſolchen nahmen in der Offenb. mit keiner ſylbe/ da er hingegen/ wir wir geſe- hen/ ſo ſtarck und deutlich auff das letztere reich Babel weiſet. Auch kommt der nahme her von der verwirrung der ſprachen/ die nicht ſo zu reden die for- ma des Babyloniſchen reichs/ ſondern deſſen ſtraff und ſchwaͤchung geweſen: Hingegen die verwirrung in dem geiſtlichen wird zu des geiſtlichen Babels forma gemacht/ daran es zu erkennen ſeye. Welches alles nach reiffem uͤber- legen/ ſich nicht zu ſchicken wird befunden werden. §. X. Dahero ich nicht anders kan/ als daß bey denjenigen characteri- bus Babels bleiben muß/ die ich in dem tractaͤtlein von der klagẽ gebrauch und mißbrauch cap. 2. §. 15. pag. 80. angefuͤhret habe/ und ich abermahls hoffe/ welcher nichts als aus der Heil. Schrifft und nach deroſelben eigenen an-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/372>, abgerufen am 22.11.2024.