Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.SECTIO XVI. nemlich Christum/ und die irrdische nahrung. Das andre schicket sich auchnicht wol/ denn so würden wir um das irrdische brodt gar nicht bitten/ indem dasselbige sonsten in keiner bitte platz haben könte/ da wir gleichwol desselbi- gen von GOtt wahrhafftig bedörffen/ es auch von ihm bekommen/ daher er gleichwol würdig ist/ daß wir es auch nicht ohne gebet von ihm nehmen. Es will sich aber nicht wol fügen/ daß wir diesem vollkommenen gebet beymessen wolten/ ob wäre von Christo etwas nöthiges in demselben vergessen worden. 2. Wird das geistliche himmel-brodt Christus/ und sein wort/ bereits allein T
SECTIO XVI. nemlich Chriſtum/ und die irrdiſche nahrung. Das andre ſchicket ſich auchnicht wol/ denn ſo wuͤrden wir um das irꝛdiſche brodt gar nicht bitten/ indem daſſelbige ſonſten in keiner bitte platz haben koͤnte/ da wir gleichwol deſſelbi- gen von GOtt wahrhafftig bedoͤrffen/ es auch von ihm bekommen/ daher er gleichwol wuͤrdig iſt/ daß wir es auch nicht ohne gebet von ihm nehmen. Es will ſich aber nicht wol fuͤgen/ daß wir dieſem vollkommenen gebet beymeſſen wolten/ ob waͤre von Chriſto etwas noͤthiges in demſelben vergeſſen worden. 2. Wird das geiſtliche himmel-brodt Chriſtus/ und ſein wort/ bereits allein T
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SECTIO XVI.
nemlich Chriſtum/ und die irrdiſche nahrung. Das andre ſchicket ſich auch
nicht wol/ denn ſo wuͤrden wir um das irꝛdiſche brodt gar nicht bitten/ indem
daſſelbige ſonſten in keiner bitte platz haben koͤnte/ da wir gleichwol deſſelbi-
gen von GOtt wahrhafftig bedoͤrffen/ es auch von ihm bekommen/ daher er
gleichwol wuͤrdig iſt/ daß wir es auch nicht ohne gebet von ihm nehmen. Es
will ſich aber nicht wol fuͤgen/ daß wir dieſem vollkommenen gebet beymeſſen
wolten/ ob waͤre von Chriſto etwas noͤthiges in demſelben vergeſſen worden.
2. Wird das geiſtliche himmel-brodt Chriſtus/ und ſein wort/ bereits
in der andern bitte verfaſſet/ worinnen wir um das reich GOttes bitten/
nemlich daß daſſelbe/ und alſo mit ihm alle ſeine guͤter/ wort/ gerechtigkeit/
und der Koͤnig deſſelben ſelbſten zu uns kommen wolte: alſo war nicht noͤthig
daß eine abſonderliche bitte in einem ſo kurtzen begriff davon gemachet wuͤr-
de. Daher ſehe nicht anders/ als daß am bequemſten ſeye/ dieſen verſtand
des taͤglichen brodts/ den das Grichiſche wort wol leidet/ ja eigentlicher mit
ſich hringet/ zu behalten/ weil alsdenn in dem gebet weder etwas ausgelaſ-
ſen/ noch unnoͤthig wieder hohlet zu ſeyn erhellet/ ſo ſonſten bey dem andern
verſtand ſcheinen mag. Daher wir faſt insgeſamt finden werden/ daß dieje-
nige/ ſo das himmliſche brodt verſtanden haben wollen/ gleich wol immer das
irꝛdiſche mit begreiffen/ und alſo dieſen verſtand nicht aus dem Vater unſer
ausgeſchloſſen verlangen/ welches wir aber gehoͤret/ wie es alsdann einige
ſchwehrigkeit gebe/ die bey der andern erklaͤhrung vermieden wird. Jndeſ-
ſen haben wir diejenige/ welche die andere meinung belieben/ nicht eben irꝛ-
thums zu beſchuldigen/ indem die bitte um das himmliſche brodt freylich
nothwendig iſt/ und wenn wir ſie in der andern bitte begreiffen/ nicht eben
wider den willen GOttes geſchihet/ wo jene ſolches auch mit in der vierdten
bitte verſtehen. Der HErr gebe uns nur allemal den Geiſt der gnaden und
des gebets/ indem wir auch um ſolches ſeelen-brodt beten moͤgen/ wir rich-
ten unſre andacht bey dieſer oder jener bitte darauff. Die andre frage war
davon: Ob die Gottheit von Gott zu unterſcheiden/ und ob die Gott-
heit nicht in Chriſto geweſen ſeye/ da er gelitten hat: oder ob ſie auch
in Chriſto gelitten habe/ weil ſie auſſer ihm nicht leiden kan. Hierauff
antworte ich mit wenigem 1. Jnsgemein iſt ſonſten die Gottheit und GOtt
nicht unterſchieden/ wie ſich denn der unterſcheid bey GOtt dem Vater und
dem Heil. Geiſt nicht findet/ bey denen ihre goͤttliche natur ihre gantze goͤttli-
che perſon iſt/ und auſſer jener zu ihrer perſon nichts gehoͤret. 2. Was aber
die andre perſon anlangt/ nemlich den Sohn GOttes/ weil derſelbe noch eine
andere als die goͤttliche natur in ſich faſſet/ ſo haben wir nun einigen unter-
ſcheid unter Gottheit und GOtt/ nemlich ſo fern/ daß das wort Gottheit
allein
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