Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. VI. SECT. XXXVI. OB wol dessen an mich freundlich abgegebenes fast lauter materien in sich ich r r 3
ARTIC. VI. SECT. XXXVI. OB wol deſſen an mich freundlich abgegebenes faſt lauter materien in ſich ich r r 3
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ARTIC. VI. SECT. XXXVI.
OB wol deſſen an mich freundlich abgegebenes faſt lauter materien in ſich
faſſet/ welche mehr zu klagen und betruͤbnuͤß als zur freude/ urſach ge-
ben konten/ laͤugne nicht/ daß dennoch aus derſelben freude geſchoͤpf-
fet/ nicht nur deswegen/ daß deſſen gegen mich tragende bruͤderliche liebe dar-
aus erkant/ aus dero mich auch ieweiliger liebreicher vorbitte getroͤſte/ ſolche a-
ber vor ſonderbare und mir von freunden nothwendigſte gutthaten ſchaͤtzte/ ſon-
dern vornehmlich/ weil daraus denſelben alſo erkennen habe lernen/ daß mich
an ihm eines mitbruders getroͤſte/ dem es wahrhafftig uͤm Gottes ehre ein ernſt/
alſo auch ſeine und der zuhoͤrer ſeelen hertzlich angelegen/ ſeyen/ von dem des-
wegen die leider nunmehr das meiſte miniſterium an meiſten orten treffende al-
te klage/ ſie ſuchen alle das ihre/ nicht das JEſu Chriſti iſt/ nicht geſagt
werden darff. Je enger nun die zahl derer/ welche rechtſchaffne diener des
HErrn ſind/ und nichts von miedlings-art an ſich haben/ von guter zeit her zu-
ſammen gehet/ ſo viel hertzlicher erfreuet mich hingegen/ ſo offt ich in kundſchafft
derer gerathe/ die nicht irrdiſch geſinnet ſind. Daß aber bey geliebten bruder
mich eines ſolchen ſinnes verſichere/ machet/ weil ich ſehe/ wie ihm das verder-
ben unſrer kirchen und ſtandes ſo ſehr zu hertzen gehe/ daß er auch auff einige
weiſe der jenigen dinge ſich nicht theilhafftig machen will/ ſo einen ſchein des
boͤſen geben/ vielmehr bereit iſt/ nachred und gefahr druͤber auszuſtehen/ welches
mir ein ſehr angenehmes zeugnuͤß einer vor GOtt rechtſchaffnen ſeelen iſt. Da-
her nach kuͤrzerem verzug/ als ſonſt gemeinglich wegen meiner ziemlich vielen
diſtractionen zugeſchehen pfleget/ demſelben zu antworten mich abgemuͤßiget.
Zum foͤrderſten iſts eine wichtige klage/ welche werther bruder fuͤhret/
wie daß an ſo vielen orten das beichtwerck ſo gar oben hin getrieben/ und unverant-
wortlich uͤbereylet werde. Jch habe eben dieſe klage ſo offt publice auff der
cantzel in Franckfurth widerholet/ das jedermann daſelbs ſich deſſen erinnern
wird/ wie ich denn mich nicht geſcheuet habe/ zu ſagen/ daß wir daſelbſt in
Franckfurth (wo dannoch zu eines jeden abſolution mehr zeit angewendet wird/
als ich ſehe/ bey ihnen zu geſchehen) nur den mißbrauch nicht aber den rech-
ten gebrauch der beicht haͤtten; dann dieſer ſolte billich ſeyn/ daß auch bey
ſolcher gelegenheit beichwater und beichtkind ihre hertzen gegen einander auszu-
ſchuͤtten/ dieſes noͤtigen rath zu ſuchen/ jener mit unterricht und zuſpruch an dem-
ſelben zu arbeiten vermoͤchten welches aber bey ſolchem uͤbereileten weſen gar
nicht geſchehen kan: bleibet alſo nur der mißbrauch/ daß ſich die arme leute nur
durch einbildung des operis operati in ſicherheit betriegen. Ja wir haben ins-
geſamt an den rath eine ſchrifft eingegeben/ ob wegen zeit und ort einige aͤnderung
getroffen/ und das beicht weſen in eine beſſere form gebracht werden moͤchte.
Jch bin auch nicht in abrede/ ob ich wol der privat-abſolution, wo alles in rich-
tiger ordnung hergehet/ nutzen erkenne/ daher ſie nicht abgeſchafft verlangte/ daß
ich
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