Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. VI. SECT. XX. 1. Christus hat der gantzen kirchen die schlüssel anvertrauet/ als seiner hauß- sache
ARTIC. VI. SECT. XX. 1. Chriſtus hat der gantzen kirchen die ſchluͤſſel anvertrauet/ als ſeiner hauß- ſache
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ARTIC. VI. SECT. XX.
1. Chriſtus hat der gantzen kirchen die ſchluͤſſel anvertrauet/ als ſeiner hauß-
ehre: daher zwar in der verwaltung derſelben/ wo entweder kein ſtreit daruͤber
iſt/ oder wo die kirche das urtheil geſprochen hat/ die Prediger ihr amt in GOt-
tes und der kirchen nahmen zu verrichten haben/ aber es bleibet nicht deſto we-
niger nicht nur der kirchen das recht derſelben ſelbſten/ ſondern ſie behaͤlt auch
den gebrauch billig/ wo es auff das urtheil ankommt/ wie und ob ſie in dieſem
und jenem fall zu gebrauchen ſeye/ wo nemlich daruͤber einiger zweiffel entſtehet:
Maſſen wo ſie ihr nicht dieſes vorbehalten haͤtte/ ihr recht ohne einigen deſſen ge-
brauch wuͤrde gantz ohne krafft ſeyn: wie unſer liebe Lutherus T. 2. Alt. f. 505.
a. b. da er auch das binden und entbinden allen Chriſten und der gantzen kirchen
gemein macht/ unter dem recht oder gewalt und gebrauch keinen ſolchen unter-
ſcheid gemacht haben will/ daß dieſer allein den Geiſtlichen und Biſchoffen uͤber-
laſſen wuͤrde/ ob zwar in einer andern abſicht und verſtand. Es ſcheinet zwar/
es werde in der erklaͤrung der frage getrachtet/ dieſem zu entgehen/ wann daſelbs
ausdruͤcklich ſtehet/ daß das miniſterium ohne die approbation und einſtim-
mung der aͤlterling zu der ausſchlieſſung nicht ſchreiten ſollen: aber eben damit
wird geſetzet/ was zu meiner beantwortung dienlich iſt/ dann iſt die approbation
und einſtimmung der aͤlterlinge als der deputirten der kirchen noͤthig/ ſo muͤſſen
dieſe uͤber die ſache cognoſciren/ ob derjenige/ den man ausſchlieſſen will/ ſol-
ches verſchuldet/ und ob die Prediger ihm darinnen zu viel oder zuwenig thun/
und alſo ob ſie ſolches urtheil zu approbiren/ oder demſelben zu widerſprechen/
und es unguͤltig zu machen haben: indem ja nicht eine blinde approbation gefor-
dert noch gemeint ſeyn kan/ daß die aͤlterlinge jenes judicium muͤßten allemal
approbiren/ dann wo ihre approbation nach dem urtheil/ welches die Predi-
ger allein zu ſprechen haben ſollen/ geſucht wird/ und ſie ſollen nichts anders
doͤrffen/ als daſſelbige approbiren/ wuͤrde ja in ſolcher erſuchung faſt nur
geſpielet. Haben ſie aber frey nach ihren gewiſſen zu approbiren oder nicht/
ſo geſchiehet daſſelbige durch ein urtheil/ welches ihnen alſo geſtattet werden
muß. Ferner ſtehet ihnen ſolches urtheil frey uͤber der miniſtrorum ausſpruch/
welches die approbation erfordert/ ſo koͤnnen ſie ja nicht daruͤber ſprechen/ ſie
urtheilen dann auch uͤber das factum ſelbs. Ja ich wolte ſagen/ es werde
darinnen den aͤlterlingen ein mehrers gegeben als man ihnen/ wo den miniſte-
rio, was verlangt wird/ zugeſprochen wuͤrde/ entzoͤge. Dann ſo bliebe den
Predigern excluſive den aͤlterlingen zwar das urtheil uͤber den offenbahren ſuͤn-
der/ nachmal aber gehoͤrte das urtheil uͤber dieſes urtheil den aͤlterlingen.
weſſen urtheil aber ich zu reformiren macht habe/ mit den muß ich in glei-
cher oder vielmehr hoͤherer macht ſtehen/ ſo faſſet auch dieſes urtheil auffs neue
das urtheil in der ſache ſelbs in ſich/ gleichwie der Ober-Richter/ an den
appelliret worden/ in dem er das urtheil des erſten Richters examiniret/ die
ſache
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