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Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

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wird Eifersucht, Familien-Zwietracht, ver-
vermehrtes Elend der hülflosen Wittwen und
Waisen, Vernachläßigung der Kinder-Zucht
u. s. w. hervorbringen. Denn das wird sie
allerdings, so wie die Sachen jezt stehen;
aber gerade deswegen weil sie unsern Gesezen
und Sitten zuwider ist: Wenn hingegen,
die Gesezgebung sich verändert, werden und
müssen sich die Sitten ändern; und also
fragt sichs dann erst, was bringt diese Ver-
änderung hervor?

Schlimmer würden wir allerdings ste-
hen, wäre die Polygamie allgemein erlaubt,
als nun, da sie allgemein verbothen ist; aber
ist das ein vernünftiger Grund zu einem
allgemeinen Verboth? -- Die Macht
der Gesezgebung kann nie weiter gehen, als
das zu verbiethen, dessen Unterlassung der

wird Eiferſucht, Familien-Zwietracht, ver-
vermehrtes Elend der huͤlfloſen Wittwen und
Waiſen, Vernachlaͤßigung der Kinder-Zucht
u. ſ. w. hervorbringen. Denn das wird ſie
allerdings, ſo wie die Sachen jezt ſtehen;
aber gerade deswegen weil ſie unſern Geſezen
und Sitten zuwider iſt: Wenn hingegen,
die Geſezgebung ſich veraͤndert, werden und
muͤſſen ſich die Sitten aͤndern; und alſo
fragt ſichs dann erſt, was bringt dieſe Ver-
aͤnderung hervor?

Schlimmer wuͤrden wir allerdings ſte-
hen, waͤre die Polygamie allgemein erlaubt,
als nun, da ſie allgemein verbothen iſt; aber
iſt das ein vernuͤnftiger Grund zu einem
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[11/0023] wird Eiferſucht, Familien-Zwietracht, ver- vermehrtes Elend der huͤlfloſen Wittwen und Waiſen, Vernachlaͤßigung der Kinder-Zucht u. ſ. w. hervorbringen. Denn das wird ſie allerdings, ſo wie die Sachen jezt ſtehen; aber gerade deswegen weil ſie unſern Geſezen und Sitten zuwider iſt: Wenn hingegen, die Geſezgebung ſich veraͤndert, werden und muͤſſen ſich die Sitten aͤndern; und alſo fragt ſichs dann erſt, was bringt dieſe Ver- aͤnderung hervor? Schlimmer wuͤrden wir allerdings ſte- hen, waͤre die Polygamie allgemein erlaubt, als nun, da ſie allgemein verbothen iſt; aber iſt das ein vernuͤnftiger Grund zu einem allgemeinen Verboth? — Die Macht der Geſezgebung kann nie weiter gehen, als das zu verbiethen, deſſen Unterlaſſung der

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Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/23>, abgerufen am 24.11.2024.