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Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

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Aber meine Definizion scheint meinem
eignen Saze zu widersprechen? -- das Bei-
wort ausschließend spricht mein Urtheil?

Nein, jener Widerspruch ist nur anschei-
nend. Ausschließend bezeichnet hier nicht
mehr, als Absondrung andrer Wesen.
Also doch Absondrung; diese würde
das Wort: vorzüglich, nicht ausgedrükt
haben. Aber Absondrung engt den Begrif
nicht auf ein einzelnes Wesen ein

Schwer ist es, das gebe ich zu, daß
daß man mehrere Wesen zugleich liebe, denn
dazu gehört eine Fülle von Empfindungen,
die das Erbtheil weniger seyn möchten; aber
unmöglich ist es nicht. Mindestens kann ich
in der Oekonomie der menschlichen Seele kei-
nen absoluten Grund dieser Unmöglichkeit
finden.

Aber meine Definizion ſcheint meinem
eignen Saze zu widerſprechen? — das Bei-
wort ausſchließend ſpricht mein Urtheil?

Nein, jener Widerſpruch iſt nur anſchei-
nend. Ausſchließend bezeichnet hier nicht
mehr, als Abſondrung andrer Weſen.
Alſo doch Abſondrung; dieſe wuͤrde
das Wort: vorzuͤglich, nicht ausgedruͤkt
haben. Aber Abſondrung engt den Begrif
nicht auf ein einzelnes Weſen ein

Schwer iſt es, das gebe ich zu, daß
daß man mehrere Weſen zugleich liebe, denn
dazu gehoͤrt eine Fuͤlle von Empfindungen,
die das Erbtheil weniger ſeyn moͤchten; aber
unmoͤglich iſt es nicht. Mindeſtens kann ich
in der Oekonomie der menſchlichen Seele kei-
nen abſoluten Grund dieſer Unmoͤglichkeit
finden.

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[5/0017] Aber meine Definizion ſcheint meinem eignen Saze zu widerſprechen? — das Bei- wort ausſchließend ſpricht mein Urtheil? Nein, jener Widerſpruch iſt nur anſchei- nend. Ausſchließend bezeichnet hier nicht mehr, als Abſondrung andrer Weſen. Alſo doch Abſondrung; dieſe wuͤrde das Wort: vorzuͤglich, nicht ausgedruͤkt haben. Aber Abſondrung engt den Begrif nicht auf ein einzelnes Weſen ein Schwer iſt es, das gebe ich zu, daß daß man mehrere Weſen zugleich liebe, denn dazu gehoͤrt eine Fuͤlle von Empfindungen, die das Erbtheil weniger ſeyn moͤchten; aber unmoͤglich iſt es nicht. Mindeſtens kann ich in der Oekonomie der menſchlichen Seele kei- nen abſoluten Grund dieſer Unmoͤglichkeit finden.

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Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/17>, abgerufen am 28.03.2024.