Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

phischer Kopf, verbunden mit einem fein
und tief empfindenden Herzen, würde sie fin-
den und mit kühner Hand ihre Marksteine
sezen können. Und wie viel wäre nicht da-
durch für die Menschheit gewonnen, wie
viel Jrrthümer, Mißverständnisse, wie viel
Ausbrüche der wildesten und regellosesten Lei-
denschaften verhütet, mit all ihren traurigen
Folgen für Familien-Wohl, Menschen- und
Völker-Glük! --

Unter allen Empfindungen ist Liebe
grade am schwersten zu bezeichnen, ihre Um-
risse gerade am zartesten und schwankendsten,
ihre Gradazionen am feinsten gegen andre
Gefühle abgeschattet.

Mir ist sie der höchste Grad von aus-
schließendem Wohlgefallen an einem andern

phiſcher Kopf, verbunden mit einem fein
und tief empfindenden Herzen, wuͤrde ſie fin-
den und mit kuͤhner Hand ihre Markſteine
ſezen koͤnnen. Und wie viel waͤre nicht da-
durch fuͤr die Menſchheit gewonnen, wie
viel Jrrthuͤmer, Mißverſtaͤndniſſe, wie viel
Ausbruͤche der wildeſten und regelloſeſten Lei-
denſchaften verhuͤtet, mit all ihren traurigen
Folgen fuͤr Familien-Wohl, Menſchen- und
Voͤlker-Gluͤk! —

Unter allen Empfindungen iſt Liebe
grade am ſchwerſten zu bezeichnen, ihre Um-
riſſe gerade am zarteſten und ſchwankendſten,
ihre Gradazionen am feinſten gegen andre
Gefuͤhle abgeſchattet.

Mir iſt ſie der hoͤchſte Grad von aus-
ſchließendem Wohlgefallen an einem andern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0015" n="3"/>
phi&#x017F;cher Kopf, verbunden mit einem fein<lb/>
und tief empfindenden Herzen, wu&#x0364;rde &#x017F;ie fin-<lb/>
den und mit ku&#x0364;hner Hand ihre Mark&#x017F;teine<lb/>
&#x017F;ezen ko&#x0364;nnen. Und wie viel wa&#x0364;re nicht da-<lb/>
durch fu&#x0364;r die Men&#x017F;chheit gewonnen, wie<lb/>
viel Jrrthu&#x0364;mer, Mißver&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e, wie viel<lb/>
Ausbru&#x0364;che der wilde&#x017F;ten und regello&#x017F;e&#x017F;ten Lei-<lb/>
den&#x017F;chaften verhu&#x0364;tet, mit all ihren traurigen<lb/>
Folgen fu&#x0364;r Familien-Wohl, Men&#x017F;chen- und<lb/>
Vo&#x0364;lker-Glu&#x0364;k! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Unter allen Empfindungen i&#x017F;t <hi rendition="#g">Liebe</hi><lb/>
grade am &#x017F;chwer&#x017F;ten zu bezeichnen, ihre Um-<lb/>
ri&#x017F;&#x017F;e gerade am zarte&#x017F;ten und &#x017F;chwankend&#x017F;ten,<lb/>
ihre Gradazionen am fein&#x017F;ten gegen <hi rendition="#g">andre</hi><lb/>
Gefu&#x0364;hle abge&#x017F;chattet.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Mir</hi> i&#x017F;t &#x017F;ie der ho&#x0364;ch&#x017F;te Grad von aus-<lb/>
&#x017F;chließendem Wohlgefallen an einem andern<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0015] phiſcher Kopf, verbunden mit einem fein und tief empfindenden Herzen, wuͤrde ſie fin- den und mit kuͤhner Hand ihre Markſteine ſezen koͤnnen. Und wie viel waͤre nicht da- durch fuͤr die Menſchheit gewonnen, wie viel Jrrthuͤmer, Mißverſtaͤndniſſe, wie viel Ausbruͤche der wildeſten und regelloſeſten Lei- denſchaften verhuͤtet, mit all ihren traurigen Folgen fuͤr Familien-Wohl, Menſchen- und Voͤlker-Gluͤk! — Unter allen Empfindungen iſt Liebe grade am ſchwerſten zu bezeichnen, ihre Um- riſſe gerade am zarteſten und ſchwankendſten, ihre Gradazionen am feinſten gegen andre Gefuͤhle abgeſchattet. Mir iſt ſie der hoͤchſte Grad von aus- ſchließendem Wohlgefallen an einem andern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/15
Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/15>, abgerufen am 19.04.2024.