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Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

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Von dem H. Altars-Sacrament.
so viel er als GOTT hatte, nemlich seine
Gottheit; so viel, als er endlich, als GOtt,
und Mensch zugleich hatte; das ist, seine ohn-
endliche Verdienst, Genugthuung und Tugen-
den. Er hat seine Schätze der Liebe ausge-
gossen.
Es kostete auch GOtt solche Gutthat
weit mehrer, als alle andere. Da er unsere
Seel erschaffen, kostete es ihne mehr nicht, als
daß er den ersten Menschen anhauchte. Die-
ses Welt-Gebäu herzustellen, mußten nur sei-
ne Finger würcken. Mehrer wurde zwar in
der Menschwerdung erfordert, allein die All-
macht seines Armbs erkleckte. Bey Einsetzung
des Allerheiligsten Altars-Geheimnuß schiene
der Göttlichen Liebe aber weder das Anhauchen,
noch Finger, noch Armb zu erklecken; indeme sel-
be den gantzen allmächtigen Gewalt beeder Gött-
lichen Händen angewendet. Er nahme das
Brod in seine heilige Hände.
O grosse Gut-
that! O ohnvergleichliche Liebs-Gab! könnte
wohl GOtt mehrer für mich thun, als daß er,
nachdeme er mir meine Weesenheit gegeben,
auch sich selbst gibt? Bernardus sagt: Was
könnte dann GOtt uns bessers geben, als
sich selbsten?
Was für ein Freund hat je-
mahls so viel für seinen Freund gethan? oder
welcher Vatter für seinen Sohn? ... Und
ich hingegen bin gegen GOtt so karg, daß ich
ihme nicht einmal eine Anmuthung schencke;
ja, in der, an sich selbst geringsten Sach, so
ich aus Liebe seiner verrichten solle, scheinet

mir

Von dem H. Altars-Sacrament.
ſo viel er als GOTT hatte, nemlich ſeine
Gottheit; ſo viel, als er endlich, als GOtt,
und Menſch zugleich hatte; das iſt, ſeine ohn-
endliche Verdienſt, Genugthuung und Tugen-
den. Er hat ſeine Schätze der Liebe ausge-
goſſen.
Es koſtete auch GOtt ſolche Gutthat
weit mehrer, als alle andere. Da er unſere
Seel erſchaffen, koſtete es ihne mehr nicht, als
daß er den erſten Menſchen anhauchte. Die-
ſes Welt-Gebäu herzuſtellen, mußten nur ſei-
ne Finger würcken. Mehrer wurde zwar in
der Menſchwerdung erfordert, allein die All-
macht ſeines Armbs erkleckte. Bey Einſetzung
des Allerheiligſten Altars-Geheimnuß ſchiene
der Göttlichen Liebe aber weder das Anhauchen,
noch Finger, noch Armb zu erklecken; indeme ſel-
be den gantzen allmächtigen Gewalt beeder Gött-
lichen Händen angewendet. Er nahme das
Brod in ſeine heilige Hände.
O groſſe Gut-
that! O ohnvergleichliche Liebs-Gab! könnte
wohl GOtt mehrer für mich thun, als daß er,
nachdeme er mir meine Weeſenheit gegeben,
auch ſich ſelbſt gibt? Bernardus ſagt: Was
könnte dann GOtt uns beſſers geben, als
ſich ſelbſten?
Was für ein Freund hat je-
mahls ſo viel für ſeinen Freund gethan? oder
welcher Vatter für ſeinen Sohn? ... Und
ich hingegen bin gegen GOtt ſo karg, daß ich
ihme nicht einmal eine Anmuthung ſchencke;
ja, in der, an ſich ſelbſt geringſten Sach, ſo
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[11/0048] Von dem H. Altars-Sacrament. ſo viel er als GOTT hatte, nemlich ſeine Gottheit; ſo viel, als er endlich, als GOtt, und Menſch zugleich hatte; das iſt, ſeine ohn- endliche Verdienſt, Genugthuung und Tugen- den. Er hat ſeine Schätze der Liebe ausge- goſſen. Es koſtete auch GOtt ſolche Gutthat weit mehrer, als alle andere. Da er unſere Seel erſchaffen, koſtete es ihne mehr nicht, als daß er den erſten Menſchen anhauchte. Die- ſes Welt-Gebäu herzuſtellen, mußten nur ſei- ne Finger würcken. Mehrer wurde zwar in der Menſchwerdung erfordert, allein die All- macht ſeines Armbs erkleckte. Bey Einſetzung des Allerheiligſten Altars-Geheimnuß ſchiene der Göttlichen Liebe aber weder das Anhauchen, noch Finger, noch Armb zu erklecken; indeme ſel- be den gantzen allmächtigen Gewalt beeder Gött- lichen Händen angewendet. Er nahme das Brod in ſeine heilige Hände. O groſſe Gut- that! O ohnvergleichliche Liebs-Gab! könnte wohl GOtt mehrer für mich thun, als daß er, nachdeme er mir meine Weeſenheit gegeben, auch ſich ſelbſt gibt? Bernardus ſagt: Was könnte dann GOtt uns beſſers geben, als ſich ſelbſten? Was für ein Freund hat je- mahls ſo viel für ſeinen Freund gethan? oder welcher Vatter für ſeinen Sohn? ... Und ich hingegen bin gegen GOtt ſo karg, daß ich ihme nicht einmal eine Anmuthung ſchencke; ja, in der, an ſich ſelbſt geringſten Sach, ſo ich aus Liebe ſeiner verrichten ſolle, ſcheinet mir

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Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/48>, abgerufen am 21.11.2024.