Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtungen
heilige Messen lase, wurde seine Seel nach der
dritten Communion mit so grosser, geistlicher
Süßigkeit ersättiget, daß er den gantzen Tag
nicht das mindeste verkosten kunte; Dahero
erfahrte er in der That jenes, was ihme zuvor
sein Beicht-Kind vorgesagt. Als sie ihne nach-
mahls angetroffen, sagte sie: Ach! ich erfrene
mich sehr/ daß Euer Ehrwürden/ da sie mei-
ne Speiß genossen/ eben jenes/ was ich/ er-
fahren haben.

Ein anders mahl knyete sie vor dem Altar
diese Speiß zu empfangen; allein es ware kein
Priester da. Alsbald machte der Erlöser, ihr
brinneyfriges Verlangen zu trösten, daß ein
hell-leuchtendes Wölcklein aus dem Tabernacul
hervor gienge; dieses stunde erstens auf ihrem
Haupt fest, begosse sie mit einem himmlischen
Thau; nachmahls stiege es herab, umgabe
sie, und legte ihr das Kind JEsus in die Hän-
de. Sie nahme es, küßte es auf das zärtlichste.
Allein, mit diesem nicht zufrieden, weilen sie sich
mit ihme auf das innerste zu vereinigen suchte;
veränderte das Göttliche Kind, ihr zu willfah-
ren, seine Gestalt in eine Brods-Gestalt. Als
sie solche Hostien in ihren Händen sahe, ohne
sich zu verweylen, speißte sie sich selbst darmit,
und vereinigte also ihr Hertz mit dem Hertzen
JEsu. P. Marchesius in Diario Domi-
nic. 20. Maji.

Vier-

Betrachtungen
heilige Meſſen laſe, wurde ſeine Seel nach der
dritten Communion mit ſo groſſer, geiſtlicher
Süßigkeit erſättiget, daß er den gantzen Tag
nicht das mindeſte verkoſten kunte; Dahero
erfahrte er in der That jenes, was ihme zuvor
ſein Beicht-Kind vorgeſagt. Als ſie ihne nach-
mahls angetroffen, ſagte ſie: Ach! ich erfrene
mich ſehr/ daß Euer Ehrwürden/ da ſie mei-
ne Speiß genoſſen/ eben jenes/ was ich/ er-
fahren haben.

Ein anders mahl knyete ſie vor dem Altar
dieſe Speiß zu empfangen; allein es ware kein
Prieſter da. Alsbald machte der Erlöſer, ihr
brinneyfriges Verlangen zu tröſten, daß ein
hell-leuchtendes Wölcklein aus dem Tabernacul
hervor gienge; dieſes ſtunde erſtens auf ihrem
Haupt feſt, begoſſe ſie mit einem himmliſchen
Thau; nachmahls ſtiege es herab, umgabe
ſie, und legte ihr das Kind JEſus in die Hän-
de. Sie nahme es, küßte es auf das zärtlichſte.
Allein, mit dieſem nicht zufrieden, weilen ſie ſich
mit ihme auf das innerſte zu vereinigen ſuchte;
veränderte das Göttliche Kind, ihr zu willfah-
ren, ſeine Geſtalt in eine Brods-Geſtalt. Als
ſie ſolche Hoſtien in ihren Händen ſahe, ohne
ſich zu verweylen, ſpeißte ſie ſich ſelbſt darmit,
und vereinigte alſo ihr Hertz mit dem Hertzen
JEſu. P. Marcheſius in Diario Domi-
nic. 20. Maji.

Vier-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0197" n="160"/><fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
heilige Me&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;e, wurde &#x017F;eine Seel nach der<lb/>
dritten <hi rendition="#fr">Communion</hi> mit &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er, gei&#x017F;tlicher<lb/>
Süßigkeit er&#x017F;ättiget, daß er den gantzen Tag<lb/>
nicht das minde&#x017F;te verko&#x017F;ten kunte; Dahero<lb/>
erfahrte er in der That jenes, was ihme zuvor<lb/>
&#x017F;ein Beicht-Kind vorge&#x017F;agt. Als &#x017F;ie ihne nach-<lb/>
mahls angetroffen, &#x017F;agte &#x017F;ie: <hi rendition="#fr">Ach! ich erfrene<lb/>
mich &#x017F;ehr/ daß Euer Ehrwürden/ da &#x017F;ie mei-<lb/>
ne Speiß geno&#x017F;&#x017F;en/ eben jenes/ was ich/ er-<lb/>
fahren haben.</hi></p><lb/>
            <p>Ein anders mahl knyete &#x017F;ie vor dem Altar<lb/>
die&#x017F;e Speiß zu empfangen; allein es ware kein<lb/>
Prie&#x017F;ter da. Alsbald machte der Erlö&#x017F;er, ihr<lb/>
brinneyfriges Verlangen zu trö&#x017F;ten, daß ein<lb/>
hell-leuchtendes Wölcklein aus dem Tabernacul<lb/>
hervor gienge; die&#x017F;es &#x017F;tunde er&#x017F;tens auf ihrem<lb/>
Haupt fe&#x017F;t, bego&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie mit einem himmli&#x017F;chen<lb/>
Thau; nachmahls &#x017F;tiege es herab, umgabe<lb/>
&#x017F;ie, und legte ihr das Kind JE&#x017F;us in die Hän-<lb/>
de. Sie nahme es, küßte es auf das zärtlich&#x017F;te.<lb/>
Allein, mit die&#x017F;em nicht zufrieden, weilen &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
mit ihme auf das inner&#x017F;te zu vereinigen &#x017F;uchte;<lb/>
veränderte das Göttliche Kind, ihr zu willfah-<lb/>
ren, &#x017F;eine Ge&#x017F;talt in eine Brods-Ge&#x017F;talt. Als<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;olche Ho&#x017F;tien in ihren Händen &#x017F;ahe, ohne<lb/>
&#x017F;ich zu verweylen, &#x017F;peißte &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t darmit,<lb/>
und vereinigte al&#x017F;o ihr Hertz mit dem Hertzen<lb/><hi rendition="#c">JE&#x017F;u. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">P. Marche&#x017F;ius</hi> in Diario Domi-<lb/>
nic. 20. Maji.</hi></hi></p>
          </div>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Vier-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0197] Betrachtungen heilige Meſſen laſe, wurde ſeine Seel nach der dritten Communion mit ſo groſſer, geiſtlicher Süßigkeit erſättiget, daß er den gantzen Tag nicht das mindeſte verkoſten kunte; Dahero erfahrte er in der That jenes, was ihme zuvor ſein Beicht-Kind vorgeſagt. Als ſie ihne nach- mahls angetroffen, ſagte ſie: Ach! ich erfrene mich ſehr/ daß Euer Ehrwürden/ da ſie mei- ne Speiß genoſſen/ eben jenes/ was ich/ er- fahren haben. Ein anders mahl knyete ſie vor dem Altar dieſe Speiß zu empfangen; allein es ware kein Prieſter da. Alsbald machte der Erlöſer, ihr brinneyfriges Verlangen zu tröſten, daß ein hell-leuchtendes Wölcklein aus dem Tabernacul hervor gienge; dieſes ſtunde erſtens auf ihrem Haupt feſt, begoſſe ſie mit einem himmliſchen Thau; nachmahls ſtiege es herab, umgabe ſie, und legte ihr das Kind JEſus in die Hän- de. Sie nahme es, küßte es auf das zärtlichſte. Allein, mit dieſem nicht zufrieden, weilen ſie ſich mit ihme auf das innerſte zu vereinigen ſuchte; veränderte das Göttliche Kind, ihr zu willfah- ren, ſeine Geſtalt in eine Brods-Geſtalt. Als ſie ſolche Hoſtien in ihren Händen ſahe, ohne ſich zu verweylen, ſpeißte ſie ſich ſelbſt darmit, und vereinigte alſo ihr Hertz mit dem Hertzen JEſu. P. Marcheſius in Diario Domi- nic. 20. Maji. Vier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/197
Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/197>, abgerufen am 24.11.2024.