Mit innbrünstiger Liebe. Diese ist vor allem nöthig; von dieser Liebe muß angeflammt seyn jene Christen-Seel, die da will, GOtt, das ist, die Liebe, empfangen; massen eben die- ses zarte Geheimnus die eintzige Liebe GOttes erfunden; diese hat es verfertiget, und nur deßwegen eingesetzt, uns in der heiligen, wah- ren Liebe GOttes vollkommen zu machen; da- hero nennt man es auch billich nur das Ge- heimnus der Liebe. Die Heil. Maria Mag- dalena nennte jenen Tag den Tag der Liebe, an deme sie Christum genossen; der Heil. Chry- sostomus aber heißt das Allerheiligste Abend- mahl ein Gastmahl, so voll des geistlichen Feuers. Und dieses billich; massen man allda nach Aussag Areopagitae de div. Nom. c. 3. mehr, als irgendwo, die drey Eigenschafften der Liebe entdecket. Erstens daß sie seye ent- zückend; weilen die Entzückung nichts anders ist, als eine Ubersetzung des Liebenden ausser sich; damit er nur bey dem Geliebten seye. Christus nun dann übersetzt sich aus der Schoos seines himmlischen Vatters unter die Gestalten des Brods, nur deßwegen, damit er sich nemlich mit denen Geschöpffen vereini- ge, so offt er in unser Hertz eingeht. Zwey- tens/ ist sie vereinigend; massen sich der HErr durch dieses Liebs-Geheimnus so eng mit uns vereiniget, daß diese Vereinigung der Tertu-
lianus
Betrachtungen
auf den HErrn/ und leine er ſich auf ſeinen GOTT.
III.
Mit innbrünſtiger Liebe. Dieſe iſt vor allem nöthig; von dieſer Liebe muß angeflammt ſeyn jene Chriſten-Seel, die da will, GOtt, das iſt, die Liebe, empfangen; maſſen eben die- ſes zarte Geheimnus die eintzige Liebe GOttes erfunden; dieſe hat es verfertiget, und nur deßwegen eingeſetzt, uns in der heiligen, wah- ren Liebe GOttes vollkommen zu machen; da- hero nennt man es auch billich nur das Ge- heimnus der Liebe. Die Heil. Maria Mag- dalena nennte jenen Tag den Tag der Liebe, an deme ſie Chriſtum genoſſen; der Heil. Chry- ſoſtomus aber heißt das Allerheiligſte Abend- mahl ein Gaſtmahl, ſo voll des geiſtlichen Feuers. Und dieſes billich; maſſen man allda nach Ausſag Areopagitæ de div. Nom. c. 3. mehr, als irgendwo, die drey Eigenſchafften der Liebe entdecket. Erſtens daß ſie ſeye ent- zückend; weilen die Entzückung nichts anders iſt, als eine Uberſetzung des Liebenden auſſer ſich; damit er nur bey dem Geliebten ſeye. Chriſtus nun dann überſetzt ſich aus der Schoos ſeines himmliſchen Vatters unter die Geſtalten des Brods, nur deßwegen, damit er ſich nemlich mit denen Geſchöpffen vereini- ge, ſo offt er in unſer Hertz eingeht. Zwey- tens/ iſt ſie vereinigend; maſſen ſich der HErr durch dieſes Liebs-Geheimnus ſo eng mit uns vereiniget, daß dieſe Vereinigung der Tertu-
lianus
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Betrachtungen
auf den HErrn/ und leine er ſich auf ſeinen
GOTT.
III.
Mit innbrünſtiger Liebe. Dieſe iſt vor
allem nöthig; von dieſer Liebe muß angeflammt
ſeyn jene Chriſten-Seel, die da will, GOtt,
das iſt, die Liebe, empfangen; maſſen eben die-
ſes zarte Geheimnus die eintzige Liebe GOttes
erfunden; dieſe hat es verfertiget, und nur
deßwegen eingeſetzt, uns in der heiligen, wah-
ren Liebe GOttes vollkommen zu machen; da-
hero nennt man es auch billich nur das Ge-
heimnus der Liebe. Die Heil. Maria Mag-
dalena nennte jenen Tag den Tag der Liebe,
an deme ſie Chriſtum genoſſen; der Heil. Chry-
ſoſtomus aber heißt das Allerheiligſte Abend-
mahl ein Gaſtmahl, ſo voll des geiſtlichen
Feuers. Und dieſes billich; maſſen man allda
nach Ausſag Areopagitæ de div. Nom. c. 3.
mehr, als irgendwo, die drey Eigenſchafften
der Liebe entdecket. Erſtens daß ſie ſeye ent-
zückend; weilen die Entzückung nichts anders
iſt, als eine Uberſetzung des Liebenden auſſer
ſich; damit er nur bey dem Geliebten ſeye.
Chriſtus nun dann überſetzt ſich aus der
Schoos ſeines himmliſchen Vatters unter die
Geſtalten des Brods, nur deßwegen, damit
er ſich nemlich mit denen Geſchöpffen vereini-
ge, ſo offt er in unſer Hertz eingeht. Zwey-
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durch dieſes Liebs-Geheimnus ſo eng mit uns
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Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/191>, abgerufen am 16.02.2025.
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