Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.Betrachtungen zeigt. Er tragt Sorg über unsere Seelen,leitet, schützet, und weydet sie; und da sonsten andere Hirten sich mit dem Fleisch ihrer Heer- de weyden, ihnen die Woll abscheeren, und sich mit dem Fell bekleiden, verfahret der Heyland da gantz anderst mit uns. Er weydet uns sogar mit seinem eigenen Fleisch, und träncket uns mit seinem Blut. Er verlangt nicht nur allein nichts von uns, sondern füllt uns mit Gnaden an, und bekleidet uns mit übernatür- lichem Tugend-Schmuck. Ja, da er uns eine so vortheilhaffte, Göttliche Speiß anerbietet, scheinet es, als verlange er von uns, daß wir ihne, wie billich, darum bitten. Aber nein, er rufft und ladet uns selbst ein; er erwartet uns, und, gleich, als bittete er uns, sagt er: Kommt zu mir/ alle/ die ihr arbeitet/ und beladen seyd/ und ich will euch erquicken. Ach un- glückliche Seelen, geile Böck, undanckbare Schaaf! die ihr so offt aus meinem Schaaf- Stall geloffen, und eben darum irr gangen, und euch in die tieffste Abgründ der Sünden gestürtzt! wohlan, macht euch auf, kehrt Freu- den-voll in meine Aermb zuruck, sitzet zu mei- nem Tisch! Kommt, ach kommt alle ohne Aus- nahm! ich will alle aufnehmen, trösten und er- quicken. O unendliche, ohnaussprechliche Gü- te! O verpflichtete Gegen-Liebe! Christus hat Magdalenae eine grosse Güte erzeigt, da er ihr allergnädigst gestattete, daß sie mit reumüthigen Zähren ihme die Füß abgewaschen, und mit ihren
Betrachtungen zeigt. Er tragt Sorg über unſere Seelen,leitet, ſchützet, und weydet ſie; und da ſonſten andere Hirten ſich mit dem Fleiſch ihrer Heer- de weyden, ihnen die Woll abſcheeren, und ſich mit dem Fell bekleiden, verfahret der Heyland da gantz anderſt mit uns. Er weydet uns ſogar mit ſeinem eigenen Fleiſch, und träncket uns mit ſeinem Blut. Er verlangt nicht nur allein nichts von uns, ſondern füllt uns mit Gnaden an, und bekleidet uns mit übernatür- lichem Tugend-Schmuck. Ja, da er uns eine ſo vortheilhaffte, Göttliche Speiß anerbietet, ſcheinet es, als verlange er von uns, daß wir ihne, wie billich, darum bitten. Aber nein, er rufft und ladet uns ſelbſt ein; er erwartet uns, und, gleich, als bittete er uns, ſagt er: Kommt zu mir/ alle/ die ihr arbeitet/ und beladen ſeyd/ und ich will euch erquicken. Ach un- glückliche Seelen, geile Böck, undanckbare Schaaf! die ihr ſo offt aus meinem Schaaf- Stall geloffen, und eben darum irr gangen, und euch in die tieffſte Abgründ der Sünden geſtürtzt! wohlan, macht euch auf, kehrt Freu- den-voll in meine Aermb zuruck, ſitzet zu mei- nem Tiſch! Kommt, ach kommt alle ohne Aus- nahm! ich will alle aufnehmen, tröſten und er- quicken. O unendliche, ohnausſprechliche Gü- te! O verpflichtete Gegen-Liebe! Chriſtus hat Magdalenæ eine groſſe Güte erzeigt, da er ihr allergnädigſt geſtattete, daß ſie mit reumüthigen Zähren ihme die Füß abgewaſchen, und mit ihren
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Betrachtungen
zeigt. Er tragt Sorg über unſere Seelen,
leitet, ſchützet, und weydet ſie; und da ſonſten
andere Hirten ſich mit dem Fleiſch ihrer Heer-
de weyden, ihnen die Woll abſcheeren, und ſich
mit dem Fell bekleiden, verfahret der Heyland
da gantz anderſt mit uns. Er weydet uns
ſogar mit ſeinem eigenen Fleiſch, und träncket
uns mit ſeinem Blut. Er verlangt nicht nur
allein nichts von uns, ſondern füllt uns mit
Gnaden an, und bekleidet uns mit übernatür-
lichem Tugend-Schmuck. Ja, da er uns eine
ſo vortheilhaffte, Göttliche Speiß anerbietet,
ſcheinet es, als verlange er von uns, daß wir
ihne, wie billich, darum bitten. Aber nein, er
rufft und ladet uns ſelbſt ein; er erwartet uns,
und, gleich, als bittete er uns, ſagt er: Kommt
zu mir/ alle/ die ihr arbeitet/ und beladen
ſeyd/ und ich will euch erquicken. Ach un-
glückliche Seelen, geile Böck, undanckbare
Schaaf! die ihr ſo offt aus meinem Schaaf-
Stall geloffen, und eben darum irr gangen,
und euch in die tieffſte Abgründ der Sünden
geſtürtzt! wohlan, macht euch auf, kehrt Freu-
den-voll in meine Aermb zuruck, ſitzet zu mei-
nem Tiſch! Kommt, ach kommt alle ohne Aus-
nahm! ich will alle aufnehmen, tröſten und er-
quicken. O unendliche, ohnausſprechliche Gü-
te! O verpflichtete Gegen-Liebe! Chriſtus hat
Magdalenæ eine groſſe Güte erzeigt, da er ihr
allergnädigſt geſtattete, daß ſie mit reumüthigen
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