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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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lose Arbeit giebt, so giebt es zweifellos auch Zwischenstufen, geleistete
Arbeitsquanten, welche einige, aber nicht lauter Elemente von Zweck
und Wert enthalten; der Wert des Produktes also, der der Voraus-
setzung nach durch die in ihm investierte Arbeit bestimmt wird, ist
ein grösserer oder geringerer, je nach der Zweckmässigkeit dieser Ar-
beit. Das bedeutet: der Wert der Arbeit misst sich nicht an ihrem
Quantum, sondern an der Nützlichkeit ihres Ergebnisses! Und hier
hilft nicht mehr die oben bezüglich der Qualität der Arbeit versuchte
Methode: die höhere, feinere, geistigere Arbeit bedeute eben der
niedrigeren gegenüber mehr Arbeit, eine Häufung und Verdichtung
eben derselben allgemeinen "Arbeit", von der die grobe und unqualifi-
zierte Arbeit nur gleichsam eine grössere Verdünnung, eine niedrigere
Potenz darstelle. Denn dieser Unterschied der Arbeit war ein innerer,
der die Nützlichkeitsfrage noch ganz beiseite liess, indem die Nützlich-
keit als der fraglichen Arbeit in immer gleichem Masse einwohnend
dabei vorausgesetzt wurde: die Arbeit des Strassenkehrers ist für diese
Überlegung nicht weniger "nützlich" als die des Violinspielers, und
ihre geringere Schätzung stammt aus der inneren Quantität ihrer als
blosser Arbeit, aus der geringeren Kondensiertheit der Arbeitsenergien
in ihr. Nun aber zeigt sich, dass diese Voraussetzung eine zu ein-
fache war und dass die Verschiedenheit der äusseren Nützlichkeit nicht
gestattet, die Wertungsunterschiede der Arbeit von ihren bloss inneren
Bestimmungen abhängen zu lassen. Wenn man die unnütze Arbeit
oder richtiger: die Nützlichkeitsunterschiede der Arbeit aus der Welt
schaffen und bewirken könnte, dass die Arbeit genau in demselben
Masse mehr oder weniger nützlich sei, in dem sie mehr oder weniger
konzentriert, kraftverbrauchend, mit einem Wort: mehr oder weniger
Arbeitsquantität ist -- so wäre damit zwar noch nicht die Muskelarbeit
als der einzige Wertbildner erwiesen; wohl aber könnte dann die
Arbeit überhaupt als Wertmass der Objekte gelten, da dann deren
andrer Faktor, die Nützlichkeit, immer derselbe wäre, also die Wert-
relationen nicht mehr alterierte. Allein die Nützlichkeitsunterschiede
bestehen eben, und es ist ein Trugschluss, wenn das ethisch vielleicht
begründbare Postulat: aller Wert ist Arbeit -- in den Satz umgekehrt
wird: alle Arbeit ist Wert, d. h. gleicher Wert.

Hier zeigt sich nun der tiefe Zusammenhang der Arbeitswert-
theorie mit dem Sozialismus; denn dieser erstrebt thatsächlich eine
Verfassung der Gesellschaft, in der der Nützlichkeitswert der
Objekte, im Verhältnis zu der darauf verwendeten
Arbeitszeit, eine Konstante
bildet. Im dritten Bande des
"Kapital" führt Marx aus: die Bedingung alles Werts, auch bei der

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lose Arbeit giebt, so giebt es zweifellos auch Zwischenstufen, geleistete
Arbeitsquanten, welche einige, aber nicht lauter Elemente von Zweck
und Wert enthalten; der Wert des Produktes also, der der Voraus-
setzung nach durch die in ihm investierte Arbeit bestimmt wird, ist
ein gröſserer oder geringerer, je nach der Zweckmäſsigkeit dieser Ar-
beit. Das bedeutet: der Wert der Arbeit miſst sich nicht an ihrem
Quantum, sondern an der Nützlichkeit ihres Ergebnisses! Und hier
hilft nicht mehr die oben bezüglich der Qualität der Arbeit versuchte
Methode: die höhere, feinere, geistigere Arbeit bedeute eben der
niedrigeren gegenüber mehr Arbeit, eine Häufung und Verdichtung
eben derselben allgemeinen „Arbeit“, von der die grobe und unqualifi-
zierte Arbeit nur gleichsam eine gröſsere Verdünnung, eine niedrigere
Potenz darstelle. Denn dieser Unterschied der Arbeit war ein innerer,
der die Nützlichkeitsfrage noch ganz beiseite lieſs, indem die Nützlich-
keit als der fraglichen Arbeit in immer gleichem Maſse einwohnend
dabei vorausgesetzt wurde: die Arbeit des Straſsenkehrers ist für diese
Überlegung nicht weniger „nützlich“ als die des Violinspielers, und
ihre geringere Schätzung stammt aus der inneren Quantität ihrer als
bloſser Arbeit, aus der geringeren Kondensiertheit der Arbeitsenergien
in ihr. Nun aber zeigt sich, daſs diese Voraussetzung eine zu ein-
fache war und daſs die Verschiedenheit der äuſseren Nützlichkeit nicht
gestattet, die Wertungsunterschiede der Arbeit von ihren bloſs inneren
Bestimmungen abhängen zu lassen. Wenn man die unnütze Arbeit
oder richtiger: die Nützlichkeitsunterschiede der Arbeit aus der Welt
schaffen und bewirken könnte, daſs die Arbeit genau in demselben
Maſse mehr oder weniger nützlich sei, in dem sie mehr oder weniger
konzentriert, kraftverbrauchend, mit einem Wort: mehr oder weniger
Arbeitsquantität ist — so wäre damit zwar noch nicht die Muskelarbeit
als der einzige Wertbildner erwiesen; wohl aber könnte dann die
Arbeit überhaupt als Wertmaſs der Objekte gelten, da dann deren
andrer Faktor, die Nützlichkeit, immer derselbe wäre, also die Wert-
relationen nicht mehr alterierte. Allein die Nützlichkeitsunterschiede
bestehen eben, und es ist ein Trugschluſs, wenn das ethisch vielleicht
begründbare Postulat: aller Wert ist Arbeit — in den Satz umgekehrt
wird: alle Arbeit ist Wert, d. h. gleicher Wert.

Hier zeigt sich nun der tiefe Zusammenhang der Arbeitswert-
theorie mit dem Sozialismus; denn dieser erstrebt thatsächlich eine
Verfassung der Gesellschaft, in der der Nützlichkeitswert der
Objekte, im Verhältnis zu der darauf verwendeten
Arbeitszeit, eine Konstante
bildet. Im dritten Bande des
„Kapital“ führt Marx aus: die Bedingung alles Werts, auch bei der

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[451/0475] lose Arbeit giebt, so giebt es zweifellos auch Zwischenstufen, geleistete Arbeitsquanten, welche einige, aber nicht lauter Elemente von Zweck und Wert enthalten; der Wert des Produktes also, der der Voraus- setzung nach durch die in ihm investierte Arbeit bestimmt wird, ist ein gröſserer oder geringerer, je nach der Zweckmäſsigkeit dieser Ar- beit. Das bedeutet: der Wert der Arbeit miſst sich nicht an ihrem Quantum, sondern an der Nützlichkeit ihres Ergebnisses! Und hier hilft nicht mehr die oben bezüglich der Qualität der Arbeit versuchte Methode: die höhere, feinere, geistigere Arbeit bedeute eben der niedrigeren gegenüber mehr Arbeit, eine Häufung und Verdichtung eben derselben allgemeinen „Arbeit“, von der die grobe und unqualifi- zierte Arbeit nur gleichsam eine gröſsere Verdünnung, eine niedrigere Potenz darstelle. Denn dieser Unterschied der Arbeit war ein innerer, der die Nützlichkeitsfrage noch ganz beiseite lieſs, indem die Nützlich- keit als der fraglichen Arbeit in immer gleichem Maſse einwohnend dabei vorausgesetzt wurde: die Arbeit des Straſsenkehrers ist für diese Überlegung nicht weniger „nützlich“ als die des Violinspielers, und ihre geringere Schätzung stammt aus der inneren Quantität ihrer als bloſser Arbeit, aus der geringeren Kondensiertheit der Arbeitsenergien in ihr. Nun aber zeigt sich, daſs diese Voraussetzung eine zu ein- fache war und daſs die Verschiedenheit der äuſseren Nützlichkeit nicht gestattet, die Wertungsunterschiede der Arbeit von ihren bloſs inneren Bestimmungen abhängen zu lassen. Wenn man die unnütze Arbeit oder richtiger: die Nützlichkeitsunterschiede der Arbeit aus der Welt schaffen und bewirken könnte, daſs die Arbeit genau in demselben Maſse mehr oder weniger nützlich sei, in dem sie mehr oder weniger konzentriert, kraftverbrauchend, mit einem Wort: mehr oder weniger Arbeitsquantität ist — so wäre damit zwar noch nicht die Muskelarbeit als der einzige Wertbildner erwiesen; wohl aber könnte dann die Arbeit überhaupt als Wertmaſs der Objekte gelten, da dann deren andrer Faktor, die Nützlichkeit, immer derselbe wäre, also die Wert- relationen nicht mehr alterierte. Allein die Nützlichkeitsunterschiede bestehen eben, und es ist ein Trugschluſs, wenn das ethisch vielleicht begründbare Postulat: aller Wert ist Arbeit — in den Satz umgekehrt wird: alle Arbeit ist Wert, d. h. gleicher Wert. Hier zeigt sich nun der tiefe Zusammenhang der Arbeitswert- theorie mit dem Sozialismus; denn dieser erstrebt thatsächlich eine Verfassung der Gesellschaft, in der der Nützlichkeitswert der Objekte, im Verhältnis zu der darauf verwendeten Arbeitszeit, eine Konstante bildet. Im dritten Bande des „Kapital“ führt Marx aus: die Bedingung alles Werts, auch bei der 29*

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/475>, abgerufen am 23.11.2024.