treiben das Ich und das Objekt auseinander, die in dem unmittelbaren Beieinander von Bedürfnis und Befriedigung unentwickelt und ohne gesonderte Betonung ruhen. Mag die hier wirkende Bestimmung des Objekts nun in seiner blossen Seltenheit -- relativ zu seiner Begehrt- heit -- oder in den positiven Aneignungsmühen bestehen, jedenfalls setzt es erst dadurch jene Distanz zwischen ihm und uns, die schliess- lich gestattet, ihm einen Wert jenseits seines blossen Genossenwerdens zuzuteilen.
So wird der Ausgangspunkt der Wertungen doch durch den Begriff der Subjektivität nicht tief genug erfasst. Das unmittelbare und naive Sichbewusstsein, Einschlürfen, Geniessen dessen, was die Welt bietet, steht ganz jenseits der Kategorien Subjekt und Objekt. Die un- gebrochene seelische Einheit dieser primären Vorgänge -- deren erstes Beispiel wohl das Trinken des Kindes an der Mutterbrust ist -- er- scheint uns nur deshalb als eine subjektive, weil wir an sie mit einem ausgebildeten Begriff des Objekts herantreten, von dem wir freilich in jenem einfachen Bewusstsein keine Spur antreffen; und weil wir ferner für derartig einheitliche Vorgänge und Existenzen keine rechten Aus- drücke haben, sondern sie nach einem der einseitigen Elemente zu benennen pflegen, als deren Zusammenwirken die nachträgliche Analyse sie vorstellt. So hat man den allumfassenden Bewusstseins-Zusammen- hang, der die vorstellbare Welt ist, als Ich bezeichnet, obgleich dieser Begriff erst in dem Gegensatz zu den sachlichen Inhalten, mit denen zusammen er jenes absolute "Ich" ausmacht, einen eigentlichen Sinn erhält; so hat man, eben dasselbe moralisch wendend, alles Handeln als im letzten Grunde egoistisch behauptet, während der Egoismus erst innerhalb des Handelns und im Gegensatz zum Altruismus einen verständlichen Inhalt hat; so hat das pantheistische Empfinden die Allheit des Seins Gott genannt, von dem man doch andrerseits einen eigentlichen Begriff nur in seinem Sichabheben von allem Irdischen zu gewinnen meint. So also nennen wir den Akt, mit dem das Leben als Einheit des begehrenden Subjekts und des be- friedigenden Objekts einsetzt, einen subjektiven, während er in Wirk- lichkeit erst durch Hindernis, Versagung, Aufschub, die sich in ihn einschieben, in Subjekte und Objekte gespalten wird. Mit demselben Prozess der Hemmung und Distanzierung, von dem das gefühlte und vorgestellte Ich mit seiner Bedeutsamkeit den Dingen gegenüber aus- geht, hebt auch die Schätzung dieser selbst, das Interesse für das Objekt als solches an.
Auch gelegentlich dieser Verknüpfung von Wertung und Distan- zierung verhält sich der Wert ähnlich wie das Sein der Dinge. Der
treiben das Ich und das Objekt auseinander, die in dem unmittelbaren Beieinander von Bedürfnis und Befriedigung unentwickelt und ohne gesonderte Betonung ruhen. Mag die hier wirkende Bestimmung des Objekts nun in seiner bloſsen Seltenheit — relativ zu seiner Begehrt- heit — oder in den positiven Aneignungsmühen bestehen, jedenfalls setzt es erst dadurch jene Distanz zwischen ihm und uns, die schlieſs- lich gestattet, ihm einen Wert jenseits seines bloſsen Genossenwerdens zuzuteilen.
So wird der Ausgangspunkt der Wertungen doch durch den Begriff der Subjektivität nicht tief genug erfaſst. Das unmittelbare und naive Sichbewuſstsein, Einschlürfen, Genieſsen dessen, was die Welt bietet, steht ganz jenseits der Kategorien Subjekt und Objekt. Die un- gebrochene seelische Einheit dieser primären Vorgänge — deren erstes Beispiel wohl das Trinken des Kindes an der Mutterbrust ist — er- scheint uns nur deshalb als eine subjektive, weil wir an sie mit einem ausgebildeten Begriff des Objekts herantreten, von dem wir freilich in jenem einfachen Bewuſstsein keine Spur antreffen; und weil wir ferner für derartig einheitliche Vorgänge und Existenzen keine rechten Aus- drücke haben, sondern sie nach einem der einseitigen Elemente zu benennen pflegen, als deren Zusammenwirken die nachträgliche Analyse sie vorstellt. So hat man den allumfassenden Bewuſstseins-Zusammen- hang, der die vorstellbare Welt ist, als Ich bezeichnet, obgleich dieser Begriff erst in dem Gegensatz zu den sachlichen Inhalten, mit denen zusammen er jenes absolute „Ich“ ausmacht, einen eigentlichen Sinn erhält; so hat man, eben dasselbe moralisch wendend, alles Handeln als im letzten Grunde egoistisch behauptet, während der Egoismus erst innerhalb des Handelns und im Gegensatz zum Altruismus einen verständlichen Inhalt hat; so hat das pantheistische Empfinden die Allheit des Seins Gott genannt, von dem man doch andrerseits einen eigentlichen Begriff nur in seinem Sichabheben von allem Irdischen zu gewinnen meint. So also nennen wir den Akt, mit dem das Leben als Einheit des begehrenden Subjekts und des be- friedigenden Objekts einsetzt, einen subjektiven, während er in Wirk- lichkeit erst durch Hindernis, Versagung, Aufschub, die sich in ihn einschieben, in Subjekte und Objekte gespalten wird. Mit demselben Prozeſs der Hemmung und Distanzierung, von dem das gefühlte und vorgestellte Ich mit seiner Bedeutsamkeit den Dingen gegenüber aus- geht, hebt auch die Schätzung dieser selbst, das Interesse für das Objekt als solches an.
Auch gelegentlich dieser Verknüpfung von Wertung und Distan- zierung verhält sich der Wert ähnlich wie das Sein der Dinge. Der
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treiben das Ich und das Objekt auseinander, die in dem unmittelbaren
Beieinander von Bedürfnis und Befriedigung unentwickelt und ohne
gesonderte Betonung ruhen. Mag die hier wirkende Bestimmung des
Objekts nun in seiner bloſsen Seltenheit — relativ zu seiner Begehrt-
heit — oder in den positiven Aneignungsmühen bestehen, jedenfalls
setzt es erst dadurch jene Distanz zwischen ihm und uns, die schlieſs-
lich gestattet, ihm einen Wert jenseits seines bloſsen Genossenwerdens
zuzuteilen.
So wird der Ausgangspunkt der Wertungen doch durch den Begriff
der Subjektivität nicht tief genug erfaſst. Das unmittelbare und naive
Sichbewuſstsein, Einschlürfen, Genieſsen dessen, was die Welt bietet,
steht ganz jenseits der Kategorien Subjekt und Objekt. Die un-
gebrochene seelische Einheit dieser primären Vorgänge — deren erstes
Beispiel wohl das Trinken des Kindes an der Mutterbrust ist — er-
scheint uns nur deshalb als eine subjektive, weil wir an sie mit einem
ausgebildeten Begriff des Objekts herantreten, von dem wir freilich in
jenem einfachen Bewuſstsein keine Spur antreffen; und weil wir ferner
für derartig einheitliche Vorgänge und Existenzen keine rechten Aus-
drücke haben, sondern sie nach einem der einseitigen Elemente zu
benennen pflegen, als deren Zusammenwirken die nachträgliche Analyse
sie vorstellt. So hat man den allumfassenden Bewuſstseins-Zusammen-
hang, der die vorstellbare Welt ist, als Ich bezeichnet, obgleich
dieser Begriff erst in dem Gegensatz zu den sachlichen Inhalten, mit
denen zusammen er jenes absolute „Ich“ ausmacht, einen eigentlichen
Sinn erhält; so hat man, eben dasselbe moralisch wendend, alles
Handeln als im letzten Grunde egoistisch behauptet, während der
Egoismus erst innerhalb des Handelns und im Gegensatz zum
Altruismus einen verständlichen Inhalt hat; so hat das pantheistische
Empfinden die Allheit des Seins Gott genannt, von dem man doch
andrerseits einen eigentlichen Begriff nur in seinem Sichabheben von
allem Irdischen zu gewinnen meint. So also nennen wir den Akt,
mit dem das Leben als Einheit des begehrenden Subjekts und des be-
friedigenden Objekts einsetzt, einen subjektiven, während er in Wirk-
lichkeit erst durch Hindernis, Versagung, Aufschub, die sich in ihn
einschieben, in Subjekte und Objekte gespalten wird. Mit demselben
Prozeſs der Hemmung und Distanzierung, von dem das gefühlte und
vorgestellte Ich mit seiner Bedeutsamkeit den Dingen gegenüber aus-
geht, hebt auch die Schätzung dieser selbst, das Interesse für das
Objekt als solches an.
Auch gelegentlich dieser Verknüpfung von Wertung und Distan-
zierung verhält sich der Wert ähnlich wie das Sein der Dinge. Der
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/44>, abgerufen am 28.11.2024.
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