Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.Geistr. Sinn- und schlußr. 173. Die Schwachen müssen warten. Du armes Vögelein/ kanstu nicht selber fliegen/So bleibe mit Geduld biß du meyr krafft hast ligen. 174. Es wil geübet seyn. Versuch mein Däubelein mit übung lernt man viel:Wer nur nicht sitzen bleibt/ der kombt doch noch zum Ziel. 175. Der Geist führt in die Wüste. Kanstu dich auf den Geist in deinem Heyland schwingen/So wird er dich mit sich in seine Wüste bringen. 176. Beständig muß man seyn. Verstockt ist halb verlohrn: doch wer im gutten kanEin Stok und Eysen seyn/ steht auf deß Lebens bahn. 177. Es wird nicht alls gerichtet. Die Menschen die in Gott mit Christo sind verschlugen/Sind durchs Gericht' und Tod gantz seelig durchgedrun- gen. 178. Alls steht im Jch und Du/ Nichts ist als Jch und Du: und wenn wir zwey nicht(Schöpffer und Geschöpffe.) seyn/ So ist GOtt nicht mehr GOtt/ und fällt der Himmel ein. Besihe den Begihrer am Ende. 179. Es sol ein Einigs werden. Ach ja! wär' ich im Du/ und du im ich ein Ein;So möchte Tausendmahl der Himmel Himmel seyn. 180. Der Mensch ist nichts/ GOtt alles. Jch bin nicht Jch noch Du: Du bist wol Jch in mir:Drumb geb ich dir mein GOtt allein die Ehrgebühr. 181. Der D 7
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr. 173. Die Schwachen muͤſſen warten. Du armes Voͤgelein/ kanſtu nicht ſelber fliegen/So bleibe mit Geduld biß du meyr krafft haſt ligen. 174. Es wil geuͤbet ſeyn. Verſuch mein Daͤubelein mit uͤbung lernt man viel:Wer nur nicht ſitzen bleibt/ der kombt doch noch zum Ziel. 175. Der Geiſt fuͤhrt in die Wuͤſte. Kanſtu dich auf den Geiſt in deinem Heyland ſchwingen/So wird er dich mit ſich in ſeine Wuͤſte bringen. 176. Beſtaͤndig muß man ſeyn. Verſtockt iſt halb verlohrn: doch wer im gutten kanEin Stok und Eyſen ſeyn/ ſteht auf deß Lebens bahn. 177. Es wird nicht alls gerichtet. Die Menſchen die in Gott mit Chriſto ſind verſchlũgen/Sind durchs Gericht’ und Tod gantz ſeelig durchgedrun- gen. 178. Alls ſteht im Jch und Du/ Nichts iſt als Jch und Du: und wenn wir zwey nicht(Schoͤpffer und Geſchoͤpffe.) ſeyn/ So iſt GOtt nicht mehr GOtt/ und faͤllt der Him̄el ein. Beſihe den Begihrer am Ende. 179. Es ſol ein Einigs werden. Ach ja! waͤr’ ich im Du/ und du im ich ein Ein;So moͤchte Tauſendmahl der Himmel Himmel ſeyn. 180. Der Menſch iſt nichts/ GOtt alles. Jch bin nicht Jch noch Du: Du biſt wol Jch in mir:Drumb geb ich dir mein GOtt allein die Ehrgebuͤhr. 181. Der D 7
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173. Die Schwachen muͤſſen warten.
Du armes Voͤgelein/ kanſtu nicht ſelber fliegen/
So bleibe mit Geduld biß du meyr krafft haſt ligen.
174. Es wil geuͤbet ſeyn.
Verſuch mein Daͤubelein mit uͤbung lernt man viel:
Wer nur nicht ſitzen bleibt/ der kombt doch noch zum Ziel.
175. Der Geiſt fuͤhrt in die Wuͤſte.
Kanſtu dich auf den Geiſt in deinem Heyland ſchwingen/
So wird er dich mit ſich in ſeine Wuͤſte bringen.
176. Beſtaͤndig muß man ſeyn.
Verſtockt iſt halb verlohrn: doch wer im gutten kan
Ein Stok und Eyſen ſeyn/ ſteht auf deß Lebens bahn.
177. Es wird nicht alls gerichtet.
Die Menſchen die in Gott mit Chriſto ſind verſchlũgen/
Sind durchs Gericht’ und Tod gantz ſeelig durchgedrun-
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178. Alls ſteht im Jch und Du/
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So iſt GOtt nicht mehr GOtt/ und faͤllt der Him̄el ein.
Beſihe den Begihrer am Ende.
179. Es ſol ein Einigs werden.
Ach ja! waͤr’ ich im Du/ und du im ich ein Ein;
So moͤchte Tauſendmahl der Himmel Himmel ſeyn.
180. Der Menſch iſt nichts/ GOtt alles.
Jch bin nicht Jch noch Du: Du biſt wol Jch in mir:
Drumb geb ich dir mein GOtt allein die Ehrgebuͤhr.
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/89>, abgerufen am 19.07.2024. |