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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Geistr. Sinn- und schlußr.
134 Unvollkomne gestorbenheit.
Wo dich noch diß und das bekümmert und bewegt/
So bistu noch nicht gantz mit GOtt ins Grab gelegt.
135 Bey Gott ist nur sein Sohn.
Mensch werd' auß Gott gebohrn: bey seiner GOttheit
Thron/
Steht niemand anders als der eingebohrne Sohn.
136 Wie ruhet GOtt in mir?
Du must gantz lauter seyn/ und stehn in einem Nun/
Sol GOtt in dir sich schaun/ und sänfftiglichen ruhn:
137. GOtt verdammet niemand
Was klagstu über GOtt? Du selbst verdammest dich:
Er möcht' es ja nicht thun/ das glaube sicherlich.
138. Je mehr du auß/ je mehr GOtt ein.
Je mehr du dich auß dir kanst außthun und entgiessen;
Je mehr muß GOtt in dich mit seiner GOttheit fliessen.
139. Es trägt und wirt getragen:
Das Wort/ das dich und mich/ und alle dinge trägt/
Wird widerumb von mir getragen und gehägt.
140. Der Mensch ist alle Dinge
Der Mensch ist alle ding': Jsts daß jhm eins gebricht/
So kennet er fürwar sein Reichthumb selber nicht.
141. Es sind viel tausend Sonnen.
Du sprichst im Firmament sey eine Sonn' allein:
Jch aber sage/ daß vil tausend Sonnen seyn.
142. Je
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
134 Unvollkomne geſtorbenheit.
Wo dich noch diß und das bekuͤmmert und bewegt/
So biſtu noch nicht gantz mit GOtt ins Grab gelegt.
135 Bey Gott iſt nur ſein Sohn.
Menſch werd’ auß Gott gebohrn: bey ſeiner GOttheit
Thron/
Steht niemand anders als der eingebohrne Sohn.
136 Wie ruhet GOtt in mir?
Du muſt gantz lauter ſeyn/ und ſtehn in einem Nun/
Sol GOtt in dir ſich ſchaun/ und ſaͤnfftiglichen ruhn:
137. GOtt verdam̃et niemand
Was klagſtu uͤber GOtt? Du ſelbſt verdam̄eſt dich:
Er moͤcht’ es ja nicht thun/ das glaube ſicherlich.
138. Je mehr du auß/ je mehr GOtt ein.
Je mehr du dich auß dir kanſt außthun und entgieſſen;
Je mehr muß GOtt in dich mit ſeiner GOttheit flieſſen.
139. Es traͤgt und wirt getragen:
Das Wort/ das dich und mich/ und alle dinge traͤgt/
Wird widerumb von mir getragen und gehaͤgt.
140. Der Menſch iſt alle Dinge
Der Menſch iſt alle ding’: Jſts daß jhm eins gebricht/
So kennet er fuͤrwar ſein Reichthumb ſelber nicht.
141. Es ſind viel tauſend Sonnen.
Du ſprichſt im Firmament ſey eine Sonn’ allein:
Jch aber ſage/ daß vil tauſend Sonnen ſeyn.
142. Je
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[39/0045] Geiſtr. Sinn-und ſchlußr. 134 Unvollkomne geſtorbenheit. Wo dich noch diß und das bekuͤmmert und bewegt/ So biſtu noch nicht gantz mit GOtt ins Grab gelegt. 135 Bey Gott iſt nur ſein Sohn. Menſch werd’ auß Gott gebohrn: bey ſeiner GOttheit Thron/ Steht niemand anders als der eingebohrne Sohn. 136 Wie ruhet GOtt in mir? Du muſt gantz lauter ſeyn/ und ſtehn in einem Nun/ Sol GOtt in dir ſich ſchaun/ und ſaͤnfftiglichen ruhn: 137. GOtt verdam̃et niemand Was klagſtu uͤber GOtt? Du ſelbſt verdam̄eſt dich: Er moͤcht’ es ja nicht thun/ das glaube ſicherlich. 138. Je mehr du auß/ je mehr GOtt ein. Je mehr du dich auß dir kanſt außthun und entgieſſen; Je mehr muß GOtt in dich mit ſeiner GOttheit flieſſen. 139. Es traͤgt und wirt getragen: Das Wort/ das dich und mich/ und alle dinge traͤgt/ Wird widerumb von mir getragen und gehaͤgt. 140. Der Menſch iſt alle Dinge Der Menſch iſt alle ding’: Jſts daß jhm eins gebricht/ So kennet er fuͤrwar ſein Reichthumb ſelber nicht. 141. Es ſind viel tauſend Sonnen. Du ſprichſt im Firmament ſey eine Sonn’ allein: Jch aber ſage/ daß vil tauſend Sonnen ſeyn. 142. Je

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/45>, abgerufen am 19.04.2024.