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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Joh: Angeli sechstes Buch
139. Kein Höffling kein Himmling.
Mensch wirstu nicht gehöft unnd klebst am Kloß der
Erden/
Wie sol der Himmel dir/ der keinem Pflock wird/ werden.
140. Wer nicht hasst hat nicht verlassen.
Du stäkst im falschen Wahn; kanstu die Welt nicht
hassen/
Fürwahr du hast nicht sie/ sie hat nur dich verlassen.
141. An den gezwungenen Creutzleidenden.
Mensch wer dem Creutz nicht kan entwerden und ent-
gehn/
Der muß auch wiedern Willn daran gehaftet stehn.
142. An den Welt verlassenen.
Mauch ding thut man auß Noth. Auch du verläst die
Welt.
Weil dirs dein Hertze sagt/ daß sie nichts von dir hält.
143. An den Hoffärtigen.
Es heist sich einen Wurm auß Demutt GOttes Sohn/
Du Wurm mist dir wohl zu auß Hoffart seinen Thron.
144. Die selbst Schätzung ist verwerflich.
Der Himmel schätzt sich nicht/ ob er gleich alls ernährt:
Schätzst du dich selber hoch/ so bistu wohl nichts wehrt.
145. Die seltzame Tugend.
GOtt spricht/ wer sich versenckt der wird erhaben/
werden:
Und doch ist dieses thun das seltzamst' auf der Erden!
146. Das
Joh: Angeli ſechſtes Buch
139. Kein Hoͤffling kein Himmling.
Menſch wirſtu nicht gehoͤft unnd klebſt am Kloß der
Erden/
Wie ſol der Himmel dir/ der keinem Pflock wird/ werden.
140. Wer nicht haſſt hat nicht verlaſſen.
Du ſtaͤkſt im falſchen Wahn; kanſtu die Welt nicht
haſſen/
Fuͤrwahr du haſt nicht ſie/ ſie hat nur dich verlaſſen.
141. An den gezwungenen Creutzleidenden.
Menſch wer dem Creutz nicht kan entwerden und ent-
gehn/
Der muß auch wiedern Willn daran gehaftet ſtehn.
142. An den Welt verlaſſenen.
Mauch ding thut man auß Noth. Auch du verlaͤſt die
Welt.
Weil dirs dein Hertze ſagt/ daß ſie nichts von dir haͤlt.
143. An den Hoffaͤrtigen.
Es heiſt ſich einen Wurm auß Demutt GOttes Sohn/
Du Wurm miſt dir wohl zu auß Hoffart ſeinen Thron.
144. Die ſelbſt Schaͤtzung iſt verwerflich.
Der Himmel ſchaͤtzt ſich nicht/ ob er gleich alls ernaͤhrt:
Schaͤtzſt du dich ſelber hoch/ ſo biſtu wohl nichts wehrt.
145. Die ſeltzame Tugend.
GOtt ſpricht/ wer ſich verſenckt der wird erhaben/
werden:
Und doch iſt dieſes thun das ſeltzamſt’ auf der Erden!
146. Das
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[250[235]/0241] Joh: Angeli ſechſtes Buch 139. Kein Hoͤffling kein Himmling. Menſch wirſtu nicht gehoͤft unnd klebſt am Kloß der Erden/ Wie ſol der Himmel dir/ der keinem Pflock wird/ werden. 140. Wer nicht haſſt hat nicht verlaſſen. Du ſtaͤkſt im falſchen Wahn; kanſtu die Welt nicht haſſen/ Fuͤrwahr du haſt nicht ſie/ ſie hat nur dich verlaſſen. 141. An den gezwungenen Creutzleidenden. Menſch wer dem Creutz nicht kan entwerden und ent- gehn/ Der muß auch wiedern Willn daran gehaftet ſtehn. 142. An den Welt verlaſſenen. Mauch ding thut man auß Noth. Auch du verlaͤſt die Welt. Weil dirs dein Hertze ſagt/ daß ſie nichts von dir haͤlt. 143. An den Hoffaͤrtigen. Es heiſt ſich einen Wurm auß Demutt GOttes Sohn/ Du Wurm miſt dir wohl zu auß Hoffart ſeinen Thron. 144. Die ſelbſt Schaͤtzung iſt verwerflich. Der Himmel ſchaͤtzt ſich nicht/ ob er gleich alls ernaͤhrt: Schaͤtzſt du dich ſelber hoch/ ſo biſtu wohl nichts wehrt. 145. Die ſeltzame Tugend. GOtt ſpricht/ wer ſich verſenckt der wird erhaben/ werden: Und doch iſt dieſes thun das ſeltzamſt’ auf der Erden! 146. Das

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 250[235]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/241>, abgerufen am 23.11.2024.