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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Geistr. Sinn- und schlußr.
93. Von Johannes dem Täuffer.
Johannes aß fast nichts/ er trug ein rauhes Kleid/
Saß in der Wüsteney die gantze Lebenszeit.
Er war so from: was fiel er GOtt so hart zu Fusse?
Die grösten Heiligen die thun die gröste Busse.
94. Die Welt.
Zu GOtt kombt man durch GOtt: zum Teufel durch
die Welt;
Ach daß sich doch ein Mensch zu dieser Hure hält!
95. Das Ende krönt das Werck.
Das Ende krönt das Werck/ das Leben ziehrt der Tod
Wie herrlich stirbt der Mensch/ der treu ist seinem Gott:!
96. Die Figur ist Vergänglich.
Mensch die Figur der Welt vergehet mit der Zeit:
Was trotzstu dann so viel auf jhre Herrlichkeit?
97. Auf beiden seyn ist gut.
Den Himmel wüntsch' ich mir/ Lieb' aber auch die Erden:
Denn auf derselbigen kan ich GOtt näher werden.
98. Von den Lilgen.
So offt ich Lilgen seh/ so offt empfind' ich Pein/
Und muß auch bald zugleich so offt voll Freuden seyn.
Die Pein enstehet mir/ weil ich die Ziehr verlohrn/
Die ich im Paradiß von anbegin gehabt.
Die Frewde kombt daher/ weil JEsus ist gebohrn
Der mich nu widerumb mit jhr aufs neu begabt.
99. Von
G 2
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
93. Von Johannes dem Taͤuffer.
Johannes aß faſt nichts/ er trug ein rauhes Kleid/
Saß in der Wuͤſteney die gantze Lebenszeit.
Er war ſo from: was fiel er GOtt ſo hart zu Fuſſe?
Die groͤſten Heiligen die thun die groͤſte Buſſe.
94. Die Welt.
Zu GOtt kombt man durch GOtt: zum Teufel durch
die Welt;
Ach daß ſich doch ein Menſch zu dieſer Hure haͤlt!
95. Das Ende kroͤnt das Werck.
Das Ende kroͤnt das Werck/ das Leben ziehrt der Tod
Wie herrlich ſtirbt der Menſch/ der treu iſt ſeinem Gott:!
96. Die Figur iſt Vergaͤnglich.
Menſch die Figur der Welt vergehet mit der Zeit:
Was trotzſtu dann ſo viel auf jhre Herꝛlichkeit?
97. Auf beiden ſeyn iſt gut.
Den Him̄el wuͤntſch’ ich mir/ Lieb’ aber auch die Erden:
Denn auf derſelbigen kan ich GOtt naͤher werden.
98. Von den Lilgen.
So offt ich Lilgen ſeh/ ſo offt empfind’ ich Pein/
Und muß auch bald zugleich ſo offt voll Freuden ſeyn.
Die Pein enſtehet mir/ weil ich die Ziehr verlohrn/
Die ich im Paradiß von anbegin gehabt.
Die Frewde kombt daher/ weil JEſus iſt gebohrn
Der mich nu widerumb mit jhr aufs neu begabt.
99. Von
G 2
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[146[145]/0151] Geiſtr. Sinn-und ſchlußr. 93. Von Johannes dem Taͤuffer. Johannes aß faſt nichts/ er trug ein rauhes Kleid/ Saß in der Wuͤſteney die gantze Lebenszeit. Er war ſo from: was fiel er GOtt ſo hart zu Fuſſe? Die groͤſten Heiligen die thun die groͤſte Buſſe. 94. Die Welt. Zu GOtt kombt man durch GOtt: zum Teufel durch die Welt; Ach daß ſich doch ein Menſch zu dieſer Hure haͤlt! 95. Das Ende kroͤnt das Werck. Das Ende kroͤnt das Werck/ das Leben ziehrt der Tod Wie herrlich ſtirbt der Menſch/ der treu iſt ſeinem Gott:! 96. Die Figur iſt Vergaͤnglich. Menſch die Figur der Welt vergehet mit der Zeit: Was trotzſtu dann ſo viel auf jhre Herꝛlichkeit? 97. Auf beiden ſeyn iſt gut. Den Him̄el wuͤntſch’ ich mir/ Lieb’ aber auch die Erden: Denn auf derſelbigen kan ich GOtt naͤher werden. 98. Von den Lilgen. So offt ich Lilgen ſeh/ ſo offt empfind’ ich Pein/ Und muß auch bald zugleich ſo offt voll Freuden ſeyn. Die Pein enſtehet mir/ weil ich die Ziehr verlohrn/ Die ich im Paradiß von anbegin gehabt. Die Frewde kombt daher/ weil JEſus iſt gebohrn Der mich nu widerumb mit jhr aufs neu begabt. 99. Von G 2

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 146[145]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/151>, abgerufen am 23.11.2024.