Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite
Johannis Angeli
137. Schrifft ohne Geist ist nichts.
Die Schrifft ist Schrifft sonst nichts. Mein Trost
ist Wesenheit/
Und daß GOtt in mir spricht daß Wort der Ewigkeit.
138 Der Schönest' im Himmelreich.
Die Seele/ welche hier noch kleiner ist als klein/
Wird in dem Himmelreich die schönste Göttin sein.
139. Wie kan man Englisch seyn?
Kind wiltu Englisch seyn/ so kanstu es bereit:
Wie dann? sie leben stäts in unannehmlichkeit.
140. Die Selbst-vernichtigung.
Nichts bringt dich über dich als die Vernichtigkeit:
Wer mehr Vernichtigt ist/ der hat mehr Göttlichkeit.
141. Der Grundgelassene.
Ein Grundgelassner Mensch ist Ewig frey und Ein:
Kan auch ein Unterscheid an jhm und GOtte sein?
142. Du must es selber seyn.
Frag nicht was Göttlich sey: Denn so du es nicht bist/
So weistu es doch nicht/ ob dus' gleich hörst mein
Christ.
143. Jn GOtt ist alles GOtt.
Jn GOtt ist alles GOtt: Ein eintzigs Würmelein/
Daß ist in GOtt so viel als tausend GOtte sein.
144. Was ist Gelassenheit?
Was ist Gelassenheit? Jch sag' ohn Heucheley:
Daß es in deiner Seel der wille JEsn sey.
145. Daß wesen GOttes.
Was ist das wesen GOtts? Fragstu mein ängigkeit?
Doch wisse/ daß es ist ein' überwesenheit.
146. GOtt ist Finsternuß vnd Liecht.
GOtt ist ein lautrer Blitz/ und auch ein Tunkles nicht/
Daß keine Creatur beschaut mit jhrem Licht.
147. Die
Johannis Angeli
137. Schrifft ohne Geiſt iſt nichts.
Die Schrifft iſt Schrifft ſonſt nichts. Mein Troſt
iſt Weſenheit/
Und daß GOtt in mir ſpricht daß Wort der Ewigkeit.
138 Der Schoͤneſt’ im Himmelreich.
Die Seele/ welche hier noch kleiner iſt als klein/
Wird in dem Himmelreich die ſchoͤnſte Goͤttin ſein.
139. Wie kan man Engliſch ſeyn?
Kind wiltu Engliſch ſeyn/ ſo kanſtu es bereit:
Wie dann? ſie leben ſtaͤts in unannehmlichkeit.
140. Die Selbſt-vernichtigung.
Nichts bringt dich uͤber dich als die Vernichtigkeit:
Wer mehr Vernichtigt iſt/ der hat mehr Goͤttlichkeit.
141. Der Grundgelaſſene.
Ein Grundgelaſſner Menſch iſt Ewig frey und Ein:
Kan auch ein Unterſcheid an jhm und GOtte ſein?
142. Du muſt es ſelber ſeyn.
Frag nicht was Goͤttlich ſey: Denn ſo du es nicht biſt/
So weiſtu es doch nicht/ ob dus’ gleich hoͤrſt mein
Chriſt.
143. Jn GOtt iſt alles GOtt.
Jn GOtt iſt alles GOtt: Ein eintzigs Wuͤrmelein/
Daß iſt in GOtt ſo viel als tauſend GOtte ſein.
144. Was iſt Gelaſſenheit?
Was iſt Gelaſſenheit? Jch ſag’ ohn Heucheley:
Daß es in deiner Seel der wille JEſn ſey.
145. Daß weſen GOttes.
Was iſt das weſen GOtts? Fragſtu mein aͤngigkeit?
Doch wiſſe/ daß es iſt ein’ uͤberweſenheit.
146. GOtt iſt Finſternuß vnd Liecht.
GOtt iſt ein lautrer Blitz/ und auch ein Tunkles nicht/
Daß keine Creatur beſchaut mit jhrem Licht.
147. Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0078" n="74[72]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Johannis Angeli</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">137. Schrifft ohne Gei&#x017F;t i&#x017F;t nichts.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Schrifft i&#x017F;t Schrifft &#x017F;on&#x017F;t nichts. Mein Tro&#x017F;t</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">i&#x017F;t We&#x017F;enheit/</hi> </l><lb/>
            <l>Und daß GOtt in mir &#x017F;pricht daß Wort der Ewigkeit.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">138 Der Scho&#x0364;ne&#x017F;t&#x2019; im Himmelreich.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Seele/ welche hier noch kleiner i&#x017F;t als klein/</l><lb/>
            <l>Wird in dem Himmelreich die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Go&#x0364;ttin &#x017F;ein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">139. Wie kan man Engli&#x017F;ch &#x017F;eyn?</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Kind wiltu Engli&#x017F;ch &#x017F;eyn/ &#x017F;o kan&#x017F;tu es bereit:</l><lb/>
            <l>Wie dann? &#x017F;ie leben &#x017F;ta&#x0364;ts in unannehmlichkeit.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">140. Die Selb&#x017F;t-vernichtigung.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Nichts bringt dich u&#x0364;ber dich als die Vernichtigkeit:</l><lb/>
            <l>Wer mehr Vernichtigt i&#x017F;t/ der hat mehr Go&#x0364;ttlichkeit.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">141. Der Grundgela&#x017F;&#x017F;ene.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Ein Grundgela&#x017F;&#x017F;ner Men&#x017F;ch i&#x017F;t Ewig frey und Ein:</l><lb/>
            <l>Kan auch ein Unter&#x017F;cheid an jhm und GOtte &#x017F;ein?</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">142. Du mu&#x017F;t es &#x017F;elber &#x017F;eyn.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Frag nicht was Go&#x0364;ttlich &#x017F;ey: Denn &#x017F;o du es nicht bi&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>So wei&#x017F;tu es doch nicht/ ob dus&#x2019; gleich ho&#x0364;r&#x017F;t mein</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Chri&#x017F;t.</hi> </l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">143. Jn GOtt i&#x017F;t alles GOtt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Jn GOtt i&#x017F;t alles GOtt: Ein eintzigs Wu&#x0364;rmelein/</l><lb/>
            <l>Daß i&#x017F;t in GOtt &#x017F;o viel als tau&#x017F;end GOtte &#x017F;ein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">144. Was i&#x017F;t Gela&#x017F;&#x017F;enheit?</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Was i&#x017F;t Gela&#x017F;&#x017F;enheit? Jch &#x017F;ag&#x2019; ohn Heucheley:</l><lb/>
            <l>Daß es in deiner Seel der wille JE&#x017F;n &#x017F;ey.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">145. Daß we&#x017F;en GOttes.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Was i&#x017F;t das we&#x017F;en GOtts? Frag&#x017F;tu mein a&#x0364;ngigkeit?</l><lb/>
            <l>Doch wi&#x017F;&#x017F;e/ daß es i&#x017F;t ein&#x2019; u&#x0364;berwe&#x017F;enheit.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">146. GOtt i&#x017F;t Fin&#x017F;ternuß vnd Liecht.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>GOtt i&#x017F;t ein lautrer Blitz/ und auch ein Tunkles nicht/</l><lb/>
            <l>Daß keine Creatur be&#x017F;chaut mit jhrem Licht.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">147. Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74[72]/0078] Johannis Angeli 137. Schrifft ohne Geiſt iſt nichts. Die Schrifft iſt Schrifft ſonſt nichts. Mein Troſt iſt Weſenheit/ Und daß GOtt in mir ſpricht daß Wort der Ewigkeit. 138 Der Schoͤneſt’ im Himmelreich. Die Seele/ welche hier noch kleiner iſt als klein/ Wird in dem Himmelreich die ſchoͤnſte Goͤttin ſein. 139. Wie kan man Engliſch ſeyn? Kind wiltu Engliſch ſeyn/ ſo kanſtu es bereit: Wie dann? ſie leben ſtaͤts in unannehmlichkeit. 140. Die Selbſt-vernichtigung. Nichts bringt dich uͤber dich als die Vernichtigkeit: Wer mehr Vernichtigt iſt/ der hat mehr Goͤttlichkeit. 141. Der Grundgelaſſene. Ein Grundgelaſſner Menſch iſt Ewig frey und Ein: Kan auch ein Unterſcheid an jhm und GOtte ſein? 142. Du muſt es ſelber ſeyn. Frag nicht was Goͤttlich ſey: Denn ſo du es nicht biſt/ So weiſtu es doch nicht/ ob dus’ gleich hoͤrſt mein Chriſt. 143. Jn GOtt iſt alles GOtt. Jn GOtt iſt alles GOtt: Ein eintzigs Wuͤrmelein/ Daß iſt in GOtt ſo viel als tauſend GOtte ſein. 144. Was iſt Gelaſſenheit? Was iſt Gelaſſenheit? Jch ſag’ ohn Heucheley: Daß es in deiner Seel der wille JEſn ſey. 145. Daß weſen GOttes. Was iſt das weſen GOtts? Fragſtu mein aͤngigkeit? Doch wiſſe/ daß es iſt ein’ uͤberweſenheit. 146. GOtt iſt Finſternuß vnd Liecht. GOtt iſt ein lautrer Blitz/ und auch ein Tunkles nicht/ Daß keine Creatur beſchaut mit jhrem Licht. 147. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/78
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 74[72]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/78>, abgerufen am 23.11.2024.