Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli. 128. Der Seelen wird es nie Nacht. Mich wundert daß du darffst dentag so sehr verlange! Die Sonn ist meiner Seel noch niemals untergangen. 12[9][.] Daß jnnre bedarf Nicht deß aüseren. Wer seine Sinnen hat ins jnnere gebracht/ Der hört was man nicht redt/ und siehet in der Nacht. 130. Der geistliche Magnet und Stahl. Gott der ist ein Magnet/ mein Hertz daß ist der Stahl: Eß kehrt sich stäts nach jhm/ wenn ers berührt einmahl. 131. Der Mensch ist etwas grosses. Der Mensch muß doch was sein! Gott nimbt sein we- sen an: Umb aller Engel willn hätt er solchs nicht gethan. 132. Der gelassene leidet keinen schaden. Wer nichts mit eigenthum besitzet in der Welt/ Der leidet nicht verlust wann jhm gleich's Hauß ein- fällt. 133. Der Weise grämt sich nie. Der Weise wird sich nie in Pein und Unglük grämen: Er bitt Gott nicht einmahl/ daß ers von jhm soll nehmen. Er bettet nur Herr dein Wille geschehe. 134. Ein König und ein knecht ist Gott gerecht. Mensch allererst bistu für Gott geschikt und recht: Wenn du zugleiche bist ein König und ein Knecht. 135. Vorbereitung macht weniger emp- findligkeit. Wie daß den Weisen nie betrübet Weh und Leid? Er hat sich lang zuvor auf solchen Gast bereit. 136. Dem Weisen gilt alles gleiche. Alls gilt dem Weisen gleich: er sitzt in ruh und stille: Geht
Johannis Angeli. 128. Der Seelen wird es nie Nacht. Mich wundert daß du darffſt dentag ſo ſehr verlange! Die Sonn iſt meiner Seel noch niemals untergangen. 12[9][.] Daß jnnre bedarf Nicht deß auͤſerẽ. Wer ſeine Sinnen hat ins jnnere gebracht/ Der hoͤrt was man nicht redt/ und ſiehet in der Nacht. 130. Der geiſtliche Magnet und Stahl. Gott der iſt ein Magnet/ mein Hertz daß iſt der Stahl: Eß kehrt ſich ſtaͤts nach jhm/ weñ ers berührt einmahl. 131. Der Menſch iſt etwas groſſes. Der Menſch muß doch was ſein! Gott nimbt ſein we- ſen an: Umb aller Engel willn haͤtt er ſolchs nicht gethan. 132. Der gelaſſene leidet keinen ſchaden. Wer nichts mit eigenthum beſitzet in der Welt/ Der leidet nicht verluſt wann jhm gleich’s Hauß ein- faͤllt. 133. Der Weiſe graͤmt ſich nie. Der Weiſe wird ſich nie in Pein und Ungluͤk graͤmen: Er bitt Gott nicht einmahl/ daß ers von jhm ſoll nehmen. Er bettet nur Herꝛ dein Wille geſchehe. 134. Ein Koͤnig und ein knecht iſt Gott gerecht. Menſch allererſt biſtu fuͤr Gott geſchikt und recht: Wenn du zugleiche biſt ein Koͤnig und ein Knecht. 135. Vorbereitung macht weniger emp- findligkeit. Wie daß den Weiſen nie betruͤbet Weh und Leid? Er hat ſich lang zuvor auf ſolchen Gaſt bereit. 136. Dem Weiſen gilt alles gleiche. Alls gilt dem Weiſen gleich: er ſitzt in ruh und ſtille: Geht
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Johannis Angeli.
128. Der Seelen wird es nie Nacht.
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Die Sonn iſt meiner Seel noch niemals untergangen.
129. Daß jnnre bedarf Nicht deß auͤſerẽ.
Wer ſeine Sinnen hat ins jnnere gebracht/
Der hoͤrt was man nicht redt/ und ſiehet in der Nacht.
130. Der geiſtliche Magnet und Stahl.
Gott der iſt ein Magnet/ mein Hertz daß iſt der Stahl:
Eß kehrt ſich ſtaͤts nach jhm/ weñ ers berührt einmahl.
131. Der Menſch iſt etwas groſſes.
Der Menſch muß doch was ſein! Gott nimbt ſein we-
ſen an:
Umb aller Engel willn haͤtt er ſolchs nicht gethan.
132. Der gelaſſene leidet keinen ſchaden.
Wer nichts mit eigenthum beſitzet in der Welt/
Der leidet nicht verluſt wann jhm gleich’s Hauß ein-
faͤllt.
133. Der Weiſe graͤmt ſich nie.
Der Weiſe wird ſich nie in Pein und Ungluͤk graͤmen:
Er bitt Gott nicht einmahl/ daß ers von jhm ſoll
nehmen.
Er bettet nur Herꝛ dein Wille geſchehe.
134. Ein Koͤnig und ein knecht iſt Gott
gerecht.
Menſch allererſt biſtu fuͤr Gott geſchikt und recht:
Wenn du zugleiche biſt ein Koͤnig und ein Knecht.
135. Vorbereitung macht weniger emp-
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Wie daß den Weiſen nie betruͤbet Weh und Leid?
Er hat ſich lang zuvor auf ſolchen Gaſt bereit.
136. Dem Weiſen gilt alles gleiche.
Alls gilt dem Weiſen gleich: er ſitzt in ruh und ſtille:
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