Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite
Johannis Angeli
64. Auch von jhm.
Wie daß der reiche Mann den Armen jetzo kennt?
Er sieht wol daß sich hat daß Blättlein umbgewendt.
65. Der arme Lazarus.
Wie ungleich ist der Tod! die Engel tragen jhn
Den armen Lazarum zur ewgen ruhe hin.
Der reiche da er stirbt wird voller Angst und Pein:
So gutt ists auf der Welt nie reich gewesen sein!
66. Von Maria Magdalene.
Was dänkt doch Magdalen daß sie so offentlich
Dem HErrn zu Fusse fällt/ und schuldig giebet sich?
Ach frage doch nicht erst: schau wie die Augen funken:
Du sihst wol daß sie ist von grosser Liebe trunken.
67. Martha und Maria.
Die Martha laufft und rennt daß sie den HErren speise
Maria sitzet still: und hat doch solcher weise
Daß beste theil erwöhlt: sie speiset jhn allein/
Die aber findt auch sich von jhm gespeiset sein.
68. Von Maria Magdalene.
Maria kombt zum HErrn voll Leids und voller
Schmertzen/
Sie bittet umb Genad/ und thut doch jhren Mund
Mit keinem Wörtlein auf: wie macht sie's im dann
kundt?
Mit Jhrer Thränen fall und dem zerknirschten Hertzen.
68. Die Sünde.
Die Sünd' ist anders nichts/ als daß ein Mensch von
GOtt
Sein Angesicht abwendt/ und kehret sich zum Tod.
70. Der Mensch.
Daß gröste Wunderding ist doch der Mensch allein:
Er kan/ nach dem ers macht/ GOtt oder Teufel sein:
71. Der
Johannis Angeli
64. Auch von jhm.
Wie daß der reiche Mann den Armen jetzo kennt?
Er ſieht wol daß ſich hat daß Blaͤttlein umbgewendt.
65. Der arme Lazarus.
Wie ungleich iſt der Tod! die Engel tragen jhn
Den armen Lazarum zur ewgen ruhe hin.
Der reiche da er ſtirbt wird voller Angſt und Pein:
So gutt iſts auf der Welt nie reich geweſen ſein!
66. Von Maria Magdalene.
Was daͤnkt doch Magdalen daß ſie ſo offentlich
Dem HErꝛn zu Fuſſe faͤllt/ und ſchuldig giebet ſich?
Ach frage doch nicht erſt: ſchau wie die Augen funkẽ:
Du ſihſt wol daß ſie iſt von groſſer Liebe trunken.
67. Martha und Maria.
Die Martha laufft uñ rennt daß ſie den HErꝛen ſpeiſe
Maria ſitzet ſtill: und hat doch ſolcher weiſe
Daß beſte theil erwoͤhlt: ſie ſpeiſet jhn allein/
Die aber findt auch ſich von jhm geſpeiſet ſein.
68. Von Maria Magdalene.
Maria kombt zum HErꝛn voll Leids und voller
Schmertzen/
Sie bittet umb Genad/ und thut doch jhren Mund
Mit keinem Woͤrtlein auf: wie macht ſie’s im dann
kundt?
Mit Jhrer Thraͤnen fall und dem zerknirſchten Hertzẽ.
68. Die Suͤnde.
Die Suͤnd’ iſt anders nichts/ als daß ein Menſch von
GOtt
Sein Angeſicht abwendt/ und kehret ſich zum Tod.
70. Der Menſch.
Daß groͤſte Wunderding iſt doch der Menſch allein:
Er kan/ nach dem ers macht/ GOtt oder Teufel ſein:
71. Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0134" n="130[128]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Johannis Angeli</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">64. Auch von jhm.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wie daß der reiche Mann den Armen jetzo kennt?</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;ieht wol daß &#x017F;ich hat daß Bla&#x0364;ttlein umbgewendt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">65. Der arme Lazarus.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wie ungleich i&#x017F;t der Tod! die Engel tragen jhn</l><lb/>
            <l>Den armen Lazarum zur ewgen ruhe hin.</l><lb/>
            <l>Der reiche da er &#x017F;tirbt wird voller Ang&#x017F;t und Pein:</l><lb/>
            <l>So gutt i&#x017F;ts auf der Welt nie reich gewe&#x017F;en &#x017F;ein!</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">66. Von Maria Magdalene.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Was da&#x0364;nkt doch Magdalen daß &#x017F;ie &#x017F;o offentlich</l><lb/>
            <l>Dem HEr&#xA75B;n zu Fu&#x017F;&#x017F;e fa&#x0364;llt/ und &#x017F;chuldig giebet &#x017F;ich?</l><lb/>
            <l>Ach frage doch nicht er&#x017F;t: &#x017F;chau wie die Augen funke&#x0303;:</l><lb/>
            <l>Du &#x017F;ih&#x017F;t wol daß &#x017F;ie i&#x017F;t von gro&#x017F;&#x017F;er Liebe trunken.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">67. Martha und Maria.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Martha laufft un&#x0303; rennt daß &#x017F;ie den HEr&#xA75B;en &#x017F;pei&#x017F;e</l><lb/>
            <l><hi rendition="#fr">Maria</hi> &#x017F;itzet &#x017F;till: und hat doch &#x017F;olcher wei&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Daß be&#x017F;te theil erwo&#x0364;hlt: &#x017F;ie &#x017F;pei&#x017F;et jhn allein/</l><lb/>
            <l>Die aber findt auch &#x017F;ich von jhm ge&#x017F;pei&#x017F;et &#x017F;ein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">68. Von Maria Magdalene.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Maria kombt zum HEr&#xA75B;n voll Leids und voller</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Schmertzen/</hi> </l><lb/>
            <l>Sie bittet umb Genad/ und thut doch jhren Mund</l><lb/>
            <l>Mit keinem Wo&#x0364;rtlein auf: wie macht &#x017F;ie&#x2019;s im dann</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">kundt?</hi> </l><lb/>
            <l>Mit Jhrer Thra&#x0364;nen fall und dem zerknir&#x017F;chten Hertze&#x0303;.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">68. Die Su&#x0364;nde.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Su&#x0364;nd&#x2019; i&#x017F;t anders nichts/ als daß ein Men&#x017F;ch von</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">GOtt</hi> </l><lb/>
            <l>Sein Ange&#x017F;icht abwendt/ und kehret &#x017F;ich zum Tod.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">70. Der Men&#x017F;ch.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Daß gro&#x0364;&#x017F;te Wunderding i&#x017F;t doch der Men&#x017F;ch allein:</l><lb/>
            <l>Er kan/ nach dem ers macht/ GOtt oder Teufel &#x017F;ein:</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">71. Der</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130[128]/0134] Johannis Angeli 64. Auch von jhm. Wie daß der reiche Mann den Armen jetzo kennt? Er ſieht wol daß ſich hat daß Blaͤttlein umbgewendt. 65. Der arme Lazarus. Wie ungleich iſt der Tod! die Engel tragen jhn Den armen Lazarum zur ewgen ruhe hin. Der reiche da er ſtirbt wird voller Angſt und Pein: So gutt iſts auf der Welt nie reich geweſen ſein! 66. Von Maria Magdalene. Was daͤnkt doch Magdalen daß ſie ſo offentlich Dem HErꝛn zu Fuſſe faͤllt/ und ſchuldig giebet ſich? Ach frage doch nicht erſt: ſchau wie die Augen funkẽ: Du ſihſt wol daß ſie iſt von groſſer Liebe trunken. 67. Martha und Maria. Die Martha laufft uñ rennt daß ſie den HErꝛen ſpeiſe Maria ſitzet ſtill: und hat doch ſolcher weiſe Daß beſte theil erwoͤhlt: ſie ſpeiſet jhn allein/ Die aber findt auch ſich von jhm geſpeiſet ſein. 68. Von Maria Magdalene. Maria kombt zum HErꝛn voll Leids und voller Schmertzen/ Sie bittet umb Genad/ und thut doch jhren Mund Mit keinem Woͤrtlein auf: wie macht ſie’s im dann kundt? Mit Jhrer Thraͤnen fall und dem zerknirſchten Hertzẽ. 68. Die Suͤnde. Die Suͤnd’ iſt anders nichts/ als daß ein Menſch von GOtt Sein Angeſicht abwendt/ und kehret ſich zum Tod. 70. Der Menſch. Daß groͤſte Wunderding iſt doch der Menſch allein: Er kan/ nach dem ers macht/ GOtt oder Teufel ſein: 71. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/134
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 130[128]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/134>, abgerufen am 24.11.2024.