Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Sievers Briefe
Feldspath-Kristallen oder sogenannter Serpentino an-
tico-nero.
4) Grünlich grauer Hornstein. Jenseits
fand ich Cuscuta flava die mir neu schien Epithymum,
Anabasis ramosa, Allium cespitosum
und schöne Um-
bella
ten. Das Mittagsmahl hatten wir wieder am vor-
hin erwähnten leimigen Flüßchen Dshingiskö, wo un-
ter andern nun ein schöner Lotus blühete und Kameelen
und Pferden ein angenehmes Futter lieferte. Jn der
vorhin gedachten Familie des Sarembets, am Bugaß,
übernachteten wir. Der Alte selbst war zum Capitain
Sultan geritten, um eine Streitsache beylegen zu helfen.
Jndessen genossen wir alle von seinen Anverwandten die
freundlichste Aufnahme. Jn der Herreise vom Dshin-
giskö zum Bugaß traf ich zu meiner großen Verwunde-
rung in einem aus dem Fuß eines Hügels und in einer
sumpfigen Wiese fließenden Quelle, als ich eben trinken
wollte, schwarzgraue Schiefertafeln mit in Kalkstein ver-
steinerten Bohrmuscheln; nirgends habe ich in allen die-
sen Gegenden dergleichen gesehen, wohl aber solche
Quellen.

Den 13. Jul. Unter Begleitung eines Kasaken
schickte ich heute alle Bauern, den Führer Chaial auf
sein eigen Begehr, die Kameele und alles überflüßige
Schwere wiederum fort, nach Ustkamenogorsk, um desto
leichter meine noch vorzunehmende Expedition ins chine-
sische Reich bewerkstelligen zu können. Mein Zelt ließ
ich sodann zwischen die Jurten des Sarembet aufschla-
gen, worin sogleich der Boden mit den besten kirgisischen
Woilocken (Filzen) von meinen freundlichen Wirthen

aus-

Sievers Briefe
Feldſpath-Kriſtallen oder ſogenannter Serpentino an-
tico-nero.
4) Gruͤnlich grauer Hornſtein. Jenſeits
fand ich Cuſcuta flava die mir neu ſchien Epithymum,
Anabaſis ramoſa, Allium ceſpitoſum
und ſchoͤne Um-
bella
ten. Das Mittagsmahl hatten wir wieder am vor-
hin erwaͤhnten leimigen Fluͤßchen Dſhingiskoͤ, wo un-
ter andern nun ein ſchoͤner Lotus bluͤhete und Kameelen
und Pferden ein angenehmes Futter lieferte. Jn der
vorhin gedachten Familie des Sarembets, am Bugaß,
uͤbernachteten wir. Der Alte ſelbſt war zum Capitain
Sultan geritten, um eine Streitſache beylegen zu helfen.
Jndeſſen genoſſen wir alle von ſeinen Anverwandten die
freundlichſte Aufnahme. Jn der Herreiſe vom Dſhin-
giskoͤ zum Bugaß traf ich zu meiner großen Verwunde-
rung in einem aus dem Fuß eines Huͤgels und in einer
ſumpfigen Wieſe fließenden Quelle, als ich eben trinken
wollte, ſchwarzgraue Schiefertafeln mit in Kalkſtein ver-
ſteinerten Bohrmuſcheln; nirgends habe ich in allen die-
ſen Gegenden dergleichen geſehen, wohl aber ſolche
Quellen.

Den 13. Jul. Unter Begleitung eines Kaſaken
ſchickte ich heute alle Bauern, den Fuͤhrer Chaial auf
ſein eigen Begehr, die Kameele und alles uͤberfluͤßige
Schwere wiederum fort, nach Uſtkamenogorsk, um deſto
leichter meine noch vorzunehmende Expedition ins chine-
ſiſche Reich bewerkſtelligen zu koͤnnen. Mein Zelt ließ
ich ſodann zwiſchen die Jurten des Sarembet aufſchla-
gen, worin ſogleich der Boden mit den beſten kirgiſiſchen
Woilocken (Filzen) von meinen freundlichen Wirthen

aus-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0168" n="160"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sievers Briefe</hi></fw><lb/>
Feld&#x017F;path-Kri&#x017F;tallen oder &#x017F;ogenannter <hi rendition="#aq">Serpentino an-<lb/>
tico-nero.</hi> 4) Gru&#x0364;nlich grauer Horn&#x017F;tein. Jen&#x017F;eits<lb/>
fand ich <hi rendition="#aq">Cu&#x017F;cuta flava</hi> die mir neu &#x017F;chien <hi rendition="#aq">Epithymum,<lb/>
Anaba&#x017F;is ramo&#x017F;a, Allium ce&#x017F;pito&#x017F;um</hi> und &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Um-<lb/>
bella</hi>ten. Das Mittagsmahl hatten wir wieder am vor-<lb/>
hin erwa&#x0364;hnten leimigen Flu&#x0364;ßchen <hi rendition="#fr">D&#x017F;hingisko&#x0364;</hi>, wo un-<lb/>
ter andern nun ein &#x017F;cho&#x0364;ner Lotus blu&#x0364;hete und Kameelen<lb/>
und Pferden ein angenehmes Futter lieferte. Jn der<lb/>
vorhin gedachten Familie des Sarembets, am <hi rendition="#fr">Bugaß,</hi><lb/>
u&#x0364;bernachteten wir. Der Alte &#x017F;elb&#x017F;t war zum Capitain<lb/>
Sultan geritten, um eine Streit&#x017F;ache beylegen zu helfen.<lb/>
Jnde&#x017F;&#x017F;en geno&#x017F;&#x017F;en wir alle von &#x017F;einen Anverwandten die<lb/>
freundlich&#x017F;te Aufnahme. Jn der Herrei&#x017F;e vom D&#x017F;hin-<lb/>
gisko&#x0364; zum Bugaß traf ich zu meiner großen Verwunde-<lb/>
rung in einem aus dem Fuß eines Hu&#x0364;gels und in einer<lb/>
&#x017F;umpfigen Wie&#x017F;e fließenden Quelle, als ich eben trinken<lb/>
wollte, &#x017F;chwarzgraue Schiefertafeln mit in Kalk&#x017F;tein ver-<lb/>
&#x017F;teinerten Bohrmu&#x017F;cheln; nirgends habe ich in allen die-<lb/>
&#x017F;en Gegenden dergleichen ge&#x017F;ehen, wohl aber &#x017F;olche<lb/>
Quellen.</p><lb/>
          <p>Den 13. Jul. Unter Begleitung eines Ka&#x017F;aken<lb/>
&#x017F;chickte ich heute alle Bauern, den Fu&#x0364;hrer <hi rendition="#fr">Chaial</hi> auf<lb/>
&#x017F;ein eigen Begehr, die Kameele und alles u&#x0364;berflu&#x0364;ßige<lb/>
Schwere wiederum fort, nach U&#x017F;tkamenogorsk, um de&#x017F;to<lb/>
leichter meine noch vorzunehmende Expedition ins chine-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;che Reich bewerk&#x017F;telligen zu ko&#x0364;nnen. Mein Zelt ließ<lb/>
ich &#x017F;odann zwi&#x017F;chen die Jurten des Sarembet auf&#x017F;chla-<lb/>
gen, worin &#x017F;ogleich der Boden mit den be&#x017F;ten kirgi&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Woilocken (Filzen) von meinen freundlichen Wirthen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0168] Sievers Briefe Feldſpath-Kriſtallen oder ſogenannter Serpentino an- tico-nero. 4) Gruͤnlich grauer Hornſtein. Jenſeits fand ich Cuſcuta flava die mir neu ſchien Epithymum, Anabaſis ramoſa, Allium ceſpitoſum und ſchoͤne Um- bellaten. Das Mittagsmahl hatten wir wieder am vor- hin erwaͤhnten leimigen Fluͤßchen Dſhingiskoͤ, wo un- ter andern nun ein ſchoͤner Lotus bluͤhete und Kameelen und Pferden ein angenehmes Futter lieferte. Jn der vorhin gedachten Familie des Sarembets, am Bugaß, uͤbernachteten wir. Der Alte ſelbſt war zum Capitain Sultan geritten, um eine Streitſache beylegen zu helfen. Jndeſſen genoſſen wir alle von ſeinen Anverwandten die freundlichſte Aufnahme. Jn der Herreiſe vom Dſhin- giskoͤ zum Bugaß traf ich zu meiner großen Verwunde- rung in einem aus dem Fuß eines Huͤgels und in einer ſumpfigen Wieſe fließenden Quelle, als ich eben trinken wollte, ſchwarzgraue Schiefertafeln mit in Kalkſtein ver- ſteinerten Bohrmuſcheln; nirgends habe ich in allen die- ſen Gegenden dergleichen geſehen, wohl aber ſolche Quellen. Den 13. Jul. Unter Begleitung eines Kaſaken ſchickte ich heute alle Bauern, den Fuͤhrer Chaial auf ſein eigen Begehr, die Kameele und alles uͤberfluͤßige Schwere wiederum fort, nach Uſtkamenogorsk, um deſto leichter meine noch vorzunehmende Expedition ins chine- ſiſche Reich bewerkſtelligen zu koͤnnen. Mein Zelt ließ ich ſodann zwiſchen die Jurten des Sarembet aufſchla- gen, worin ſogleich der Boden mit den beſten kirgiſiſchen Woilocken (Filzen) von meinen freundlichen Wirthen aus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/168
Zitationshilfe: Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/168>, abgerufen am 23.11.2024.