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Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

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sie irgend anwendbar sind, zu oberirdischen Leitungen überge¬
gangen, die inzwischen wesentliche Verbesserungen erfahren ha¬
ben. Fast alle europäischen Bänder sind jetzt von einem eiser¬
nen Drahtnetz überspannt, durch welches der electrische Bote die
Gedanken und Nachrichten der Menschen in wunderbarer Ge¬
schwindigkeit von Ort zu Ort, vom atlantischen Meere zum in¬
dischen und stillen Ocean befördert! Der stets wachsende tele¬
graphische Verkehr macht natürlich eine immer größer werdende
Zahl von Leitungsdrähten erforderlich, die in manchen Ge¬
genden schon schwer an den Pfosten, welche schon alle Eisen¬
bahnen und viele Straßen begleiten, in der für die sichere Iso¬
lirung nöthigen Entfernung von einander anzubringen sind.
Diese Schwierigkeit und die Erfahrung, daß mit der Zahl der
Drähte die Sicherheit jedes einzelnen sich vermindert, wird
wahrscheinlich mit der Zeit wieder zum verlassenen unterirdischen
Systeme zurückführen. Für dieses ist jetzt durch die Entwickelung
der unterseeischen oder submarinen Telegraphie eine bessere Er¬
fahrungsgrundlage gegeben. Versuche, breite Flüsse und kleine
Meeresarme durch Versenkung isolirter Drähte telegraphisch zu
unterbrücken, waren schon vor den preußischen Versuchen mehr¬
fach angestellt, doch immer mit ungünstigem Erfolge. Erst die
um die Drähte gepreßte gutta percha bot ein Mittel der sicheren
Isolirung und machte submarine Leitungen möglich. Die ersten
auf diese Weise hergestellten Unterwasserleitungen waren eine
im Frühjahr des Jahres 1848 ausgeführte Leitung im Kieler
Hafen zur Entzündung von unterseeischen Minen, welche gegen
die dänischen Kriegsschiffe angelegt wurden, und der Uebergang
über den Rhein bei Cöln. Bald darauf bemächtigten die Eng¬
länder sich dieses Mittels zur Herstellung größerer submariner
Leitungen. Die mit gutta percha umpreßten Drähte wurden
zu dem Zwecke erst mit getheertem Hanf und dann mit Eisen¬
drähten dicht umwunden, wodurch sie eine große Festigkeit er¬

ſie irgend anwendbar ſind, zu oberirdiſchen Leitungen überge¬
gangen, die inzwiſchen weſentliche Verbeſſerungen erfahren ha¬
ben. Faſt alle europäiſchen Bänder ſind jetzt von einem eiſer¬
nen Drahtnetz überſpannt, durch welches der electriſche Bote die
Gedanken und Nachrichten der Menſchen in wunderbarer Ge¬
ſchwindigkeit von Ort zu Ort, vom atlantiſchen Meere zum in¬
diſchen und ſtillen Ocean befördert! Der ſtets wachſende tele¬
graphiſche Verkehr macht natürlich eine immer größer werdende
Zahl von Leitungsdrähten erforderlich, die in manchen Ge¬
genden ſchon ſchwer an den Pfoſten, welche ſchon alle Eiſen¬
bahnen und viele Straßen begleiten, in der für die ſichere Iſo¬
lirung nöthigen Entfernung von einander anzubringen ſind.
Dieſe Schwierigkeit und die Erfahrung, daß mit der Zahl der
Drähte die Sicherheit jedes einzelnen ſich vermindert, wird
wahrſcheinlich mit der Zeit wieder zum verlaſſenen unterirdiſchen
Syſteme zurückführen. Für dieſes iſt jetzt durch die Entwickelung
der unterſeeiſchen oder ſubmarinen Telegraphie eine beſſere Er¬
fahrungsgrundlage gegeben. Verſuche, breite Flüſſe und kleine
Meeresarme durch Verſenkung iſolirter Drähte telegraphiſch zu
unterbrücken, waren ſchon vor den preußiſchen Verſuchen mehr¬
fach angeſtellt, doch immer mit ungünſtigem Erfolge. Erſt die
um die Drähte gepreßte gutta percha bot ein Mittel der ſicheren
Iſolirung und machte ſubmarine Leitungen möglich. Die erſten
auf dieſe Weiſe hergeſtellten Unterwaſſerleitungen waren eine
im Frühjahr des Jahres 1848 ausgeführte Leitung im Kieler
Hafen zur Entzündung von unterſeeiſchen Minen, welche gegen
die däniſchen Kriegsſchiffe angelegt wurden, und der Uebergang
über den Rhein bei Cöln. Bald darauf bemächtigten die Eng¬
länder ſich dieſes Mittels zur Herſtellung größerer ſubmariner
Leitungen. Die mit gutta percha umpreßten Drähte wurden
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[34/0040] ſie irgend anwendbar ſind, zu oberirdiſchen Leitungen überge¬ gangen, die inzwiſchen weſentliche Verbeſſerungen erfahren ha¬ ben. Faſt alle europäiſchen Bänder ſind jetzt von einem eiſer¬ nen Drahtnetz überſpannt, durch welches der electriſche Bote die Gedanken und Nachrichten der Menſchen in wunderbarer Ge¬ ſchwindigkeit von Ort zu Ort, vom atlantiſchen Meere zum in¬ diſchen und ſtillen Ocean befördert! Der ſtets wachſende tele¬ graphiſche Verkehr macht natürlich eine immer größer werdende Zahl von Leitungsdrähten erforderlich, die in manchen Ge¬ genden ſchon ſchwer an den Pfoſten, welche ſchon alle Eiſen¬ bahnen und viele Straßen begleiten, in der für die ſichere Iſo¬ lirung nöthigen Entfernung von einander anzubringen ſind. Dieſe Schwierigkeit und die Erfahrung, daß mit der Zahl der Drähte die Sicherheit jedes einzelnen ſich vermindert, wird wahrſcheinlich mit der Zeit wieder zum verlaſſenen unterirdiſchen Syſteme zurückführen. Für dieſes iſt jetzt durch die Entwickelung der unterſeeiſchen oder ſubmarinen Telegraphie eine beſſere Er¬ fahrungsgrundlage gegeben. Verſuche, breite Flüſſe und kleine Meeresarme durch Verſenkung iſolirter Drähte telegraphiſch zu unterbrücken, waren ſchon vor den preußiſchen Verſuchen mehr¬ fach angeſtellt, doch immer mit ungünſtigem Erfolge. Erſt die um die Drähte gepreßte gutta percha bot ein Mittel der ſicheren Iſolirung und machte ſubmarine Leitungen möglich. Die erſten auf dieſe Weiſe hergeſtellten Unterwaſſerleitungen waren eine im Frühjahr des Jahres 1848 ausgeführte Leitung im Kieler Hafen zur Entzündung von unterſeeiſchen Minen, welche gegen die däniſchen Kriegsſchiffe angelegt wurden, und der Uebergang über den Rhein bei Cöln. Bald darauf bemächtigten die Eng¬ länder ſich dieſes Mittels zur Herſtellung größerer ſubmariner Leitungen. Die mit gutta percha umpreßten Drähte wurden zu dem Zwecke erſt mit getheertem Hanf und dann mit Eiſen¬ drähten dicht umwunden, wodurch ſie eine große Feſtigkeit er¬

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/40>, abgerufen am 18.04.2024.