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Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

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berührt, ja sogar durch die benetzte Oberfläche eines nichtleiten¬
den Körpers hergestellt! Hätte man also auch den Draht mit
Glas, Porzellan oder Kautschouk von den hölzernen, im trocknen
Zustande selbst schon ziemlich gut isolirenden Pfosten, die ihn
vom Erdboden entfernt halten, getrennt, so benetzte doch jeder
an irgend einer Stelle der Leitung eintretende Regenfall die
Oberfläche der Isolatoren und stellte eine leitende Verbindung
mit dem Erdboden her, durch welche die Electricität diesem
direct zugeführt wurde, anstatt den großen Umweg durch den
Apparat der entfernten Station hindurch zu machen. Selbst
bei trocknem Wetter gefährden die leitenden Blätter der Bäume,
wenn sie durch den Wind an den Draht getrieben werden, des¬
sen Isolation. Jede Gewitterwolke, die sich an irgend einer
Stelle der Leitung dieser nähert oder von ihr entfernt, jede
Störung des magnetischen Gleichgewichtes der Erde, wie sie
namentlich bei Nordlichten stark auftritt, erzeugt electrische Ströme
in der Leitung, welche ebenso wie die unvollständige und ver¬
änderliche Isolation derselben die regelmäßige Function der Ap¬
parate stören. Ein in die Leitung irgendwo einschlagender Blitz
zerstört oft ganze Strecken derselben und mit ihr die Apparate
der benachbarten Stationen, wenn sie nicht durch gute Blitzab¬
leiter vor seiner Wirkung geschützt sind. Berücksichtigt man hier¬
bei noch die unzähligen Ereignisse aller Art, welche Drähten,
Isolatoren und Pfosten Zerstörung drohen, so erscheint es noch
jetzt oft wunderbar, daß Leitungen, welche ununterbrochen die
halbe Erdperipherie umkreisen, in oft längere Zeit ungestör¬
tem Betriebe sein können.

Erst allmählig lehrte Nachdenken und Erfahrung diese stö¬
renden und zerstörenden Einflüsse entweder zu beseitigen oder
doch unschädlich zu machen. Durch die Glockenform der Isola¬
toren wurde eine stets trocken bleibende Oberfläche des Isola¬
tors gebildet, welche die Isolirung des Drahtes auch bei Re¬

berührt, ja ſogar durch die benetzte Oberfläche eines nichtleiten¬
den Körpers hergeſtellt! Hätte man alſo auch den Draht mit
Glas, Porzellan oder Kautſchouk von den hölzernen, im trocknen
Zuſtande ſelbſt ſchon ziemlich gut iſolirenden Pfoſten, die ihn
vom Erdboden entfernt halten, getrennt, ſo benetzte doch jeder
an irgend einer Stelle der Leitung eintretende Regenfall die
Oberfläche der Iſolatoren und ſtellte eine leitende Verbindung
mit dem Erdboden her, durch welche die Electricität dieſem
direct zugeführt wurde, anſtatt den großen Umweg durch den
Apparat der entfernten Station hindurch zu machen. Selbſt
bei trocknem Wetter gefährden die leitenden Blätter der Bäume,
wenn ſie durch den Wind an den Draht getrieben werden, deſ¬
ſen Iſolation. Jede Gewitterwolke, die ſich an irgend einer
Stelle der Leitung dieſer nähert oder von ihr entfernt, jede
Störung des magnetiſchen Gleichgewichtes der Erde, wie ſie
namentlich bei Nordlichten ſtark auftritt, erzeugt electriſche Ströme
in der Leitung, welche ebenſo wie die unvollſtändige und ver¬
änderliche Iſolation derſelben die regelmäßige Function der Ap¬
parate ſtören. Ein in die Leitung irgendwo einſchlagender Blitz
zerſtört oft ganze Strecken derſelben und mit ihr die Apparate
der benachbarten Stationen, wenn ſie nicht durch gute Blitzab¬
leiter vor ſeiner Wirkung geſchützt ſind. Berückſichtigt man hier¬
bei noch die unzähligen Ereigniſſe aller Art, welche Drähten,
Iſolatoren und Pfoſten Zerſtörung drohen, ſo erſcheint es noch
jetzt oft wunderbar, daß Leitungen, welche ununterbrochen die
halbe Erdperipherie umkreiſen, in oft längere Zeit ungeſtör¬
tem Betriebe ſein können.

Erſt allmählig lehrte Nachdenken und Erfahrung dieſe ſtö¬
renden und zerſtörenden Einflüſſe entweder zu beſeitigen oder
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[31/0037] berührt, ja ſogar durch die benetzte Oberfläche eines nichtleiten¬ den Körpers hergeſtellt! Hätte man alſo auch den Draht mit Glas, Porzellan oder Kautſchouk von den hölzernen, im trocknen Zuſtande ſelbſt ſchon ziemlich gut iſolirenden Pfoſten, die ihn vom Erdboden entfernt halten, getrennt, ſo benetzte doch jeder an irgend einer Stelle der Leitung eintretende Regenfall die Oberfläche der Iſolatoren und ſtellte eine leitende Verbindung mit dem Erdboden her, durch welche die Electricität dieſem direct zugeführt wurde, anſtatt den großen Umweg durch den Apparat der entfernten Station hindurch zu machen. Selbſt bei trocknem Wetter gefährden die leitenden Blätter der Bäume, wenn ſie durch den Wind an den Draht getrieben werden, deſ¬ ſen Iſolation. Jede Gewitterwolke, die ſich an irgend einer Stelle der Leitung dieſer nähert oder von ihr entfernt, jede Störung des magnetiſchen Gleichgewichtes der Erde, wie ſie namentlich bei Nordlichten ſtark auftritt, erzeugt electriſche Ströme in der Leitung, welche ebenſo wie die unvollſtändige und ver¬ änderliche Iſolation derſelben die regelmäßige Function der Ap¬ parate ſtören. Ein in die Leitung irgendwo einſchlagender Blitz zerſtört oft ganze Strecken derſelben und mit ihr die Apparate der benachbarten Stationen, wenn ſie nicht durch gute Blitzab¬ leiter vor ſeiner Wirkung geſchützt ſind. Berückſichtigt man hier¬ bei noch die unzähligen Ereigniſſe aller Art, welche Drähten, Iſolatoren und Pfoſten Zerſtörung drohen, ſo erſcheint es noch jetzt oft wunderbar, daß Leitungen, welche ununterbrochen die halbe Erdperipherie umkreiſen, in oft längere Zeit ungeſtör¬ tem Betriebe ſein können. Erſt allmählig lehrte Nachdenken und Erfahrung dieſe ſtö¬ renden und zerſtörenden Einflüſſe entweder zu beſeitigen oder doch unſchädlich zu machen. Durch die Glockenform der Iſola¬ toren wurde eine ſtets trocken bleibende Oberfläche des Iſola¬ tors gebildet, welche die Iſolirung des Drahtes auch bei Re¬

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/37>, abgerufen am 20.04.2024.