Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

ren Pole der Batterie zurückkehrte. Es begann dann eine Ent¬
wickelung von Gasbläschen an der betreffenden Goldspitze, wor¬
aus der Beobachter erkennen konnte, welche Taste sein Korre¬
spondent niedergedrückt hatte, welchen Buchstaben er ihm mit¬
hin bezeichnen wollte. Dieser brauchte also nur in langsamer
Reihenfolge die zu machende Mittheilung durch Niederdrücken
der entsprechenden Tasten abzubuchstabiren, um sie ihm ver¬
ständlich zu machen.

Sömmering stellte diesen ersten electrischen Telegraphen
der Münchener Academie vor. Zur practischen Anwendung ist
er aber nicht gekommen, da die große Zahl der nöthigen Drähte,
die Schwierigkeit ihrer Isolation und auch wohl die Neuheit
der Sache vor der Ausführung zurückschreckten. Demohngeachtet
gebührt Sömmering das Verdienst, zuerst den großen practi¬
schen Nutzen erkannt zu haben, welchen die Entdeckung Volta's
der Menschheit zu bringen im Stande war, und man kann ihn
daher den Erfinder des electrischen Telegraphen nennen.

Das größte Hinderniß der Anwendung des Sömmering'¬
schen Telegraphen bestand jedenfalls in der großen Zahl von
Drähten, welcher er bedurfte. Professor Schweigger in Er¬
langen schlug daher vor, anstatt der 26 Goldspitzen nur zwei
zu nehmen und diese durch zwei Leitungsdrähte mit einander
zu verbinden. Mit Hülfe einer passenden mechanischen Vor¬
richtung sollte derjenige, welcher eine telegraphische Mittheilung
machen wollte, im Stande sein, seine Batterie in der einen
oder anderen Richtung zwischen die beiden Drähte zu bringen,
d. h. entweder den positiven oder Kupferpol der Batterie mit
dem ersten, und den negativen oder Zinkpol mit dem zweiten
Drahte in leitende Verbindung zu bringen, oder umgekehrt den
positiven mit dem zweiten und den Zinkpol mit dem ersten.
Da bekanntlich das Wasserstoffgas, welches sich an derjenigen
Goldspitze entwickelt, die mit dem negativen Batteriepole

ren Pole der Batterie zurückkehrte. Es begann dann eine Ent¬
wickelung von Gasbläschen an der betreffenden Goldſpitze, wor¬
aus der Beobachter erkennen konnte, welche Taſte ſein Korre¬
ſpondent niedergedrückt hatte, welchen Buchſtaben er ihm mit¬
hin bezeichnen wollte. Dieſer brauchte alſo nur in langſamer
Reihenfolge die zu machende Mittheilung durch Niederdrücken
der entſprechenden Taſten abzubuchſtabiren, um ſie ihm ver¬
ſtändlich zu machen.

Sömmering ſtellte dieſen erſten electriſchen Telegraphen
der Münchener Academie vor. Zur practiſchen Anwendung iſt
er aber nicht gekommen, da die große Zahl der nöthigen Drähte,
die Schwierigkeit ihrer Iſolation und auch wohl die Neuheit
der Sache vor der Ausführung zurückſchreckten. Demohngeachtet
gebührt Sömmering das Verdienſt, zuerſt den großen practi¬
ſchen Nutzen erkannt zu haben, welchen die Entdeckung Volta's
der Menſchheit zu bringen im Stande war, und man kann ihn
daher den Erfinder des electriſchen Telegraphen nennen.

Das größte Hinderniß der Anwendung des Sömmering'¬
ſchen Telegraphen beſtand jedenfalls in der großen Zahl von
Drähten, welcher er bedurfte. Profeſſor Schweigger in Er¬
langen ſchlug daher vor, anſtatt der 26 Goldſpitzen nur zwei
zu nehmen und dieſe durch zwei Leitungsdrähte mit einander
zu verbinden. Mit Hülfe einer paſſenden mechaniſchen Vor¬
richtung ſollte derjenige, welcher eine telegraphiſche Mittheilung
machen wollte, im Stande ſein, ſeine Batterie in der einen
oder anderen Richtung zwiſchen die beiden Drähte zu bringen,
d. h. entweder den poſitiven oder Kupferpol der Batterie mit
dem erſten, und den negativen oder Zinkpol mit dem zweiten
Drahte in leitende Verbindung zu bringen, oder umgekehrt den
poſitiven mit dem zweiten und den Zinkpol mit dem erſten.
Da bekanntlich das Waſſerſtoffgas, welches ſich an derjenigen
Goldſpitze entwickelt, die mit dem negativen Batteriepole

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="7"/>
ren Pole der Batterie zurückkehrte. Es begann dann eine Ent¬<lb/>
wickelung von Gasbläschen an der betreffenden Gold&#x017F;pitze, wor¬<lb/>
aus der Beobachter erkennen konnte, welche Ta&#x017F;te &#x017F;ein Korre¬<lb/>
&#x017F;pondent niedergedrückt hatte, welchen Buch&#x017F;taben er ihm mit¬<lb/>
hin bezeichnen wollte. Die&#x017F;er brauchte al&#x017F;o nur in lang&#x017F;amer<lb/>
Reihenfolge die zu machende Mittheilung durch Niederdrücken<lb/>
der ent&#x017F;prechenden Ta&#x017F;ten abzubuch&#x017F;tabiren, um &#x017F;ie ihm ver¬<lb/>
&#x017F;tändlich zu machen.</p><lb/>
        <p>Sömmering &#x017F;tellte die&#x017F;en er&#x017F;ten electri&#x017F;chen Telegraphen<lb/>
der Münchener Academie vor. Zur practi&#x017F;chen Anwendung i&#x017F;t<lb/>
er aber nicht gekommen, da die große Zahl der nöthigen Drähte,<lb/>
die Schwierigkeit ihrer I&#x017F;olation und auch wohl die Neuheit<lb/>
der Sache vor der Ausführung zurück&#x017F;chreckten. Demohngeachtet<lb/>
gebührt <hi rendition="#g">Sömmering</hi> das Verdien&#x017F;t, zuer&#x017F;t den großen practi¬<lb/>
&#x017F;chen Nutzen erkannt zu haben, welchen die Entdeckung <hi rendition="#g">Volta'</hi>s<lb/>
der Men&#x017F;chheit zu bringen im Stande war, und man kann ihn<lb/>
daher den Erfinder des electri&#x017F;chen Telegraphen nennen.</p><lb/>
        <p>Das größte Hinderniß der Anwendung des Sömmering'¬<lb/>
&#x017F;chen Telegraphen be&#x017F;tand jedenfalls in der großen Zahl von<lb/>
Drähten, welcher er bedurfte. Profe&#x017F;&#x017F;or <hi rendition="#g">Schweigger</hi> in Er¬<lb/>
langen &#x017F;chlug daher vor, an&#x017F;tatt der 26 Gold&#x017F;pitzen nur zwei<lb/>
zu nehmen und die&#x017F;e durch zwei Leitungsdrähte mit einander<lb/>
zu verbinden. Mit Hülfe einer pa&#x017F;&#x017F;enden mechani&#x017F;chen Vor¬<lb/>
richtung &#x017F;ollte derjenige, welcher eine telegraphi&#x017F;che Mittheilung<lb/>
machen wollte, im Stande &#x017F;ein, &#x017F;eine Batterie in der einen<lb/>
oder anderen Richtung zwi&#x017F;chen die beiden Drähte zu bringen,<lb/>
d. h. entweder den po&#x017F;itiven oder Kupferpol der Batterie mit<lb/>
dem er&#x017F;ten, und den negativen oder Zinkpol mit dem zweiten<lb/>
Drahte in leitende Verbindung zu bringen, oder umgekehrt den<lb/>
po&#x017F;itiven mit dem zweiten und den Zinkpol mit dem er&#x017F;ten.<lb/>
Da bekanntlich das Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffgas, welches &#x017F;ich an derjenigen<lb/>
Gold&#x017F;pitze entwickelt, die mit dem negativen Batteriepole<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0013] ren Pole der Batterie zurückkehrte. Es begann dann eine Ent¬ wickelung von Gasbläschen an der betreffenden Goldſpitze, wor¬ aus der Beobachter erkennen konnte, welche Taſte ſein Korre¬ ſpondent niedergedrückt hatte, welchen Buchſtaben er ihm mit¬ hin bezeichnen wollte. Dieſer brauchte alſo nur in langſamer Reihenfolge die zu machende Mittheilung durch Niederdrücken der entſprechenden Taſten abzubuchſtabiren, um ſie ihm ver¬ ſtändlich zu machen. Sömmering ſtellte dieſen erſten electriſchen Telegraphen der Münchener Academie vor. Zur practiſchen Anwendung iſt er aber nicht gekommen, da die große Zahl der nöthigen Drähte, die Schwierigkeit ihrer Iſolation und auch wohl die Neuheit der Sache vor der Ausführung zurückſchreckten. Demohngeachtet gebührt Sömmering das Verdienſt, zuerſt den großen practi¬ ſchen Nutzen erkannt zu haben, welchen die Entdeckung Volta's der Menſchheit zu bringen im Stande war, und man kann ihn daher den Erfinder des electriſchen Telegraphen nennen. Das größte Hinderniß der Anwendung des Sömmering'¬ ſchen Telegraphen beſtand jedenfalls in der großen Zahl von Drähten, welcher er bedurfte. Profeſſor Schweigger in Er¬ langen ſchlug daher vor, anſtatt der 26 Goldſpitzen nur zwei zu nehmen und dieſe durch zwei Leitungsdrähte mit einander zu verbinden. Mit Hülfe einer paſſenden mechaniſchen Vor¬ richtung ſollte derjenige, welcher eine telegraphiſche Mittheilung machen wollte, im Stande ſein, ſeine Batterie in der einen oder anderen Richtung zwiſchen die beiden Drähte zu bringen, d. h. entweder den poſitiven oder Kupferpol der Batterie mit dem erſten, und den negativen oder Zinkpol mit dem zweiten Drahte in leitende Verbindung zu bringen, oder umgekehrt den poſitiven mit dem zweiten und den Zinkpol mit dem erſten. Da bekanntlich das Waſſerſtoffgas, welches ſich an derjenigen Goldſpitze entwickelt, die mit dem negativen Batteriepole

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/13
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/13>, abgerufen am 23.11.2024.