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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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zu entscheiden, liess ich zwei möglichst gleiche solcher Magnete
anfertigen und stellte sie auf beiden Seiten des Glockenmagnetes
eines aperiodisch schwingenden Spiegelmagnetometers in der Weise
auf, dass ich die Drahtspiralen mittelst gespannter Drähte an
senkrecht stehenden Rahmen befestigte, welche dem Magnete
beliebig zu nähern waren. Es wurde nun derselbe Strom durch
die beiden Drahtspiralen hintereinander geleitet und das eine
Brett so lange verschoben, bis keine Ablenkung des Magneto-
meters beim Eintritt und bei der Unterbrechung des Stromes
mehr stattfand. Es wurde dann abwechselnd die eine oder die
andere Drahtspirale mit ihren beiden Rohrhälften bedeckt, so
dass dieselbe jetzt einen geschlossenen Röhrenmagnet bildete, und
die entstehenden Ablenkungen des Magnetometers bei Strom-
schluss in Scalentheilen abgelesen. Die Versuche ergaben, dass in
der That eine unzweifelhafte, wenn auch nur geringe, dauernde
Verminderung des magnetischen Momentes einer Drahtspirale ein-
tritt, wenn sie ganz von einem Eisenrohr umschlossen ist. Durch
Annäherung der geschwächten Spirale lässt sich die Grösse dieser
Schirmwirkung bestimmen. Sie ist scheinbar proportional der
Dicke der Rohrwand, doch bedarf dies noch weiterer Bestätigung.
Ich will hier nur noch bemerken, dass eine magnetische Fern-
wirkung des Eisens, wenn eine solche bei einem als Röhren-
magnet magnetisirten röhrenförmigen Ringmagnete als vorhan-
den angenommen werden könnte, eine Verstärkung und keine
Schwächung der Fernwirkung der Spirale hervorbringen müsste.
Ich hoffe, zu einer näheren Untersuchung dieser Frage später
Gelegenheit zu finden und enthalte mich einstweilen einer Er-
klärung dieser auffallenden Erscheinung.

Diese thatsächlich stattfindende, wenn auch nur geringe
Schirmwirkung des Eisens legte mir die Frage nahe, ob sich mit
Hülfe des Röhren-Magnetes nicht entscheiden liesse, ob die
magnetische Fernwirkung eine direct und geradlinig wirkende,
unmittelbare ist, wie es seit Newton von der Schwerkraft ange-
nommen wird, oder ob sie eine von Molecül zu Molecül der
zwischen liegenden Materie oder des hypothetischen Aethers fort-
schreitende Wirkung ist, wie es für die elektrische Vertheilung
von Faraday zuerst angenommen und von mir auf experimen-

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zu entscheiden, liess ich zwei möglichst gleiche solcher Magnete
anfertigen und stellte sie auf beiden Seiten des Glockenmagnetes
eines aperiodisch schwingenden Spiegelmagnetometers in der Weise
auf, dass ich die Drahtspiralen mittelst gespannter Drähte an
senkrecht stehenden Rahmen befestigte, welche dem Magnete
beliebig zu nähern waren. Es wurde nun derselbe Strom durch
die beiden Drahtspiralen hintereinander geleitet und das eine
Brett so lange verschoben, bis keine Ablenkung des Magneto-
meters beim Eintritt und bei der Unterbrechung des Stromes
mehr stattfand. Es wurde dann abwechselnd die eine oder die
andere Drahtspirale mit ihren beiden Rohrhälften bedeckt, so
dass dieselbe jetzt einen geschlossenen Röhrenmagnet bildete, und
die entstehenden Ablenkungen des Magnetometers bei Strom-
schluss in Scalentheilen abgelesen. Die Versuche ergaben, dass in
der That eine unzweifelhafte, wenn auch nur geringe, dauernde
Verminderung des magnetischen Momentes einer Drahtspirale ein-
tritt, wenn sie ganz von einem Eisenrohr umschlossen ist. Durch
Annäherung der geschwächten Spirale lässt sich die Grösse dieser
Schirmwirkung bestimmen. Sie ist scheinbar proportional der
Dicke der Rohrwand, doch bedarf dies noch weiterer Bestätigung.
Ich will hier nur noch bemerken, dass eine magnetische Fern-
wirkung des Eisens, wenn eine solche bei einem als Röhren-
magnet magnetisirten röhrenförmigen Ringmagnete als vorhan-
den angenommen werden könnte, eine Verstärkung und keine
Schwächung der Fernwirkung der Spirale hervorbringen müsste.
Ich hoffe, zu einer näheren Untersuchung dieser Frage später
Gelegenheit zu finden und enthalte mich einstweilen einer Er-
klärung dieser auffallenden Erscheinung.

Diese thatsächlich stattfindende, wenn auch nur geringe
Schirmwirkung des Eisens legte mir die Frage nahe, ob sich mit
Hülfe des Röhren-Magnetes nicht entscheiden liesse, ob die
magnetische Fernwirkung eine direct und geradlinig wirkende,
unmittelbare ist, wie es seit Newton von der Schwerkraft ange-
nommen wird, oder ob sie eine von Molecül zu Molecül der
zwischen liegenden Materie oder des hypothetischen Aethers fort-
schreitende Wirkung ist, wie es für die elektrische Vertheilung
von Faraday zuerst angenommen und von mir auf experimen-

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[579/0609] zu entscheiden, liess ich zwei möglichst gleiche solcher Magnete anfertigen und stellte sie auf beiden Seiten des Glockenmagnetes eines aperiodisch schwingenden Spiegelmagnetometers in der Weise auf, dass ich die Drahtspiralen mittelst gespannter Drähte an senkrecht stehenden Rahmen befestigte, welche dem Magnete beliebig zu nähern waren. Es wurde nun derselbe Strom durch die beiden Drahtspiralen hintereinander geleitet und das eine Brett so lange verschoben, bis keine Ablenkung des Magneto- meters beim Eintritt und bei der Unterbrechung des Stromes mehr stattfand. Es wurde dann abwechselnd die eine oder die andere Drahtspirale mit ihren beiden Rohrhälften bedeckt, so dass dieselbe jetzt einen geschlossenen Röhrenmagnet bildete, und die entstehenden Ablenkungen des Magnetometers bei Strom- schluss in Scalentheilen abgelesen. Die Versuche ergaben, dass in der That eine unzweifelhafte, wenn auch nur geringe, dauernde Verminderung des magnetischen Momentes einer Drahtspirale ein- tritt, wenn sie ganz von einem Eisenrohr umschlossen ist. Durch Annäherung der geschwächten Spirale lässt sich die Grösse dieser Schirmwirkung bestimmen. Sie ist scheinbar proportional der Dicke der Rohrwand, doch bedarf dies noch weiterer Bestätigung. Ich will hier nur noch bemerken, dass eine magnetische Fern- wirkung des Eisens, wenn eine solche bei einem als Röhren- magnet magnetisirten röhrenförmigen Ringmagnete als vorhan- den angenommen werden könnte, eine Verstärkung und keine Schwächung der Fernwirkung der Spirale hervorbringen müsste. Ich hoffe, zu einer näheren Untersuchung dieser Frage später Gelegenheit zu finden und enthalte mich einstweilen einer Er- klärung dieser auffallenden Erscheinung. Diese thatsächlich stattfindende, wenn auch nur geringe Schirmwirkung des Eisens legte mir die Frage nahe, ob sich mit Hülfe des Röhren-Magnetes nicht entscheiden liesse, ob die magnetische Fernwirkung eine direct und geradlinig wirkende, unmittelbare ist, wie es seit Newton von der Schwerkraft ange- nommen wird, oder ob sie eine von Molecül zu Molecül der zwischen liegenden Materie oder des hypothetischen Aethers fort- schreitende Wirkung ist, wie es für die elektrische Vertheilung von Faraday zuerst angenommen und von mir auf experimen- 37*

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/609>, abgerufen am 23.11.2024.