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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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umwickelter Eisenstab. Wenn man einen solchen Ring in der
Weise zwischen die Pole eines Elektromagnetes bringt, dass die
Ebene des Ringes zwischen den concaven Polflächen liegt, und
ihn dann um seine Axe dreht, so entstehen in den Windungen
der beiden Ringhälften constante Ströme, die sich gegenseitig
aufheben, wenn keine Ableitung vorhanden ist. Wird jedoch
eine solche Ableitung durch Schleiffedern, die senkrecht auf der
Verbindungslinie der Pole einander gegenüberstehen und nach
einander mit den Abtheilungen des in sich geschlossenen Um-
windungsdrahtes in leitende Berührung kommen, hergestellt, so
combiniren sich die Ströme der beiden Ringhälften zu einem
einzigen constanten Strome, der die Ableitung oder den Neben-
schluss durchläuft.

Durch diesen Pacinotti'schen Ring hatten wir das Mittel
gewonnen, einen inducirten Strom zu erzeugen ohne Polwechsel
im Eisen, konnten mithin die Erhitzung desselben beseitigen.

Gramme in Paris hat das grosse Verdienst, zuerst mein
dynamo-elektrisches Princip auf den Pacinotti'schen Ring ange-
wendet und dadurch zuerst einen praktisch brauchbaren Strom-
erzeuger für starke Ströme hergestellt zu haben. Einem der
Oberingenieure meiner Firma, Herrn v. Hefner-Alteneck, gelang
es bald darauf, diese Aufgabe auf eine wesentlich verschiedene
und noch weit vortheilhaftere Weise zu lösen. Um dies ver-
ständlich zu machen, muss ich erst sagen, dass die im Inneren
des Pacinotti'schen Ringes liegenden Theile des Umwindungs-
drahtes eigentlich keiner Inductionswirkung unterliegen; es ist
mithin so ziemlich die Hälfte des Drahtes beim Pacinotti'schen
Ringe für die eigentliche Wirkung verloren. v. Hefner-Alteneck
hat nun anstatt des Ringes einen vollen Cylinder angewendet
und diesen nur ausserhalb parallel der Axe mit isolirtem Draht
umwickelt. Durch eine sinnreiche Stromschaltung hat er be-
wirkt, dass, wenn der Cylinder sich zwischen den Polen eines
Magnetes um seine Axe dreht, gleichgerichtete Ströme wie bei
der Gramme'schen Maschine in der Schleifcontacte verbindenden
Leitung entstehen. Der Vortheil, der durch diese Construction
erzielt wird, ist klar; er besteht im Wesentlichen darin, dass
bei ihr keine inneren Drähte vorhanden sind, die der Induction
nicht unterworfen sind. Die v. Hefner'sche Maschine hat daher

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umwickelter Eisenstab. Wenn man einen solchen Ring in der
Weise zwischen die Pole eines Elektromagnetes bringt, dass die
Ebene des Ringes zwischen den concaven Polflächen liegt, und
ihn dann um seine Axe dreht, so entstehen in den Windungen
der beiden Ringhälften constante Ströme, die sich gegenseitig
aufheben, wenn keine Ableitung vorhanden ist. Wird jedoch
eine solche Ableitung durch Schleiffedern, die senkrecht auf der
Verbindungslinie der Pole einander gegenüberstehen und nach
einander mit den Abtheilungen des in sich geschlossenen Um-
windungsdrahtes in leitende Berührung kommen, hergestellt, so
combiniren sich die Ströme der beiden Ringhälften zu einem
einzigen constanten Strome, der die Ableitung oder den Neben-
schluss durchläuft.

Durch diesen Pacinotti’schen Ring hatten wir das Mittel
gewonnen, einen inducirten Strom zu erzeugen ohne Polwechsel
im Eisen, konnten mithin die Erhitzung desselben beseitigen.

Gramme in Paris hat das grosse Verdienst, zuerst mein
dynamo-elektrisches Princip auf den Pacinotti’schen Ring ange-
wendet und dadurch zuerst einen praktisch brauchbaren Strom-
erzeuger für starke Ströme hergestellt zu haben. Einem der
Oberingenieure meiner Firma, Herrn v. Hefner-Alteneck, gelang
es bald darauf, diese Aufgabe auf eine wesentlich verschiedene
und noch weit vortheilhaftere Weise zu lösen. Um dies ver-
ständlich zu machen, muss ich erst sagen, dass die im Inneren
des Pacinotti’schen Ringes liegenden Theile des Umwindungs-
drahtes eigentlich keiner Inductionswirkung unterliegen; es ist
mithin so ziemlich die Hälfte des Drahtes beim Pacinotti’schen
Ringe für die eigentliche Wirkung verloren. v. Hefner-Alteneck
hat nun anstatt des Ringes einen vollen Cylinder angewendet
und diesen nur ausserhalb parallel der Axe mit isolirtem Draht
umwickelt. Durch eine sinnreiche Stromschaltung hat er be-
wirkt, dass, wenn der Cylinder sich zwischen den Polen eines
Magnetes um seine Axe dreht, gleichgerichtete Ströme wie bei
der Gramme’schen Maschine in der Schleifcontacte verbindenden
Leitung entstehen. Der Vortheil, der durch diese Construction
erzielt wird, ist klar; er besteht im Wesentlichen darin, dass
bei ihr keine inneren Drähte vorhanden sind, die der Induction
nicht unterworfen sind. Die v. Hefner’sche Maschine hat daher

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[497/0519] umwickelter Eisenstab. Wenn man einen solchen Ring in der Weise zwischen die Pole eines Elektromagnetes bringt, dass die Ebene des Ringes zwischen den concaven Polflächen liegt, und ihn dann um seine Axe dreht, so entstehen in den Windungen der beiden Ringhälften constante Ströme, die sich gegenseitig aufheben, wenn keine Ableitung vorhanden ist. Wird jedoch eine solche Ableitung durch Schleiffedern, die senkrecht auf der Verbindungslinie der Pole einander gegenüberstehen und nach einander mit den Abtheilungen des in sich geschlossenen Um- windungsdrahtes in leitende Berührung kommen, hergestellt, so combiniren sich die Ströme der beiden Ringhälften zu einem einzigen constanten Strome, der die Ableitung oder den Neben- schluss durchläuft. Durch diesen Pacinotti’schen Ring hatten wir das Mittel gewonnen, einen inducirten Strom zu erzeugen ohne Polwechsel im Eisen, konnten mithin die Erhitzung desselben beseitigen. Gramme in Paris hat das grosse Verdienst, zuerst mein dynamo-elektrisches Princip auf den Pacinotti’schen Ring ange- wendet und dadurch zuerst einen praktisch brauchbaren Strom- erzeuger für starke Ströme hergestellt zu haben. Einem der Oberingenieure meiner Firma, Herrn v. Hefner-Alteneck, gelang es bald darauf, diese Aufgabe auf eine wesentlich verschiedene und noch weit vortheilhaftere Weise zu lösen. Um dies ver- ständlich zu machen, muss ich erst sagen, dass die im Inneren des Pacinotti’schen Ringes liegenden Theile des Umwindungs- drahtes eigentlich keiner Inductionswirkung unterliegen; es ist mithin so ziemlich die Hälfte des Drahtes beim Pacinotti’schen Ringe für die eigentliche Wirkung verloren. v. Hefner-Alteneck hat nun anstatt des Ringes einen vollen Cylinder angewendet und diesen nur ausserhalb parallel der Axe mit isolirtem Draht umwickelt. Durch eine sinnreiche Stromschaltung hat er be- wirkt, dass, wenn der Cylinder sich zwischen den Polen eines Magnetes um seine Axe dreht, gleichgerichtete Ströme wie bei der Gramme’schen Maschine in der Schleifcontacte verbindenden Leitung entstehen. Der Vortheil, der durch diese Construction erzielt wird, ist klar; er besteht im Wesentlichen darin, dass bei ihr keine inneren Drähte vorhanden sind, die der Induction nicht unterworfen sind. Die v. Hefner’sche Maschine hat daher 32

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/519>, abgerufen am 23.05.2024.