Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Börsentelegraph bringt dem Bankherrn fortlaufend und ohne
jede Mitwirkung die Curse aller Börsenplätze und die wichtigen
politischen Ereignisse gedruckt auf seinen Arbeitstisch. Dem
Schiffer, dem Landmann bringt der Telegraph die Nachricht,
dass ein Gewittersturm langsam heranzieht. Der elektrische Was-
serstandszeiger zeigt der Pumpstation jeden Augenblick die Höhe
des Wasserstandes im Reservoir, dem Schiffer im Hafen die
Höhe der Fluth auf der zu überschreitenden Barre. Der elek-
trische Grubengasmelder warnt vor Explosionsgefahr durch schla-
gende Wetter -- kurz, wohin man sieht, trifft man den elek-
trischen Strom als Helfer oder Beschützer! Doch nicht allein die
grosse Fortpflanzungsgeschwindigkeit des elektrischen Stromes,
die ihn zur schnellen Uebertragung von Signalen und überhaupt
zur Ausführung kleiner mechanischen Leistungen an entfernten
Orten so sehr geeignet macht, hat ihm eine ausgedehnte Be-
nutzung im Leben verschafft, sondern auch seine zuerst entdeck-
ten Eigenschaften, seine physiologischen, chemischen und ther-
mischen Wirkungen. Die Aerzte bedienen sich zur Heilung
menschlicher Leiden des elektrischen Stromes und machen un-
blutige Operationen mit elektrisch zum Glühen gebrachten
Drähten; der Bergmann, der Mineur sprengt seine Mine mittelst
galvanischer Batterien oder mit Hülfe des magneto-elektrischen
oder dynamo-elektrischen Minenzünders. Der Galvanoplastiker
überlässt dem elektrischen Strome die Ausfüllung seiner Formen
mit festem Metall; der elektrische Strom gravirt, vergoldet,
versilbert, verkupfert, vernickelt. Dem Chemiker dient er zur
Ausführung seiner Analysen, dem Physiker in unzähligen In-
strumenten und Einrichtungen zu seinen wissenschaftlichen Un-
tersuchungen.

Bei allen diesen Anwendungen des elektrischen Stromes wird
demselben keine grosse Arbeitsleistung aufgebürdet, und es ge-
nügen zu seiner Hervorbringung die nach und nach vervollkomm-
neten galvanischen Batterien oder die Magnet-Inductoren. Es
lag der Gedanke nahe, diese Grenze zu überschreiten und vom
elektrischen Strom auch grössere Arbeitsleistungen ausführen zu
lassen. Eine solche Aufgabe war die Erzeugung des elektrischen
Lichtes. Wenn man einen vom elektrischen Strom durchflosse-
nen Leiter plötzlich unterbricht, so erhält man an der Trennungs-

Der Börsentelegraph bringt dem Bankherrn fortlaufend und ohne
jede Mitwirkung die Curse aller Börsenplätze und die wichtigen
politischen Ereignisse gedruckt auf seinen Arbeitstisch. Dem
Schiffer, dem Landmann bringt der Telegraph die Nachricht,
dass ein Gewittersturm langsam heranzieht. Der elektrische Was-
serstandszeiger zeigt der Pumpstation jeden Augenblick die Höhe
des Wasserstandes im Reservoir, dem Schiffer im Hafen die
Höhe der Fluth auf der zu überschreitenden Barre. Der elek-
trische Grubengasmelder warnt vor Explosionsgefahr durch schla-
gende Wetter — kurz, wohin man sieht, trifft man den elek-
trischen Strom als Helfer oder Beschützer! Doch nicht allein die
grosse Fortpflanzungsgeschwindigkeit des elektrischen Stromes,
die ihn zur schnellen Uebertragung von Signalen und überhaupt
zur Ausführung kleiner mechanischen Leistungen an entfernten
Orten so sehr geeignet macht, hat ihm eine ausgedehnte Be-
nutzung im Leben verschafft, sondern auch seine zuerst entdeck-
ten Eigenschaften, seine physiologischen, chemischen und ther-
mischen Wirkungen. Die Aerzte bedienen sich zur Heilung
menschlicher Leiden des elektrischen Stromes und machen un-
blutige Operationen mit elektrisch zum Glühen gebrachten
Drähten; der Bergmann, der Mineur sprengt seine Mine mittelst
galvanischer Batterien oder mit Hülfe des magneto-elektrischen
oder dynamo-elektrischen Minenzünders. Der Galvanoplastiker
überlässt dem elektrischen Strome die Ausfüllung seiner Formen
mit festem Metall; der elektrische Strom gravirt, vergoldet,
versilbert, verkupfert, vernickelt. Dem Chemiker dient er zur
Ausführung seiner Analysen, dem Physiker in unzähligen In-
strumenten und Einrichtungen zu seinen wissenschaftlichen Un-
tersuchungen.

Bei allen diesen Anwendungen des elektrischen Stromes wird
demselben keine grosse Arbeitsleistung aufgebürdet, und es ge-
nügen zu seiner Hervorbringung die nach und nach vervollkomm-
neten galvanischen Batterien oder die Magnet-Inductoren. Es
lag der Gedanke nahe, diese Grenze zu überschreiten und vom
elektrischen Strom auch grössere Arbeitsleistungen ausführen zu
lassen. Eine solche Aufgabe war die Erzeugung des elektrischen
Lichtes. Wenn man einen vom elektrischen Strom durchflosse-
nen Leiter plötzlich unterbricht, so erhält man an der Trennungs-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0495" n="473"/>
Der Börsentelegraph bringt dem Bankherrn fortlaufend und ohne<lb/>
jede Mitwirkung die Curse aller Börsenplätze und die wichtigen<lb/>
politischen Ereignisse gedruckt auf seinen Arbeitstisch. Dem<lb/>
Schiffer, dem Landmann bringt der Telegraph die Nachricht,<lb/>
dass ein Gewittersturm langsam heranzieht. Der elektrische Was-<lb/>
serstandszeiger zeigt der Pumpstation jeden Augenblick die Höhe<lb/>
des Wasserstandes im Reservoir, dem Schiffer im Hafen die<lb/>
Höhe der Fluth auf der zu überschreitenden Barre. Der elek-<lb/>
trische Grubengasmelder warnt vor Explosionsgefahr durch schla-<lb/>
gende Wetter &#x2014; kurz, wohin man sieht, trifft man den elek-<lb/>
trischen Strom als Helfer oder Beschützer! Doch nicht allein die<lb/>
grosse Fortpflanzungsgeschwindigkeit des elektrischen Stromes,<lb/>
die ihn zur schnellen Uebertragung von Signalen und überhaupt<lb/>
zur Ausführung kleiner mechanischen Leistungen an entfernten<lb/>
Orten so sehr geeignet macht, hat ihm eine ausgedehnte Be-<lb/>
nutzung im Leben verschafft, sondern auch seine zuerst entdeck-<lb/>
ten Eigenschaften, seine physiologischen, chemischen und ther-<lb/>
mischen Wirkungen. Die Aerzte bedienen sich zur Heilung<lb/>
menschlicher Leiden des elektrischen Stromes und machen un-<lb/>
blutige Operationen mit elektrisch zum Glühen gebrachten<lb/>
Drähten; der Bergmann, der Mineur sprengt seine Mine mittelst<lb/>
galvanischer Batterien oder mit Hülfe des magneto-elektrischen<lb/>
oder dynamo-elektrischen Minenzünders. Der Galvanoplastiker<lb/>
überlässt dem elektrischen Strome die Ausfüllung seiner Formen<lb/>
mit festem Metall; der elektrische Strom gravirt, vergoldet,<lb/>
versilbert, verkupfert, vernickelt. Dem Chemiker dient er zur<lb/>
Ausführung seiner Analysen, dem Physiker in unzähligen In-<lb/>
strumenten und Einrichtungen zu seinen wissenschaftlichen Un-<lb/>
tersuchungen.</p><lb/>
        <p>Bei allen diesen Anwendungen des elektrischen Stromes wird<lb/>
demselben keine grosse Arbeitsleistung aufgebürdet, und es ge-<lb/>
nügen zu seiner Hervorbringung die nach und nach vervollkomm-<lb/>
neten galvanischen Batterien oder die Magnet-Inductoren. Es<lb/>
lag der Gedanke nahe, diese Grenze zu überschreiten und vom<lb/>
elektrischen Strom auch grössere Arbeitsleistungen ausführen zu<lb/>
lassen. Eine solche Aufgabe war die Erzeugung des elektrischen<lb/>
Lichtes. Wenn man einen vom elektrischen Strom durchflosse-<lb/>
nen Leiter plötzlich unterbricht, so erhält man an der Trennungs-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[473/0495] Der Börsentelegraph bringt dem Bankherrn fortlaufend und ohne jede Mitwirkung die Curse aller Börsenplätze und die wichtigen politischen Ereignisse gedruckt auf seinen Arbeitstisch. Dem Schiffer, dem Landmann bringt der Telegraph die Nachricht, dass ein Gewittersturm langsam heranzieht. Der elektrische Was- serstandszeiger zeigt der Pumpstation jeden Augenblick die Höhe des Wasserstandes im Reservoir, dem Schiffer im Hafen die Höhe der Fluth auf der zu überschreitenden Barre. Der elek- trische Grubengasmelder warnt vor Explosionsgefahr durch schla- gende Wetter — kurz, wohin man sieht, trifft man den elek- trischen Strom als Helfer oder Beschützer! Doch nicht allein die grosse Fortpflanzungsgeschwindigkeit des elektrischen Stromes, die ihn zur schnellen Uebertragung von Signalen und überhaupt zur Ausführung kleiner mechanischen Leistungen an entfernten Orten so sehr geeignet macht, hat ihm eine ausgedehnte Be- nutzung im Leben verschafft, sondern auch seine zuerst entdeck- ten Eigenschaften, seine physiologischen, chemischen und ther- mischen Wirkungen. Die Aerzte bedienen sich zur Heilung menschlicher Leiden des elektrischen Stromes und machen un- blutige Operationen mit elektrisch zum Glühen gebrachten Drähten; der Bergmann, der Mineur sprengt seine Mine mittelst galvanischer Batterien oder mit Hülfe des magneto-elektrischen oder dynamo-elektrischen Minenzünders. Der Galvanoplastiker überlässt dem elektrischen Strome die Ausfüllung seiner Formen mit festem Metall; der elektrische Strom gravirt, vergoldet, versilbert, verkupfert, vernickelt. Dem Chemiker dient er zur Ausführung seiner Analysen, dem Physiker in unzähligen In- strumenten und Einrichtungen zu seinen wissenschaftlichen Un- tersuchungen. Bei allen diesen Anwendungen des elektrischen Stromes wird demselben keine grosse Arbeitsleistung aufgebürdet, und es ge- nügen zu seiner Hervorbringung die nach und nach vervollkomm- neten galvanischen Batterien oder die Magnet-Inductoren. Es lag der Gedanke nahe, diese Grenze zu überschreiten und vom elektrischen Strom auch grössere Arbeitsleistungen ausführen zu lassen. Eine solche Aufgabe war die Erzeugung des elektrischen Lichtes. Wenn man einen vom elektrischen Strom durchflosse- nen Leiter plötzlich unterbricht, so erhält man an der Trennungs-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/495
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/495>, abgerufen am 22.11.2024.