Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

stossen nur mächtige Flammen und Wasser aus. Das hydrosta-
tische Gleichgewicht wird bei ihnen bei der jetzigen Beschaffen-
heit der Lava schon hergestellt werden, bevor die Lavasäule bis
zum Gipfel des Kraters gestiegen ist. Es mag dies auch der
Grund sein, warum die noch thätigen Vulcane meistens im oder
am Meere liegen.

Wenn aber auch der Mechanismus der vulcanischen Thätig-
keit und mancher anderer geologischer Thatsachen durch die An-
nahme einer festen, auf einer feuerflüssigen oder plastischen Masse
schwimmenden Erdkruste in einigermassen befriedigender Weise
erklärt werden kann, so besteht doch noch eine Thatsache, wel-
che nur durch Einführung einer weiteren neuen Hypothese mit
dieser Annahme in Einklang zu bringen ist. Es ist dies die be-
deutende Erhebung der Continente über den Meeresboden und die
noch jetzt fortdauernde seculäre Hebung vieler Landstrecken.
Die Höhendifferenz zwischen dem Hochplateau Asiens und dem
Boden des stillen Meeres wird man mindestens auf 12000 Meter
und, wenn man das auf Gesteingewicht reducirte Gewicht des
Meerwassers in Abzug bringt, auf 10000 Meter veranschlagen
können. Es repräsentirt das eine Druckdifferenz von ca. 1000
Atmosphären. Bei der nachgewiesenen geringen Festigkeit der
Erdrinde erscheint es unabwendbar, dass das Hochplateau von
Asien und mit ihm die übrigen Continente sich bis zur Gleich-
gewichtslage niedersenken und der Boden der Meere sich bis zu
derselben wieder erheben müsste. Will oder kann man daher
die Annahme eines feuerflüssigen Erdinnern nicht aufgeben, so
muss man annehmen, dass das nothwendige hydrostatische Gleich-
gewicht durch die Verschiedenheit des specifischen Gewichtes der
Gesteine, welche die Continente und den Meeresboden bilden,
hergestellt ist, dass also der Meeresboden aus schwererem Gestein
besteht als die Continente, oder auch dass die unter der festen
Hülle befindlichen halbflüssigen Massen eine solche Dicke und
ein so verschiedenes specifisches Gewicht haben, dass die Druck-
differenz dadurch ausgeglichen wird. Die seculäre Hebung wäre
dann die locale Fortbildung dieses Unterschiedes.




30*

stossen nur mächtige Flammen und Wasser aus. Das hydrosta-
tische Gleichgewicht wird bei ihnen bei der jetzigen Beschaffen-
heit der Lava schon hergestellt werden, bevor die Lavasäule bis
zum Gipfel des Kraters gestiegen ist. Es mag dies auch der
Grund sein, warum die noch thätigen Vulcane meistens im oder
am Meere liegen.

Wenn aber auch der Mechanismus der vulcanischen Thätig-
keit und mancher anderer geologischer Thatsachen durch die An-
nahme einer festen, auf einer feuerflüssigen oder plastischen Masse
schwimmenden Erdkruste in einigermassen befriedigender Weise
erklärt werden kann, so besteht doch noch eine Thatsache, wel-
che nur durch Einführung einer weiteren neuen Hypothese mit
dieser Annahme in Einklang zu bringen ist. Es ist dies die be-
deutende Erhebung der Continente über den Meeresboden und die
noch jetzt fortdauernde seculäre Hebung vieler Landstrecken.
Die Höhendifferenz zwischen dem Hochplateau Asiens und dem
Boden des stillen Meeres wird man mindestens auf 12000 Meter
und, wenn man das auf Gesteingewicht reducirte Gewicht des
Meerwassers in Abzug bringt, auf 10000 Meter veranschlagen
können. Es repräsentirt das eine Druckdifferenz von ca. 1000
Atmosphären. Bei der nachgewiesenen geringen Festigkeit der
Erdrinde erscheint es unabwendbar, dass das Hochplateau von
Asien und mit ihm die übrigen Continente sich bis zur Gleich-
gewichtslage niedersenken und der Boden der Meere sich bis zu
derselben wieder erheben müsste. Will oder kann man daher
die Annahme eines feuerflüssigen Erdinnern nicht aufgeben, so
muss man annehmen, dass das nothwendige hydrostatische Gleich-
gewicht durch die Verschiedenheit des specifischen Gewichtes der
Gesteine, welche die Continente und den Meeresboden bilden,
hergestellt ist, dass also der Meeresboden aus schwererem Gestein
besteht als die Continente, oder auch dass die unter der festen
Hülle befindlichen halbflüssigen Massen eine solche Dicke und
ein so verschiedenes specifisches Gewicht haben, dass die Druck-
differenz dadurch ausgeglichen wird. Die seculäre Hebung wäre
dann die locale Fortbildung dieses Unterschiedes.




30*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0489" n="467"/>
stossen nur mächtige Flammen und Wasser aus. Das hydrosta-<lb/>
tische Gleichgewicht wird bei ihnen bei der jetzigen Beschaffen-<lb/>
heit der Lava schon hergestellt werden, bevor die Lavasäule bis<lb/>
zum Gipfel des Kraters gestiegen ist. Es mag dies auch der<lb/>
Grund sein, warum die noch thätigen Vulcane meistens im oder<lb/>
am Meere liegen.</p><lb/>
        <p>Wenn aber auch der Mechanismus der vulcanischen Thätig-<lb/>
keit und mancher anderer geologischer Thatsachen durch die An-<lb/>
nahme einer festen, auf einer feuerflüssigen oder plastischen Masse<lb/>
schwimmenden Erdkruste in einigermassen befriedigender Weise<lb/>
erklärt werden kann, so besteht doch noch eine Thatsache, wel-<lb/>
che nur durch Einführung einer weiteren neuen Hypothese mit<lb/>
dieser Annahme in Einklang zu bringen ist. Es ist dies die be-<lb/>
deutende Erhebung der Continente über den Meeresboden und die<lb/>
noch jetzt fortdauernde seculäre Hebung vieler Landstrecken.<lb/>
Die Höhendifferenz zwischen dem Hochplateau Asiens und dem<lb/>
Boden des stillen Meeres wird man mindestens auf 12000 Meter<lb/>
und, wenn man das auf Gesteingewicht reducirte Gewicht des<lb/>
Meerwassers in Abzug bringt, auf 10000 Meter veranschlagen<lb/>
können. Es repräsentirt das eine Druckdifferenz von ca. 1000<lb/>
Atmosphären. Bei der nachgewiesenen geringen Festigkeit der<lb/>
Erdrinde erscheint es unabwendbar, dass das Hochplateau von<lb/>
Asien und mit ihm die übrigen Continente sich bis zur Gleich-<lb/>
gewichtslage niedersenken und der Boden der Meere sich bis zu<lb/>
derselben wieder erheben müsste. Will oder kann man daher<lb/>
die Annahme eines feuerflüssigen Erdinnern nicht aufgeben, so<lb/>
muss man annehmen, dass das nothwendige hydrostatische Gleich-<lb/>
gewicht durch die Verschiedenheit des specifischen Gewichtes der<lb/>
Gesteine, welche die Continente und den Meeresboden bilden,<lb/>
hergestellt ist, dass also der Meeresboden aus schwererem Gestein<lb/>
besteht als die Continente, oder auch dass die unter der festen<lb/>
Hülle befindlichen halbflüssigen Massen eine solche Dicke und<lb/>
ein so verschiedenes specifisches Gewicht haben, dass die Druck-<lb/>
differenz dadurch ausgeglichen wird. Die seculäre Hebung wäre<lb/>
dann die locale Fortbildung dieses Unterschiedes.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <fw place="bottom" type="sig">30*</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0489] stossen nur mächtige Flammen und Wasser aus. Das hydrosta- tische Gleichgewicht wird bei ihnen bei der jetzigen Beschaffen- heit der Lava schon hergestellt werden, bevor die Lavasäule bis zum Gipfel des Kraters gestiegen ist. Es mag dies auch der Grund sein, warum die noch thätigen Vulcane meistens im oder am Meere liegen. Wenn aber auch der Mechanismus der vulcanischen Thätig- keit und mancher anderer geologischer Thatsachen durch die An- nahme einer festen, auf einer feuerflüssigen oder plastischen Masse schwimmenden Erdkruste in einigermassen befriedigender Weise erklärt werden kann, so besteht doch noch eine Thatsache, wel- che nur durch Einführung einer weiteren neuen Hypothese mit dieser Annahme in Einklang zu bringen ist. Es ist dies die be- deutende Erhebung der Continente über den Meeresboden und die noch jetzt fortdauernde seculäre Hebung vieler Landstrecken. Die Höhendifferenz zwischen dem Hochplateau Asiens und dem Boden des stillen Meeres wird man mindestens auf 12000 Meter und, wenn man das auf Gesteingewicht reducirte Gewicht des Meerwassers in Abzug bringt, auf 10000 Meter veranschlagen können. Es repräsentirt das eine Druckdifferenz von ca. 1000 Atmosphären. Bei der nachgewiesenen geringen Festigkeit der Erdrinde erscheint es unabwendbar, dass das Hochplateau von Asien und mit ihm die übrigen Continente sich bis zur Gleich- gewichtslage niedersenken und der Boden der Meere sich bis zu derselben wieder erheben müsste. Will oder kann man daher die Annahme eines feuerflüssigen Erdinnern nicht aufgeben, so muss man annehmen, dass das nothwendige hydrostatische Gleich- gewicht durch die Verschiedenheit des specifischen Gewichtes der Gesteine, welche die Continente und den Meeresboden bilden, hergestellt ist, dass also der Meeresboden aus schwererem Gestein besteht als die Continente, oder auch dass die unter der festen Hülle befindlichen halbflüssigen Massen eine solche Dicke und ein so verschiedenes specifisches Gewicht haben, dass die Druck- differenz dadurch ausgeglichen wird. Die seculäre Hebung wäre dann die locale Fortbildung dieses Unterschiedes. 30*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/489
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/489>, abgerufen am 18.05.2024.