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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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achteten Erscheinungen auf die Art der atmosphärischen Elektrici-
tät zu schliessen, doch erlangten wir dabei kein sicheres Resultat.

Bemerkenswerth ist, dass wir die beschriebenen Erschei-
nungen nur auf der Spitze der Pyramide wahrnahmen. Schon
einige Stufen tiefer waren sie nur noch sehr schwach und in der
Ebene konnten wir gar keine elektrischen Erscheinungen mehr
entdecken. Dabei blies der Wind in ungeschwächter Stärke,
und es unterliegt keinem Zweifel, dass sie oben noch eben so
fortdauerten wie früher.

Da die elektrischen Erscheinungen erst dann bemerkbar
wurden, als der Wüstenstaub die Spitze der Pyramide erreichte,
so muss er als der eigentliche Träger und wahrscheinlich auch
als die Ursache der Elektricität betrachtet werden. Nimmt man
an, dass die vom Winde gepeitschten Staubtheilchen und Sand-
körnchen mit der trockenen Oberfläche des Bodens der Wüste
elektrisch geworden waren, so musste jedes elektrische Körn-
chen die eine Belegung eines Ansammlungsapparates bilden,
dessen andere der Erdkörper selbst war, während die zwischen
beiden befindliche Luft das die Belegungen trennende isolirende
Medium vertrat. Durch die aufsteigende Bewegung der Staub-
körnchen ward nun die isolirende Schicht verstärkt, die Schlag-
weite aller dieser kleinen geladenen Flaschen musste mithin zu-
nehmen und in der Höhe von etwa 500 Fuss über dem Boden
beträchtlich grösser sein als in seiner unmittelbaren Nähe. Der
Elektricität der gewaltigen elektrisirten Staubwolke, welche über
dem Erdboden lagerte, stand eine gleichgrosse Quantität ent-
gegengesetzter Elektricität der Erdoberfläche gegenüber. Die
leitende Pyramide musste nun einen sehr bedeutenden verdich-
teten Einfluss auf diese Elektricität der Erdoberfläche ausüben,
da sie als colossale Spitze zu betrachten ist. Es kann daher
gar nicht überraschen, dass der elektrische Unterschied zwischen
den auf dem Gipfel der Pyramide befindlichen höchsten und
feinsten Spitzen, wie dem aufgehobenen Finger oder Flaschen-
kopf, und den Staubkörnchen so gross war, dass zahllose kleine
Funken zwischen ihnen übersprangen, während in der Ebene
gar keine Elektricität wahrzunehmen war. Die beobachteten Er-
scheinungen finden durch diese Annahme ihre vollständige Er-
klärung.



achteten Erscheinungen auf die Art der atmosphärischen Elektrici-
tät zu schliessen, doch erlangten wir dabei kein sicheres Resultat.

Bemerkenswerth ist, dass wir die beschriebenen Erschei-
nungen nur auf der Spitze der Pyramide wahrnahmen. Schon
einige Stufen tiefer waren sie nur noch sehr schwach und in der
Ebene konnten wir gar keine elektrischen Erscheinungen mehr
entdecken. Dabei blies der Wind in ungeschwächter Stärke,
und es unterliegt keinem Zweifel, dass sie oben noch eben so
fortdauerten wie früher.

Da die elektrischen Erscheinungen erst dann bemerkbar
wurden, als der Wüstenstaub die Spitze der Pyramide erreichte,
so muss er als der eigentliche Träger und wahrscheinlich auch
als die Ursache der Elektricität betrachtet werden. Nimmt man
an, dass die vom Winde gepeitschten Staubtheilchen und Sand-
körnchen mit der trockenen Oberfläche des Bodens der Wüste
elektrisch geworden waren, so musste jedes elektrische Körn-
chen die eine Belegung eines Ansammlungsapparates bilden,
dessen andere der Erdkörper selbst war, während die zwischen
beiden befindliche Luft das die Belegungen trennende isolirende
Medium vertrat. Durch die aufsteigende Bewegung der Staub-
körnchen ward nun die isolirende Schicht verstärkt, die Schlag-
weite aller dieser kleinen geladenen Flaschen musste mithin zu-
nehmen und in der Höhe von etwa 500 Fuss über dem Boden
beträchtlich grösser sein als in seiner unmittelbaren Nähe. Der
Elektricität der gewaltigen elektrisirten Staubwolke, welche über
dem Erdboden lagerte, stand eine gleichgrosse Quantität ent-
gegengesetzter Elektricität der Erdoberfläche gegenüber. Die
leitende Pyramide musste nun einen sehr bedeutenden verdich-
teten Einfluss auf diese Elektricität der Erdoberfläche ausüben,
da sie als colossale Spitze zu betrachten ist. Es kann daher
gar nicht überraschen, dass der elektrische Unterschied zwischen
den auf dem Gipfel der Pyramide befindlichen höchsten und
feinsten Spitzen, wie dem aufgehobenen Finger oder Flaschen-
kopf, und den Staubkörnchen so gross war, dass zahllose kleine
Funken zwischen ihnen übersprangen, während in der Ebene
gar keine Elektricität wahrzunehmen war. Die beobachteten Er-
scheinungen finden durch diese Annahme ihre vollständige Er-
klärung.



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[228/0246] achteten Erscheinungen auf die Art der atmosphärischen Elektrici- tät zu schliessen, doch erlangten wir dabei kein sicheres Resultat. Bemerkenswerth ist, dass wir die beschriebenen Erschei- nungen nur auf der Spitze der Pyramide wahrnahmen. Schon einige Stufen tiefer waren sie nur noch sehr schwach und in der Ebene konnten wir gar keine elektrischen Erscheinungen mehr entdecken. Dabei blies der Wind in ungeschwächter Stärke, und es unterliegt keinem Zweifel, dass sie oben noch eben so fortdauerten wie früher. Da die elektrischen Erscheinungen erst dann bemerkbar wurden, als der Wüstenstaub die Spitze der Pyramide erreichte, so muss er als der eigentliche Träger und wahrscheinlich auch als die Ursache der Elektricität betrachtet werden. Nimmt man an, dass die vom Winde gepeitschten Staubtheilchen und Sand- körnchen mit der trockenen Oberfläche des Bodens der Wüste elektrisch geworden waren, so musste jedes elektrische Körn- chen die eine Belegung eines Ansammlungsapparates bilden, dessen andere der Erdkörper selbst war, während die zwischen beiden befindliche Luft das die Belegungen trennende isolirende Medium vertrat. Durch die aufsteigende Bewegung der Staub- körnchen ward nun die isolirende Schicht verstärkt, die Schlag- weite aller dieser kleinen geladenen Flaschen musste mithin zu- nehmen und in der Höhe von etwa 500 Fuss über dem Boden beträchtlich grösser sein als in seiner unmittelbaren Nähe. Der Elektricität der gewaltigen elektrisirten Staubwolke, welche über dem Erdboden lagerte, stand eine gleichgrosse Quantität ent- gegengesetzter Elektricität der Erdoberfläche gegenüber. Die leitende Pyramide musste nun einen sehr bedeutenden verdich- teten Einfluss auf diese Elektricität der Erdoberfläche ausüben, da sie als colossale Spitze zu betrachten ist. Es kann daher gar nicht überraschen, dass der elektrische Unterschied zwischen den auf dem Gipfel der Pyramide befindlichen höchsten und feinsten Spitzen, wie dem aufgehobenen Finger oder Flaschen- kopf, und den Staubkörnchen so gross war, dass zahllose kleine Funken zwischen ihnen übersprangen, während in der Ebene gar keine Elektricität wahrzunehmen war. Die beobachteten Er- scheinungen finden durch diese Annahme ihre vollständige Er- klärung.

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/246>, abgerufen am 04.05.2024.